Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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krautathaus

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pfingstluemmelMad Max: Fury Road war ganz schön laut. Und dumm. Nach einer knappen halben Stunde hatte man sich sattgesehen, musste aber weiterhin den Lärm und diese dämlichen Autofahrten von A nach B (und zurück!) über sich ergehen lassen, mal ganz abgesehen davon, dass Fury Road sich wie die meisten Mad Max-Filme schamlos bei A Boy and His Dog bedient (man denke z.B. mal an den an der Front des Trucks festgezurrten Gitarrenspieler). Und da haben wir noch gar nicht über diese ganzen abgeschmackten filmischen Klischees gesprochen. Mein Favorit: Wie eine der Figuren im Sand auf die Knie sinkt und NOOOOOOOOOOOOO! schreit.

Soweit ich mich errinner, hörst du sie nicht schreien…aber du drückst wahrscheinlich mit einem Regentanz deinen Ausdruck der Verzweiflung mitten in der Wüste aus, wenn du erkennst, daß deine einzige Hoffnung auf Überleben flöten ging? Natürlich bemängelst du die Handlung, wie gefettet…und wenn für dich die Autofahrten dämlich sind und über dich ergehen lassen mußtest, wäre ein Abbruch der wahrscheinlich sinnigere Weg gewesen, weil dich diese fabelhafte Produktion des Actionkino auch nicht ansatzweise interessiert. Den Film (im Gegensatz zur Kurzgeschichte vieelleicht) A Boy And A Dog kennt wahrscheinlich eh kein Schwein, und was heißt abgekupfert…das Actionkino lebt schon auch von einem in die Neuzeit transferiertem Recyceln. Fury Road macht alles genau richtig, und ich erlebe wieder dieselbe Begeisterung als ich mit 16 Jahren 1980 in einem großen Kino mit offenen Mund den Truckchase von Raiders Of The Lost Ark gesehen habe (die Melodie kann wahrscheinlich fast jeder vor sich hersummen) …einfach so nah und eindrucksvoll inszeniert, daß man nicht mehr wegsehen kann. Und genau deshalb ist der Film alles andere als dumm: er ist so gut in all seinen Einstellungen und Schnitten durchdacht, daß selbst bei den langen Verfolgungsjagden der Zuschauer nie den Überblick verliert.* Der Verzicht auf CGI und die Materialschlacht unterstützen das, es besteht zu keiner Sekunde die Gefahr von einem Glitsch abgelenkt zu werden. Dazu kommt der genau richtig gesetzte Erzählrhythmus, die wichtigen Pausen, aber auch die kleinen Momente mitten in der Action um Luft zu holen, wenn die Kamera das Geschehen aus der Vogelperspektive zeigt, sich dem Geschehen nähert, der Lärm wieder anschwillt und man mitten in die Bewegung am Boden gezogen wird. Auch nicht dumm ist es, im Handlungsverlauf die Farbgebung zu ändern (auf die Dauer ist natürlich stängig orange unten und blau oben auch etwas ermüdend), so führt uns Miller durch den Sandsturm und in den Badlands durch die Nacht, was uns die stimmungsvollen Nachtszenen bringt, mit den Stelzenfiguren.

Warum ich mir den Film oft ansehen kann, liegt aber nicht nur an der perfekt getimten und geschnittenen Action, sondern an den unzähligen wunderbaren Ausstattungsdetails, die für sich schon einen eigenen Preis wert wären. Um das zu schätzen, sollte man aber auch einen Sinn für diesen Typ von Film haben, sonst geht das natürlich verloren.

Und die stellenweise absurde Komik, wenn Max nach ständigem Staubschlucken in seiner Maske die duschenden Mädels sieht, wie aus einer Werbereklame projeziert, dann hat das mir schon ein breites Lächeln ins Gesicht gezaubert.

*da kann ich dir auch YouTube einige Beispiele geben, bei denen die meisten Regisseure die schnell folgenden Szenen einfach nicht gut genug aneinander angepaßt hätten.

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