Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Okay, danke … ich mag im grossen ganzen die Stimmung irgendwie, aber ich versteh’s echt nicht. Wohlwollende drei Sterne oder sowas. Oder zweieinhalb, wenn „Cumbia“ drei kriegt.

Ich ziehe das gerade durch und höre noch die letzten Sessions vom Januar 1978, bei denen Mingus im Rollstuhl dabei war – und ja, das mit „schlecht arrangiert“ könnte schon passen. Hat ja auch meist nicht Mingus gemacht sondern jemand in seinem Auftrag bzw. mit Anweisungen/Anleitungen … die Bands sind riesig (aber konventionell, also grosse t/tb/sax Sections und überbevölkerte Rhythmusgruppen mit g/b/d/perc in Mehrfachbesetzung), das lange „Three Worlds of Drums“ finde ich aber ziemlich gut, und diese späte Version von „Wednesday Night Prayer Meeting“ sogar richitg gut, aber in der Solo-Reihenfolge offenbart sich ein Teil des Problems dieser Sessions: auf Jack Walrath folgt Randy Brecker, auf Michael Brecker Ricky Ford – das ist schon eine seltsame Idee, die im ähnlich langen „Something Like a Bird“ auf die Spitze getrieben wird: Teil 1 hat Soli der Tenorsaxer (Brecker, Ford und George Coleman, der ja bei „Shades“ auch schon dabei ist), dann der Trompeter (Walrath, Brecker), dann der Barisaxer (Cuber, Adams), dann der Basser (Gomez, Mraz), dann der Taster (Bob Neloms und Kenny Werner – letzterer als „Ken“ am E-Piano), immer Soli und dann Exchanges (16/8/4 Takte) … in Teil 2 (auf der B-Seite der LP, für die CD hat man’s zusammenmontiert, ich hab übrigens eine echt „Made in Japan“, nicht die Faux-Japan, wie es sie von der Warner-Serie damals auch gab, was ja auch seltsam war) kommt dann dasselbe Spiel mit den Posaunen (Knepper, Slide Hampton) und den Altsaxern (McPherson, Lee Konitz, wieder Coleman und Akira Ohmori). Pardon, aber was für eine Arrangeuren-Unidee ist das denn? „Wir brauchen noch eine halbe Stunde, macht mal“ … aber Nat Hentoff ist nett in den Liner Notes, die sich drauf beziehen, dass Arrangeur/Übersetzer Jack Walrath Mingus von Supersax‘ Konzept erzählt hätte: „Unlike Supersax, Mingus, after all, got into essences–rather than mechanical superficialities.“ – Generell sicher, aber auch hier?

Das letzet Stück heisst dann passend „Farewell, Farewell“, und hier gibt es einen sinnigeren Solo-Reigen: Knepper im Thema, dann Ford, Coryell, Konitz und Gomez.

Mingus ging danach noch ein letztes Mal in ein Plattenstudio, denn er war ja involviert in das Projet, aus dem Joni Mitchells Album „Mingus“ wurde. Aber das hier ist das letzte Mal, dass Musik nach seinen Vorstellungen aufgenommen wurde. Und mit den ganzen 70er-Aufnahmen und deren Ablauf im Hinterkopf, ist das Fazit auch gar nicht so schlecht. Also kein Absacker am Ende, sondern einfach nochmal ein paar Stufen nach unten, was ja seit „Changes“ eh die Richtung war.

PS: eine Gitarre taucht kurz auf dem Album von 1971 aus Japan auf – und wirkt dort, in den viel braveren Arrangements eigentlich ganz schön. Da hätte man schon was machen können … aber mit anderen Leuten und in anderem Rahmen. Ulmer bei Mingus fände ich z.B. eine ziemlich spannende Vorstellung (obwohl ich das bisher von Phalanx gehörte auf seltsame Art auch als ziemlich geschlossen empfinde, also eher Ornette als Mingus … hmmm).

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