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ich find eigentlich wir sind auf Kurs und haben schon eine ganze Menge herausgefunden… viel geht wahrscheinlich nicht mehr, aber ich fuer meinen Teil bin noch dran… in Sachen wissenschaftlicher Anspruch: ich mache diese Recherchen eigentlich mit der gleichen Ernsthaftigkeit, mit der ich auch wissenschaftlich arbeite. Natuerlich bleibt immer eine gewisse Restunsicherheit, man kann sich nie sicher sein, dass nicht irgendwo etwas falsch ist, und natuerlich muss man zwischendurch Theorien aufstellen, um eine Ahnung zu kriegen, wo man nach weiteren Indizien suchen muss… und natuerlich muss man sich permanent fragen, wo die Theorien gerade am meisten wackeln… und fuer mich ist das momentan die Frage, ob der Schlagzeuger Chuck Thompson, der 1959 im Cellar in North Beach spielte, wirklich unser Mann ist, oder einfach jemand, der zufaellig genauso hiess. Letztlich kann hier nur ein Foto helfen, aber ich bin nicht gut mit Fotos… immerhin habe ich eines aufgetan, das mE zu ca 50% unseren Mann im Jahr 1959 zeigt, naemlich das hier, unter mehr dazu…
und fuer die naechsten Schritte koennte ich Hilfe von thelonica, einem Bildfachmann, eigentlich echt gut gebrauchen – und ich kann total gut verstehen, dass du dich ueber mangelhafte Hintergrundinformationen beschwerst ;) zumal ich auch noch dieses voellig falsche Foto von Miles Davis und Charlie Parker gepostet hatte… und leider die letzten Tage nicht wirklich nachlegen konnte
Also: Wo stehen wir, ich fasse mal zusammen, nichts neues… Wir haben Thompsons Lebensdaten, und die muessten passen: Charles Edmund Thompson und die Geburt am 4. Juni 1926 standen schon bei Wikipedia, ein Herr mit diesem Namen und Geburtsdatum ist am 7. Maerz 1982 in Los Angeles verstorben. Im California Death Index (zugaenglich via familysearch) steht auch noch ein Maedchenname der Mutter, Todd.
Was die spaetere Karriere betrifft, wissen wir zunaechst, dass er 1956 mit The Trio (Hampton Hawes, Red Mitchell, er) auf Tour durch Amerika war, und irgendwann in der Mitte der Tour, vielleicht im Juli, August oder September physisch so am Ende war, dass die anderen ihn in ein Krankenhaus eingewiesen haben. Ursache war sicherlich zumindest indirekt Heroin, Ort war vermutlich nicht weit von New York (jedenfalls kam Kenny Burrell mit dem Auto als Ersatz angefahren und die Tour ging durch Orte wie Rochester und Buffalo in Upstate New York). Es muss Fotos von dieser Tour / diesem Trio geben. Ich denke, ich hatte vorhin mal eins gefunden, aber das kommt dann endgueltig nicht mehr mit gescheiten Credits…
Das naechste Lebenszeichen ist dann diese Aufnahmesession mit Criss und Hawes, vermutlich im November 1957 – und ich zweifel eigentlich auch nicht an dem Datum. Bass spielt hier Buddy Woodson, der schon im Fruehjahr 1956 mit Criss und Thompson (aber ohne Hawes) aufgenommen hatte.
Und ab hier wird es duenn. Aus dem Buch von thelonica wissen wir, dass er wohl irgendwann 1959 mit Sonny Stitt spielte. Im Wikipedia Eintrag steht (ohne Quelle) etwas von einem Umzug nach Nordkalifornien. Der Bassist Max Hartstein erwaehnt in „The War on Drugs“, dass er in einem Trio mit (einem Drummer namens) Chuck Thompson und einem Pianisten namens „Bob“ (Name geandert) als Hausband in einem Club namens „The Jazz Underground“ (Name geaendert) in North Beach spielte. In The Jazz Review von Oktober 1959 (tolle Zeitschrift) steht, dass Art Pepper im „Cellar“ in North Beach mit Bill Weisjahn (p) und Chuck Thompson (dr) aufgetreten war. Wenn man hier eins und eins zusammenzaehlt, kommt man schnell zu dem Schluss, dass „Bob“ der Pianist mit Bill Weisjahn zusammenfaellt… der war jedenfalls Besitzer und Hauspianist im Cellar (aka Jazz Underground) und die Geschichte von Bobs Ueberdosis deckt sich halbwegs mit der, die hier steht. Wenn wie mal annehmen, dass der Chuck Thompson aus dieser Geschichte unser Mann ist, dann kann Sonny Stitt vielleicht auch im Cellar gespielt haben – oder die Zusammenarbeit war halt frueher im Jahr. Im Jazz Review steht, dass Pepper der erste (oder einer der ersten) groesseren Namen im Cellar war, davor hatte es eher lokale Bands gegeben. (Also, Weisjahn, Hartstein und verschiedene Drummer ohne Leute wie Pepper…)
Und damit ist Thompson jetzt tatsaechlich an einem kulturgeschichtlich vergleichsweise interessanten Ort wieder aufgetaucht… (vgl Moondog in der Fussgaengerzone in Recklinghausen…) den Cellar kennen bestimmt viele von uns aus Dharma Bums von Jack Kerouac (Beleg ;)), hier fanden wichtige Lyrik+Jazzabende in den spaeten 50ern statt, also, hier kam das wohl her, mit Dichtern wie Lawrence Ferlinghetti und Kenneth Rexroth… zu den Leitern des Klubs gehoerten unter anderem der Pianist Bill Weisjahn (oft Wiesjahn geschrieben) und der Schlagzeuger Sonny Wayne. Auf den Aufnahmen des Cellar Jazz Quintets von 1957 finden wir dann auch noch Wayne am Schlagzeug, dazu einen Jerry Goode am Bass… aber es scheint eine Tendenz zu professionelleren Bands gegeben zu haben (Spekulation)… Auf dem Foto oben sehen wir den Dichter Robert Briggs begleitet von einer Jazzband im Cellar, das Foto ist wohl von C.R. Snyder (Hintergrund).
Briggs hat sich ausgiebig an diese Jahre erinnert, etwa in seinem Buch „Ruined Time“, er erinnert sich zB an eine Band aus Weisjahn, Max Hartstein (b), Leo Wright (as) und Benny Barth (dr)… der Name Pony Poindexter fuer fiel fuer andere Abende auch, weiss grad nicht mehr wo… Benny Barth ist ein vergleichsweise erfolgreicher Drummer (Mastersounds, Vince Guaraldi, mutmasslich ist er Billie aus „The War on Drugs“) und sicherlich nicht der Drummer im Bild (er war weiss, genau wie Sonny Wayne). Mir scheint es momentan recht wahrscheinlich, dass das Foto aus der Phase ist, in der Thompson der Hausschlagzeuger war… Irgendwann in diesen Jahren brannte der Cellar ab, das mag auch noch beim datieren helfen…
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