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friedrichMan hätte es mit anderen Stücken von anderen Sessions zu einem weiteren Mischmasch-Album wie Big Fun oder Get Up … zusammenstellen können. Aber will man das? (…) kam Miles‘ Diskografie tatsächlich etwas ins Schlingern (…) irgendwie aus Studio- und Live-Tracks zusammengebastelt (…) mehr und mehr unfokussiert (…) etwas wirr (…) wirklich prägnante Studio-Alben? (…) zusammengeklebt (…) zerfasert (…)
bei dieser reihung von abwertenden formulierungen frage ich mich ein bisschen, was deine prämissen sind. ich denke nicht, dass die frühen 70er eine zeit für konzise, kohärente jazzentwürfe waren. die zunehmende kommerzielle bedeutungslastigkeit und die elektrifizierung öffneten, so kann man vielleicht sagen, ein kurzes fenster für experimente, bis so ab 1974/75 (oder auch schon 1973, als HEADHUNTERS rauskam) generische formeln daraus entwickelt wurden, feste rock- und funkmetren, kühles muckertum, smooth jazz, ziemlich gewaltsam integrierte „weltmusik“. miles hat ab 1968 mit elektrischen instrumenten, effekten, langen jams, neuen klangfarben und avancierter studiotechnik experimentiert, war plötzlich „director“ und nicht mehr bandleader. das führte zu zwei kommerziell sehr erfolgreichen alben, danach schwand das interesse wieder etwas. aber es ist ja nicht so, dass da ein haufen ratloser menschen während der sessions und in den studios herumsaßen und nicht wussten, was sie tun. das experimentieren und basteln hat halt zu sowas wie „in a silent way“ geführt, deshalb haben miles und teo damit weitergemacht. die schnitte sind sehr genau gesetzt, an den grooves und klangfarben wurde intensiv gearbeitet, es entstanden ausgesprochen produzierte alben, keine verlegenheitslösungen. auch BIG FUN hat eine deutliche handschrift, auch wenn das material aus verschiedenen sessions kam. und hat man alles mit verzögerung durchaus so auch erkannt. muss einem vom ergebnis her nicht gefallen, ist aber musikgeschichtlich ziemlich einzigartig und aufregend.
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