Antwort auf: ctte gibt Senf dazu – VÖ-Betrachtungen mit leichtem Prog-Überhang

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No. 2 vom 21.10.20

Titel-Thema wäre diesmal Fish, weil „Weltschmerz“ sicher die bedeutungsvollste Genre-VÖ der letzten Wochen ist. Da ich hier aber über zu kurz kommende schreiben möchte, und Fish ja einen Album-Thread hat, verweise ich nur darauf.

Mir macht grad Sophia viel Spass. „Holding On/Letting Go“ ist erfrischend, leicht zugänglich und sehr transparent. Mr. Sheppard hat seine Vocals diesmal noch weiter in den Hintergrund gemischt und fast durchgänig etwas verfremdet. Die 10 Songs wirken einfach strukturiert, kommen oft ohne Refrain aus, sind aber mit viel Liebe zum Detail angerichtet. Das Album wirkt sehr rund und möchte nach dem ersten Durchgang gleich von vorn beginnen. Wer unbedingt einen Anspieltipp haben möchte, dem sei „Alive“ empfohlen, welches mit einem wunderschönen Sax beginnt, das zwar zunächst kein Solo spielen darf, dafür aber eine Keyboardspur ersetzt. Stilistisch möchte ich mich nicht äußern, Das geht ebenso als Edelpop durch wie als Alternative.

Mit Gazpacho war ich noch nicht so weit im September. Ich habe „Fireworker“ recht oft gehört, dabei ist der Lack aber schnell etwas abgeblättert. Vor allem der zwanzigminütige Opener „Space Cowboy“ begann mir beim vierten, fünften Durchgang auf die Nerven zu gehen. Wohl, weil das Stück für die vorhandene Substanz einfach zu lang ist. Dafür wirken die beiden Folgesongs in Normallänge etwas fragmentarisch, irgenwie unfertig. Die letzen 20 Minuten werden die Platte aber überdauern. „Antique“ und die traumhafte Schlussnummer „Sapien“ reihen sich in die gesammelten Meisterwerke der Norweger ein.

Noch gar nicht klar bin ich mir bei „Phanerozoic II: Mesozoic/Cenozoic“ von The Ocean. Der musikalische Geologenkongress hatte vor 2 Jahren beim Part 1 schon mit üngewöhnlich melodischen und gedämpft metallischen Passagen überrascht. Vor allem der brilliante Gastbeitrag von Jonas Renske blieb im Gedächnis. Diesmal hatten sie elektronische Einflüsse angekündigt. Und die sind wirklich gut dosiert. Nur ändert das nichts an den nach wie vor verstörenden Lärmorgien, mit denen man nicht immer, aber zuverlässig rechnen muss. Aber, dass wird jetzt immer deutlicher, die Berliner entwickeln ihre Musik. Früher musste man die Lyrics mitlesen, um dem Erdkundeunterricht zu folgen. Inzwischen kann man auch hören, was einem dann doch zu komplex ist.

Kleiner Hinweis zwischendurch. RPWL spielen im November, wenn es dabei bleiben kann, 3 Abende in Folge vor der Open Air-Location Motel California der Bluesgarage Isernhagen. Kern der 3 unterschiedlichen Sets ist jeweils ein Durchlauf ihres Debuts „God has failed“. Pro Abend gibt es nur 200 Tickets zu sehr günstigen Preisen.

Jetzt nochmal zu meinem möglichen Album des Jahres. Dengel hat die schwierige Aufgabe ja gelöst. Ich habe bei „Fish on Friday“ inzwischen nachgearbeitet, und leider keine weitere Platte gefunden, die mich nennenswert bewegt. Bei „Black Rain“ kommt einfach eine Menge zusammen, um diese günstige Mischung zu erzeugen. Tolle Songs, augeschlafene und uneitle Musiker, großartige Produktion, ein prima Flow von A bis Z und eine farbenfrohe Stimmung. Ich bin es ja gewohnt, dass mein Jahresalbum oft mit 15 Punkten auf Platz 342 endet, aber mein zeitiger Hinweis zeugt dafür, dass ich mich einsetze.

Ein Youtube-Tipp gibt es auch wieder. Heinz Rudolf Kunze hat im Frühjahr ein Podcast auflegt. „Durch die Brille gefragt“ hat bisher 11 Folgen. Neben Flake und Jerry Scheff (der in Bands von beiden Elvis, Dylan und mit den Doors gespielt hat) ist Jim Rakete mein Lieblingsgespräch, weil es da vor allem um das musikalische Berlin der Endsiebziger und Achtziger geht. Nina Hagen, Splitt, Interzone, Maurenbrecher.

So, und jetzt ist Ende. Ich gebe zurück ins Forum und danke für die Aufmerksamkeit.

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