Antwort auf: blindfoldtest #31 – vorgarten

#11099129  | PERMALINK

friedrich

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@vorgarten

friedrich
Los geht’s: Track #01 Besinnlich zaghafter Einstieg, sich schön aneinander reibende Bläser. Mehrere Saxofone, bis ins tiefere Register. Es wogt langsam auf und ab, hin und her und verschiebt sich gegeneinander. Die Gitarre scheint die Grundstruktur vorzugeben, an der sich die Saxe entlang hangeln und tritt nur mal ein paar Takte in den Vordergrund. Bildet einen schönen feingliedrigen Kontrast zu den flächigen Bläsern. Sehr schönes Ensemblespiel.

nur ein saxofon (bariton), das andere ist eine bassklarinette. tiefe instrumentierung. die gitarre verbindet sich mal mit der basslinie, mal als melodieinstrument mit den bläsern. das intro gestaltet sie allein. ganz unangeberisch dominiert sie hier das stück. feingliedrig: genau!

friedrichTrack #02 Ups, ein funky drummer und der Gitarrist zieht mit. Dann ein break und es swingt. Und wieder zurück. Hier wechseln sich zwei sehr unterschiedliche Themen gegenseitig ab. Der knackig strukturierte funky Teil und der deutlich freiere swingende Teil. Entsprechend längeres Gitarrensolo. Ganz klarer Gitarrensound. Wirklich flott, während ich doch die ganze Zeit darauf warte, dass es wieder funky wird. Und – Ups! – die Band stolpert scheinbar holterdipolter tatsächlich wieder in den Funk zurück. Lebt viel von den inneren Gegensätzen und Spannungen. Ein aufregender kleiner Trip.

schön, dass du das magst. ist die gradlinigere funk-nummer, im gegensatz zur abstrakteren #3. „klarheit“ ist wahrscheinlich das zeil der aufnahme gewesen, die hier stark kritisiert wird (als clean, körperlos etc.).

friedrichTrack #03 Das klingt in meinen Ohren etwas so, als versuche die Band funky zu sein, verliert aber immer wieder den Faden, verdaddelt sich total und stolpert ziel und strukturlos umher. Irgendwo und irgendwie scheint sie sich wieder zu fangen um dann wieder aus der Spur zu geraten. Hmmm? Das dürfte volle Absicht sein und soll ggf. Spannung erzeugen. Funktioniert aber in meinen Ohren leider nicht.

ist natürlich nicht strukturlos (achte mal darauf, wie der bass immer wieder ins thema fällt), aber ich dachte mir schon, dass das für dich zu viele spannungen hat. ich schätze sowieso, dass du so ab #7 glücklicher mit dem bft bist.

friedrichTrack #04 Das Bassthema ist schon mal packend. Und dann ein eigenartiger etwas rauher, gleichzeitig voller und gedämpfter Gitarrensound, der mich zunächst packt. Wird alles im Verlauf viel freier, als es mir das Bassthema zu versprechen schien. Das enttäuscht mich ein bisschen, da es mir schwer fällt, hier einer durchgehenden Struktur oder einem Thema zu folgen.

auch das stück lebt von seinen spannungen. bass und schlagzeug verschieben zweimal die metren, so dass sie nicht 1:1 zusammen kommen. dabei war der bassist (eine generation älter als der auch schon fast 80jährige gitarrist) mal in der band von muddy waters!

friedrichTrack #05 Hier hast Du in den Komemntar-Kommentaren einen kleinen Wink gegeben. Ich kenne das Stück nicht und weiß nicht wer die sidemen des Gitarristen sind, der mit seinen athmosphärisch schwebenden Klängen hier eher im Hintergrund bleibt und eigentlich kaum als Gitarrist zu erkennen ist. Ist es dieser persönlich immer etwas schüchtern wirkende Brillenträger, der aber musikalisch wild zwischen Krach und Schönklang, Avantgarde und Folklore, Jazz und Country hin und her springt, aber dennoch immer unverkennbar er selbst bleibt? Hier ist er sicher nicht der leader, vermutlich ist das der Saxofonist. Habe aber keine Ahnung, wer das wiederum sein könnte. Dieser Brillenträger hat auch mal im Trio mit einem drummer und einem Tenorsax gespielt, nicht wahr? Das könnte ggf. in Richtung der Lösung weisen. Insgesamt sehr atmosphärisch und verträumt das Stück, an der Grenze zur sentimentalen Träumerei. Aber kann einen schon mal ganz schön einlullen.

na also. mit einem bisschen gestöbere bei discogs würdest du auf stück und besetzung kommen. leader ist weder der gitarrist noch der saxofonist, der das solo spielt. ist eine absurde all-star-band, obwohl einige hier noch am beginn der karriere stehen. dachte, dass man den gitarristen, der dieses einlullende stück komponiert hat, sofort erkennt.

friedrichTrack #06 Synthesizergeblubber, harte Rockdrums, wummernde Bässe, verzerrte E-Gitarre mit nur ein paar Akzenten, darüber eine Trompete. Post-Bitches Brew oder so. Wird dichter, jetzt scheint es gleich richtig zu krachen – aber dann fade out. Versprach viel, kam aber in meinen Ohren nicht auf den Punkt und bricht in dem Moment, wo die Erwartungshaltung noch mal gesteigert wird, einfach ab. Irgendwie sowohl was den inneren Aufbau als auch den Ablauf betrifft unvollendet. Schade eigentlich.

auf dem album geht’s natürlich weiter, ist eine art suite. aber in sich finde ich das auch schon äußerst spannend und reizvoll.
freue mich auf deine nächsten kommentare.

Kurze Kommentar-Kommentar-Kommentare:

Track #01: Ja, da ist die Gitarre das Rückgrat der ganzen Sache, die Struktur, auf die sich alles andere bezieht, ohne dass sie sich selbst in den Vordergrund drängt.

Track #02: Da habe ich mir schon gedacht, dass das hier von einigen gedisst wird. Zu hübsch, zu sauber, zu klar, zu gut gelaunt und ich habe auch kurz gedacht: Darf ich das gut finden? Aber was ist verkehrt daran?

Track #03: War mir fast klar, dass Du hier auf eine Struktur hinweist, die ich nicht wahrzunehmen meine. Vielleicht ist mir das etwas zu vertrackt und ich habe nicht die Geduld, mich darauf einzulassen.

Track #04: Ähnlich wie #03 erscheint mir das zu vertrackt. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? ;-) Metren verschieben? Ja, das liest sich interessant und ich glaube in anderen Zusammenhängen würde ich meine Freude daran haben, aber das rührt mich hier nicht emotional an. Der Bassist hat bei Muddy Water gespielt? Dann muss ich das eigentlich gut finden! ;-)

Track #05: Ich glaube das war für die meisten vor allem darum schwer zu erkennen, weil der Brillenträger sich hier sehr zurücknimmt. Man würde ihn sonst ja auch sofort erkennen! Das wäre jetzt auch nicht unbedingt eine Aufnahme des Brillenträgers, die mich besonders beeindrucken würde. Er hat aber auch die Fähigkeit, sich in unterschiedlichen Kontexten – Solo, im Ensemble, als Begleiter – sehr gut zu integrieren, und ganz unterschiedliche Rollen einzunehmen. Ich warte mal die Auflösung ab und lasse mich überraschen, wer und was das genau ist.

Track #06: Ja, ist spannend und reizvoll, deutet in diesem Ausschnitt auf etwas anderes hin, kommt da aber in meinen Ohren nicht an. Das erklärt vielleicht meine leichte Enttäuschung.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)