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Wollte ich heute Morgen als erstes einlegen, aber der andere CD-Player mochte wohl diese SACD nicht … neulich gab’s im Fernsehen (ich glaub im Schweizer) eine Doku über Ammann und Haefeliger und das Klavierkonzert, inkl. Aufnahmen aus den Proben in Helsinki. Ich hatte vor ein paar Jahren* Ammanns Violinkonzert „unbalanced instability“ im Konzert gehört, inkl. Einführungsgespräch mit Ammann selbst, der auch Ausschnitte aus dem Werk kommentierte und ein Blatt mit Noten verteilte (das Konzert wurde im Frühling während des Lockdown ins Netz gestellt und ist da immer noch – hier via meine Meldung und Bemerkungen zum Konzert). Sehr beeindruckend fand ich das, Konzert wie Film und auch die „Begegnung“. Die neue SACD, auf der Haefliger das Konzert mit dem Konzert für die linke Hand von Ravel und dem dritten von Bartók koppelt, war also ein Pflichtkauf und liegt seit ein paar Tagen auf dem Stapel mit den Klassik-Neuheiten. Und ja, verdammt, ich bin beeindruckt – das ist wohl alles relativ konventionell, tonal zumal, es klingen andere Klangwelten drin an, ohne dass Haefliger sich auf etwas oder jemanden zu beziehen scheint, seine Vertrautheit mit dem Jazz schimmert ebenfalls manchmal durch (er spielt auch Trompete und E-Bass, im Film ging es auch mal in den Probekeller mit der Funk-Band, in er und sein Bruder mit anderen langjährigen Freunden immer noch spielen). Gearbeitet hat er am Stück von Ende 2016 bis irgendwann letztes Jahr – sein Kompositionsprozess ist langsam und intuitiv, er wartet auf Eingebung, streicht dann auch mal wieder alles zusammen und fängt neu an (z.B. weil, wie er vor dem Konzert in Winterthur erzählte, er merkt, dass er die Solostimme seit 100 Takten „vergass“). Das hat dann auf eine gewisse Weise etwas Grüblerisches, das aber durch die zupackende Performance wieder weggeblasen wird – auch das sehr faszinierend zu sehen im Film: wie Ammann in enger Zusammenarbeit mit Haefliger z.B. Tempi und Phrasierungen überdenkt, wie sie gemeinsam Lösungen suchen und finden, wie Ammann dann auch bei den Orchesterproben in Finnland zugegen ist, um zu beobachten, ob das denn nun alles funktioniert – und dann in der Garderobe mit Ammann wieder weitertüftelt, dem Stück den letzten Schliff gibt.
PS: den Film gibt es hier, habe aber keine Ahnung, ob er auch von ausserhalb der Schweiz angeschaut werden kann:
https://www.srf.ch/play/tv/sternstunde-musik/video/dieter-ammann—gran-toccata?urn=urn:srf:video:9e8c8eec-ff44-484d-94e2-99a940c2fea5
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