Antwort auf: Jazz & Brasil

#11117339  | PERMALINK

vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

Beiträge: 11,967

ich hau mal kurz zusammen, was mein stand der wichtigsten verbindungen von jazz und brasilianischer musik bis zu den aufnahmen von JAZZ SAMBA (stan getz & charlie byrd) sind – das kann dann an allen ecken und enden aufgefüllt und mit beispielen versehen werden –

1. bewegung: ary barroso – carmen miranda – hollywood – laurindo almeida – stan kenton

ary barroso (1903-1964), in den 1920ern pianist in tanzorchestern in rio de janeiro, erhält 1930 für eine samba-komposition den ersten preis einer plattenfirma, wird daraufhin erfolgreicher komponist von liedern der gattung „samba-exaltação“, die aus der vorherigen rotlichtmusik einen national-patriotisch neu-codierten exportschlager machen. es entsteht das berühmte „aquarela do brasil“, das walt disney auf brasilienreise 1941 hört und als „brazil“ für seinen trickfilm SALUDOS AMIGOS einsetzt (oscar-nominierung für barroso). barroso mag nicht nach hollywood kommen, liefert aber für disneys THREE CABALLEROS noch 1944 die komposition „na baixa do sapateiro“, das als „bahia“ international karriere macht (aufnahmen später u.a. von john coltrane, außerdem von getz/byrd auf JAZZ SAMBA, 1973 instrumental nochmal von joão gilberto eingespielt). viele lieder schrieb barroso für die hutmacherin und spätere sängerin und schauspielerin carmen miranda (1909-1055), die 1929 ihren ersten samba aufnimmt. es folgt eine karriere in brasilianischen filmen, 1939 geht sie an den broadway und ein jahr später nach hollywood, wo sie sich als „temperamentvolle südmaerikanerin“ mit obsthut und in exaltierten choreografien von busby berkeley 1946 zu einer der bestbezahlten stars entwickelt (viele einspielungen, u.a. mit xavier cugat). 1947 nimmt sie den autodidaktisch ausgebildeten klassik-gitarristen und komponisten laurindo almeida (1917-1995) mit nach hollywood. almeida war in seiner jugend in den nachtclub von são paulo aktiv, ging mit 19 nach paris und jazzifiziert sein spiel dort unter dem eindruck von django reinhardt, der 1947 zum ersten mal barrosos „brazil“ einspielt, als almeida zunächst als exotica-gitarrist in hollywood arbeitet und dann mitglied des stan kenton orchestras wird. dort bleibt er bis 1952 und trifft auf bud shank.

bud shank:

Laurindo was a Brazilian classical guitarist who came to Los Angeles from Rio de Janeiro in 1947 looking for work. Stan Kenton was one of the first people he contacted when he got here, and Stan hired him right away. In Kenton’s band, like many at the time, we were recording more and more arrangements with Afro-Cuban rhythms, which were very hot during that period. Laurindo’s timing was perfect. Even though he was from Brazil, Laurindo had the right feel for Afro-Cuban music and for the neo-classical approach Stan was developing. Before hiring Laurindo, Stan used Bob Ahern on guitar, who was great for straight-up jazz but not as strong as Laurindo on the Latin stuff. In 1950, Stan started his Innovations in Modern Music Orchestra, which Laurindo was a big part of. Laurindo and I both played with Stan through the early spring of 1952.

(…)

Laurindo wrote quite a bit of music in the Brazilian style. It wasn’t bossa nova, because bossa nova hadn’t been invented or developed in the early 1950s. They were more like Brazilian folk songs or choros. Laurindo wasn’t a jazz musician and he wasn’t an improviser. He was a classical guitarist who happened to be born in Rio [fake news, s.o.]. When you’re born in Rio you’re born with the samba. There’s nothing you can do about it. Laurindo could not avoid where he grew up—or what he heard when he grew up. Those songs were with him always. He wanted to be a soloist, and when he was working clubs in L.A., he played those folk songs because he knew that was more appealing in a bar than sitting there playing [Andres] Segovia’s classical pieces.

die latinifizierung des stan kentons orchestras hatte dezidiert mit almeida zu tun. stücke wie „lament“ wurden speziell für ihn geschrieben, auch seine eigenen kompositionen wie „amazonia“ kamen dort zum einsatz.

das stan kenton orchester war auch brasilien populär, wo sich in großstädten ab ende der 1940er eigene kenton-fanclubs bildeten. hier schließt sich somit ein erster kreis der gegenseitigen beeinflussung von us-jazz, hollywood und brasilianischer tanzmusik.

--