Antwort auf: BAP

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j-w
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maximum rhythm & blues

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Keiner, der hier das neue Album thematisiert? Viel besser als „Lebenslänglich“ – ohne Frage. In der Version mit der Bonus-Live-LP/CD nochmal deutlich mit Mehrwert versehen. Leider ist der LP kein Download-code beigelegt, das war die letzten 10 Jahre immer so und leider lässt es auch hier nach. So „muss“ man als Vinylkäufer halt zuhause am Plattenspieler hören, was bei mir die mögliche Hörzeit deutlich limitiert. Aber egal, zu der Platte:
Sie ist deutlich lebendiger als „Lebenslänglich“ und auch „bunter“ sprich es gibt eine größere Variation im Sound – da erinnert sie streckenweise an „Aff un zu“, die da auch sehr bunt war. Und es gibt deutlich mehr rockige Songs als auf dem Vorgänger, auch das ist etwas, das der Platte zugute kommt. Und auch an Songs gibt es viele Höhepunkte – von daher könnte es die Platte sein, die die Phase 4 der Band (wenn man sich auf die Rollen der Gitarristen/Hauptsongwriter bezieht) erstmal maßgeblich prägt.

Live kam die Besetzung ja gut aus den Löchern. Ulle hat auf der „Zieht den Stecker“-Tour bereits überzeugt und ist auf den beiden elektrischen Touren danach auch ein sehr starker Leadgitarrist geblieben, wenngleich ich Helmut trotzdem noch irgendwie vermisse. Mir hat die Helmut-Phase sehr gut gefallen und sie hat mich letztendlich mit der Band, die mir um das Jahr 1990 herum egal wurde, wieder versöhnt.

Jetzt haben wir in der Zeit nach „Halv su wild“ immer Cover, wo ein bärtiger Wolfgang abgebildet ist. Will wohl die Plattenfirma – es ist ja auch so, dass der Deal nur über ihn läuft und nicht über eine Band – deshalb auch „NIEDECKENS BAP“. Wäre ansich kein Problem, wären nur die beiden Solo-USA-Platten nicht so unglaublich öde und auch Lebenslänglich so ein lebloses Album über weite Strecken (Ausnahmen gibt es natürlich!).

Die große Befürchtung, die der erste Vorabtrack „Huh die Jläser…“ erspüren lässt – nämlich dass hier ein Album entsteht, dass primär um die Bläser herum geschrieben wird, bestätigt sich nicht. Die Bläser sind wunderbar und auch angemessen dezent integriert. Was mir im Sound auffällt (das war auf Lebenslänglich auch schon so, aber da fiel es nicht so auf, weil die Platte diesen „Maat höösch“-Anspruch umsetze), ist dass die Drums auf vielen (nicht allen!) Songs viel zu leise im Mix sind und so die Power, die wir von Sönke Reich von den Konzerten kennen, überhaupt nicht rüberkommt, obwohl der Song das eigentlich hergibt.

Dann fällt mir auf, dass Michael Nass als Komponist nur bei einem (sehr schönen) Lied, das am Ende des Albums steht („Wenn ahm Ende des Tages“) auftaucht. Und das ist ein Schwachpunkt, denn der Mann hat tolle Kompositionen in den letzten 20 Jahren geliefert! Ulrich Rode hat auch tolle Songs für die Platte geschrieben, ohne Frage, teilweise auch zusammen mit Anne de Wolff. Aber es gibt so manche Momente in denen Songs irgendwie für mein Empfinden unnötige Wege nehmen, die ich als verkopft bezeichnen würde – da klingt es so als wolle man was besonders Schlaues machen wollen und hat damit vom Ansatz her schon verloren.

Aber trotz der Kritik ist das eine sehr schöne, und auch spannende Platte, wo zwar nicht alles passt, aber einiges versucht wurde und das ist mir 1.000-mal lieber als so eine Platte wie „Lebenslänglich“, die über weite Strecken einfach genauso egal bleibt, wie die beiden USA-Platten (von denen uns auch noch Vol. 3 droht!). Was die Texte betrifft, gibt es natürlich erwartungsgemäß wieder die WN-Allgemeinplätze („Wie BAP BAP wurde“, „Liebeslied an die Frau“, „Huldigung der Tochter“ -> Tolles Lied aber!, „Angst vor den Rechten“), aber dafür mal kein Lied das Köln huldigt (DANKE!). Und dann sind da noch viele Songs, die Facetten aufgreifen, die nicht so massiv in der Vergangenheit aufgearbeitet wurden und die sehr gelungen sind.

Insgesamt eine sehr schöne Platte mit toller Bonus-Option (die Live-Platte, die wirklich toll ist!) – kein Meisterwerk, aber eine Platte, die den Fan überaus zufrieden stellt.

Knapp ****( für Fans) und gut *** (für den Rest)

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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue