Antwort auf: Ich höre gerade … R&B!

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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„It takes a lot of money to look this cheap.“
(Dolly Parton)

„I know a place that’s far from here
Where the squares they won’t come near
A smell of honey, a swallow of brine
Let’s whoop it up have a real bad time

How far?
Yeah, yeah how far?
How far, baby?
How far can too far go?

Giddy up baby, ooh la la
Giddy up baby, sha la la la la la“

(The Cramps)

Ich glaube, wir missverstehen uns hier ein wenig.

Nein, viel nackte Haut im R&B ist nicht nur frauenspezifisch. Du erwähntest ja u.a. Prince. Und es ist auch nicht R&B-spezifisch, siehe Madonna, Kylie Minogue, Britney Spears, Miley Cyrus usw. usf.

Ich persönlich nehme überhaupt keinen Anstoß an diesen knappen und sexualisierten Outfits und Videos mit dem Po-Gewackel und den fast heraus purzelnden Brüsten. Ich sagte ja, ich kann und will nicht entscheiden, ob ich das toll oder doof finden soll und ich lasse das auch in dieser Widersprüchlichkeit stehen. Sowas knallbuntes und völlig überdrehtes sieht man jedenfalls selten! Mich amüsiert das.

Mit „Verkaufen“ meine ich nicht das rein kommerzielle Geschäft in Form von Bares gegen Ware. Darstellende Künstler müssen sich und ihre Show an ihr Publikum „verkaufen“. Sie müssen sich so darstellen, dass sie ankommen, Erfolg haben und im günstigsten Fall fällt diese Darstellung damit zusammen, wie sie sich auch selber sehen möchten. Chloe x Halle und die anderen Beispiele hier haben die Art ihrer Darstellung gewählt, die sie selbst für richtig halten und „verkaufen“ sich damit. Genau: Prince verstand auch sehr gut, sich selbst zu „verkaufen“. Aber es gilt auch: „Sex sells!“ wobei hier oft Botschaft und Medium zusammenfallen.

Ich habe Porno-Style gesagt, nicht Pornografie. Porno-Style, das ist für mich der Style mancher Girlies, grelle knallenge Klamotten, die mehr ent- als verhüllen, gefährlich lange Nägel und Wimpern, schrilles Make-Up. Eine super-artifizielle Überbetonung der sexuellen Schlüsselreize. Früher hätte man dazu vielleicht „nuttig“ gesagt, aber das klingt zu abwertend. Porno-Style hingegen ist „fancy“! Und klar: So ein Style erfordert einen sehr hohen Aufwand. Das ist ein lustvolles Spiel mit dem Vulgären! Im Amaarae-Video wird das ab ca. 0:55 mit dieser Sekretärinnenszene doch sehr schön persifliert.

Es scheint im Pop eine ewige Spirale zu geben, mit immer mehr sexualisierten Images Aufmerksamkeit zu erregen und sich zu „verkaufen“. Wie viel weiter kann man damit gehen? Das fängt nicht mit Donna Summer an und hört auch nicht mit Doja Cat auf. Und sowohl bei Amaarae als auch bei Doja Cat schwingt auch heftige Selbstironie mit. Das ist Persiflage und Hommage an diese inflationäre Sexualisierung im Pop zugleich. Fetisch-Dress mit Sportwagen im Containerterminal! Sowas grotesk-durchgeknalltes muss einem erstmal einfallen und muss man sich trauen!

Ich kannte bisher weder Amaarae noch Doja Cat. Aber ich gehöre wohl auch nicht zu deren Kernzielgruppe. Das ist eher die Generation TikTok. Deswegen fiel mir deren Style so auf. Verglichen damit wirken Chloe x Halle sogar etwas brav.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)