Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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ich bin gestern abgetaucht … der Kopf dröhnt noch etwas, aber es muss weiter gehen … in Sachen „Sweet and Lovely“, der Song war ja ein richtiger Pop-Song damals, 1931 kam er heraus und war auch gleich schon ein Hit – ich fand das:

Gus Arnheim’s orchestra was the most popular dance band on the West Coast in the late 1920s and early ‘30s, and they were the house band at the posh Cocoanut Grove nightclub in Los Angeles. With vocal honors by vocalist Donald Novis, Arnheim’s version of “Sweet and Lovely” scored a prime spot in the charts for 14 weeks in 1931. Other versions of the song also charted:

Gus Arnheim and His Cocoanut Grove Orchestra (1931, Donald Novis, vocal, #1)
Guy Lombardo and His Royal Canadians (1931, #2)
Bing Crosby (1931, vocal, #9)
Ben Bernie and His Orchestra (1931, #12)
Russ Columbo (1931, vocal, #19)
Bing Crosby (1944, #27)

von hier:
http://www.jazzstandards.com/compositions-1/sweetandlovely.htm

denke, den Song haben damals alle gekannt … aber klar, die Frage nach der ersten „Jazz“-Adaption ist oft spannend, es gibt ja auch Leute (Coltrane in den Prestige-Jahren z.B., oder Rollins) die haufenweise obskure/vergessene Songs in den Jazz rübergeholt haben, aber wenn ein Pop-Song 1931 ein riesiger Hit war und Crosby ihn 1944 nochmal bis in die Charts hob, denke ich schon, dass das in dem Fall kein oskurer Song war – aber natürlich einer, dessen Jazztauglichkeit noch zu beweisen war.

bei Wardell Gray ist es ja ein Jammer, dass der Mann starb, der hinter den sieben Volumen bei Masters of Jazz stand – anscheinend waren da wenigstens nochmal so viele geplant (ich hab die Zahl 15 im Kopf, steht wohl irgendwo in einem der Booklets), das Label ging dann ja aber eh ein – hab neulich wieder zwei fehlende CDs gekauft (einen Teil braucht man nicht, wenn man das Elk’s Auditorium-Konzert hat) … so wie es steht, kam die Reihe halt nur bis 1947 oder so, für die späteren Sachen müssen wir uns mit anderem behelfen, soweit es eben geht (und ich vermute auf einige weitere Jam-Sessions, Airchecks usw., die noch erschienen wären, verzichten – die Sessions mit Goodman wären eine Forschungsarbeit für sich …) – aber immerhin hat ja dann James Accardi seine tolle Website gemacht, da kann man nachlesen, was man nie wird hören können ;-)

die Idee, dass ausgerechnet eine Gray Session die erste Hard Bop-Session ist, wäre natürlich enorm reizvoll – aber ich bleib bei den Modernists von Bud Powell, 1949, wenigstens als Vorläufer, so richtig fertig ist das Idiom dann wohl um 1954 herum bei Blakey und Silver einerseits und bei Roach andererseites … weiter interessant: bei Roach waren ja damals zunächst Teddy Edwards und Carl Perkins dabei – Edwards denke ich gebührt der Titel erster Bebop-Tenorsaxer … und dann im Hard Bop der Kollege Gray und erneut Edwards ganz vorne mit dabei, beides Musiker aus der Central Avenue-Szene vom „falschen“ Ende des Landes … aber den Titel geben ich dann definitiv Rollins für die Session mit Powell, und dann ist da ja noch „Dig“ mit Miles Davis (und Rollins sowie Jackie McLean)

um nochmal zu „Sweet and Lovely“ zurückzukommen: das waren ja beides Prestige-Einspielungen – ich denke es ist daher gut möglich, dass man die von Gray auch an der Ostküste kannte, als Monk das Stück einspielte … aber ich würde mich irgenwdie wundern, wen Monk sich jemals offen dazu geäusserst hätte, welche anderen Versionen ihn zum Einverleiben der Standards brachte, die er spielte … weiss nicht, ob bei Kelley dazu was zu finden ist, ist aber eigentlich generell keine Thema, über das man viel lesen könnte.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba