Antwort auf: Ich höre gerade … R&B!

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friedrich

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Jamila Woods – Heavn (2016)

Da sitze ich – mittelalt, weiß, männlich – gemütlich in meiner bürgerlichen Altbauwohnung einer deutschen Großstadt und delektiere mich am Debutalbum von Jamila Woods – jung, schwarz, weiblich und aus der Southside Chicago.

R&B, Hip Hop, dieser und jener Gastauftritt eines Rappers, hier und dort eingestreuter O-Ton von Schulkindern („We have nothing to loose but our chains!“) oder einer Frau, die von gemeinsamen Kindheitserinnerungen in der black community erzählt. Titel wie VRY BLK, Blk Girl Soldier zeigen an, worum es hier geht. Schwarzes Selbstbewußtsein, Frau-Sein, stolzes Außenseitertum, Souveränität. Sparsam instrumentiert, JW’s etwas nasale und mädchenhafte Stimme + beats, bass, mal Gitarre, mal E-Piano, mal auch Bläser. Und mein gar nicht mal so geheimes Lieblingsstück ist Stellar, mit nur einer halbakustischen (?) Gitarre, die für mich so klingt, als sitze ich mitten in der Gitarre drin.

Von Jamila Woods tollem zweitem Album Legacy! Legacy! von 2019 hatte ich bereits erzählt. Mit Heavn gehe ich chronologisch einen Schritt zurück. Da ist vieles schon angelegt, was auf Legacy! zu voller Blüte gelangt. Die Themen sind auf Heavn schon da, musikalisch wie textlich, vielleicht noch nicht immer ganz so knackig auf den Punkt gebracht wie auf dem Konzeptalbum Legacy! Aber auch in umgekehrt chronologischer Reihenfolge ist das spannend zu hören!

Üppiger instrumentiert als Stellar und auch toll:

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)