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vorgarten
1978, kurz nach seinem besuch in frankfurt, stellt shepp nochmal seine trance-band für einen auftritt in warschau zusammen: kessler, jarvis, am bass diesmal wilbur little. sie spielen „mama rose“ in einer definitiven version – und wie ich jetzt kapiere: es ist die erste aufgenommene version. das gedicht, in dem das lyrische ich seiner großmutter vom tod malcolm x‘ erzählt, woraus sich ein assoziativer strom von kontrastierenden, rätselhaften bildern ergibt („your vagina | asymmetrically split between the east and the west“), tauchte als „poem for malcolm“ als rezitation über freien tonwolken erstmals 1969 auf dem gleichnamigen album auf, später wird es an cal masseys „things have got to change“ drangeklebt – jetzt erscheint es in der form, in der es bis heute zum trademark-song, zu shepps „love supreme“ geworden ist, und nur diese band konnte das erfinden: 3/4, polyrythmischer groove, die modale struktur von massey, hymnische soli von shepp und vom pianist*en, dann die rezitation über dem bass-ostinato, fast als rap, dann ein zweites solo (und wie hier: ein schlagzeug-solo). jeder chorus auf einer neuen intensitätsstufe, eine schwebende band, die irgendwann den aggregatszustand wechselt und aufsteigt. eine verneigung vor der oma, die der kontakt zur kirche und zu den gesangs-battles darstellte, und die später zu shepp gesagt haben soll: spielst du immer noch diese kleinen stücke ohne melodie?, wonach er echte songs geschrieben hat. leider gibt es die aufzeichnung des polnischen fernsehens nicht mehr auf youtube, die wahrscheinlich die quelle für diese so gerade noch anhörbare cd war. im video sah man am ende noch einen völlig entrückten blick von kessler, komplett in schwarzem leder gekleidet, schwer atmend, zu shepp, der da längst seine hippe brille abgesetzt hat.
höre gerade die Steeplechase – Version des Albums … grandios!!! Und immer wieder erstaunlich und faszinierend, wie vielseitig und unterschiedlich seine Musik ist.
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