Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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soulpope
"Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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vorgartenbei   bleibt für mich ein highlight. das ist shepp im post-trane-spiritual-modus, mit einer superheißen jungen band (nachdem john betsch durch den gerade mal 20jährigen marvin ’smitty‘ smith ersetzt wurde, wie werner fresh out of berklee). die drehen ab dem ersten ton durch, werner in beidhändiger tyner-hommage, debriano und smith lassen keine einzige lücke mehr, das ist alles sehr fein und sehr muskulös. shepp dagegen: irgendwas ist da nochmal passiert mit dem ansatz zwischen 1980 und 81, jeder ton kommt durch luftwiderstände hindurch, es gibt keine fließenden, unverschmierten linien mehr, alles ist rau, gekrächzt, geschrieben, in leisen passagen gehaucht. er hat hier einen auratischen extra-hall-raum und lädt die sportübungen der jugend mit existenzieller bedeutung auf – das „mama rose“ gedicht ist jetzt im vollen ausdrucksspektrum (minus rap vielleicht, das kommt später), er singt, deklamiert, brüllt, scattet, während die rythm secition sich die ganze zeit zurückhalten muss (und man merkt, wie sie wieder lossprinten wollen). im tollen „geechee“, einem modalen swinger auf einer 7-tönigen abwärtsfigur, der so auch sanders hätte einfallen können, spielt shepp sie einfach müde, gibt werner auf 18,5 minuten gerade mal 2 davon ab. toll aber auch die kurze rubato-ballade vom pianisten, das titelstück, das zwischendruch mal kurz fahrt aufnimmt – das hätte auch den kollegen in münchen/ludwigsburg/oslo gefallen. umwerfendes album, sehr inspiriert, totales gegenstück zum van’t-hof-duo, alles heißes originalmaterial (auf der cd ist noch „my romance“ drauf), die asche wird später bewahrt, hier wird was weitergetragen.

Ich bleibe bei diesem Album (historisch) gespalten …. während ich Deine Beschreibung in weiten Teilen gut nachvollziehen kann, so habe ich folgende „aber“ …. „Mama Rose“ ist sicherlich hier das Herzstück und dieses sehe ich im Duoformat (entweder mit van`t Hof oder Parlan) besser aufgehoben, Shepp entwickelt bei der jeweiligen Darbringung solche Energie welches den Drive einer Rhythmusgruppe de facto überflüssig macht …. und bezüglich der Rhythmusgruppe mein 2tes „aber“, denn deren Energie wird seitens Shepp einfach zu wenig Raum gegeben, dadurch wirkt diese gehemmt und wird so schon etwas unter ihrem Wert geschlagen, was dann auf den Gesamteindruck drückt …. womöglich Erbsenzählerei, aber bei den vielen tollen Shepp Scheiben dieser Zeit sei ein genauerer Blick gestattet ….

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  "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)