Antwort auf: Klassik-Neuheiten

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@gypsy-tail-wind Danke, das Violinkonzert habe ich jetzt aus der „Century“-Box gehört und das ist besonders im dritten Satz eine skrupellose – ich weiß, ein Wort, das man mit Menuhin eher nicht in Verbindung bringt, aber mir geht es immer wieder mal so mit ihm – Auffächerung der scheinbaren Verselbstständigung von Violine und Orchester. Und ich schätze das sehr. Obwohl das ja bereits im ersten Satz beginnt, der Frau und Freunden viel Kopfzerbrechen zugefügt hat, sodass das Konzert auch nicht in die Gesamtausgabe aufgenommen und erst 1937 veröffentlicht wurde. Menuhin wollte es uraufführen, in Deutschland, aber da waren die Mächtigen vor, so machten es Kulenkampff und Böhm; Menuhin dann 1938 in den USA.

Ich habe dann auch noch Kopatchinskaja mit Holliger gehört – danke Dir noch einmal sehr! – und hier ist es der zweite Satz, der sehr berührt. Da ist dann die melodische Friedlichkeit, die Joachim so vermisst hatte, mit großen freien Händen hingelegt, meinetwegen wie Blumen aus einem Grab. Frappierend insgesamt, wie unterschiedlich Menuhin und Kopatshinskaja das „Abbrechen“ der Violine ausspielen. Menuhin geht noch vorne, zieht, Kopatchinskaja sucht einen Weg des Verhallens. Beides ist Abbruch und also möglich, finde ich.

Der dritte Weg wäre, den Gestus des Abbrechens sich selbst zu überlassen, ein bisschen höre ich das bei Kremer mit Harnoncourt, eine Einspielung, vielmehr Livemitschnitt, die/der mir aber nicht so sehr zusagt. Von Grumiaux hätte ich das gerne mal gehört – und natürlich von Gitlis. Kreisler oder Rabin sehe ich auch nicht mit dem Konzert. Vielleicht ist es bei Kremer besser unter Muti, jedenfalls las ich, dass das eine Interpretation sondergleichen sei.

Das Cellokonzert mit Piatigorsky – das zerfällt mir überraschender Weise sehr. Vielleicht habe ich auch zu sehr Casals in Prades mit Ormandy im Ohr? Das Konzert drängt und drängt und Piatigorsky hört sich dabei so an, als drehe er sich gerade eine Zigarette, im ersten Satz vor allem. Wenn ich es verklauselieren möchte, sage ich, dass er das so spielt wie Brahms Doppelkonzert oft gespielt hat, obwohl gerade das Piatigorsky anders hinbekommen hat. Manchmal sind sie aber auch verrückt. Und Schumann hingegen ist so ein ambivalenter Mensch, in einer Sprache, aus der heraus er gar nicht mehr sprechen kann, ohne auf Ablehnung zu stoßen. Es ist ein anderes Thema, in welchem Maße selbst die Verständigen sich Abgründen verweigern – wenn es überhaupt welche sind und nicht zuletzt Introjektionen der – damals – bürgerlichen Meinung, die selbst abgründig ist.

Und danke auch für die Zeilen zu Ibragimova – da kann ich eben nichts zu sagen. Der Shostakovich-Eindruck war gut und inspirierend, verlockend.

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