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mein Verhältnis zur Gitarre ist ja ein eher oberflächliches und ich mag in aller Regel gerade die ungitarristischen Leute: Kenny Burrell, Grant Green, Tal Farlow, René Thomas … im klassischen Jazz, mit dem ich grossteils einstieg, brauche ich keine Gitarre, vermisse sie nicht, manchmal finde ich so sogar eher überflüssig (weil sie Rhythmusgruppen unnötig zukleistert, wenn auch ein Klavier dabei ist)darüber haben wir ja schon oft geschrieben – das man gitarre im jazz bis weit in die 60er hinein kaum ohne klavier bekommt, und wie unsinnig das eigentlich ist. klar kann man das gut arrangieren (hier im bft – behaupte ich – gibt es dafür gute beispiele), aber es scheint ja eher eine unverrückbare konvention gewesen zu sein, über die kaum jemand mal ordentlich nachgedacht hat. wenn ich ein klavier habe, steht jedes weitere begleitinstrument unter erklärungsnot, finde ich – nur orgel kann man ausnehmen, da ist halt der bass überflüssig.
„ungitarristisch“ – so weit würde ich nicht gehen. aber sind sie nicht alle gerade die zukleisterer, du du meinst, weil sie immer auf klavieren gesessen haben, ohne ihr gesamtes spektrum abzurufen? @friedrich hatte ja mal burrell solo im bft – nichts ist da ungitarristisch, im gegenteil.
Da hast Du wohl recht … ich würde Burrell (und Montgomery noch viel weniger) auch nicht wirklich als ungitarristische Gitarristen hören – aber gerade ersterer wurde wohl oft so eingesetzt bzw. fand sich halt in einem Kontext wieder, wo das die Rolle war, die es zu füllen galt. Für Green gilt das dann noch viel mehr – wobei der ja lustigerweise zwei Trio-Sessions für BN gemacht hat, die auch bei sehr gut sind (die eine kam erst viel später heraus, die CD heisst „Standards“, hab jetzt nicht nachgeguckt, ob’s da mal eine LT- oder BNLA- oder sonstige Vorgängerausgabe gabe).
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Die erwähnten Heroen waren natürlich auch bei mir beim Einstieg ein grosses Thema – aber ich liess sie so ziemlich komplett links liegen. An Metheny näherte ich mich erst 15 Jahre später ein wenig an (das ist auch immer noch im Gang, aber mit jahrelangen Löchern, weil so wahnsinnig reizt mich seine Musik halt doch nicht – das Album mit Ornette, ein paar schöne Trio-Scheiben von „Rejoicing“ bis „Day Trip/Night Trip“, die Duos mit Jim Hall und Charlie Haden und sonst ein paar Alben, von ECM und anderswo). John Scofield mochte ich damals schon nicht so schlecht, aber Peter Bernstein war dann z.B. (live gehört mit dem Larry Goldings Trio) mehr nach meinem Geschmack. Mit Kurt Rosenwinkels vertrackten Themen konnte ich nie gross was anfangen, Mark Whitfield ist nur ein Name (okay, das Hancock-Album mit Payton/McBride ist schön) …zu metheney habe ich auch ein angemessen gespaltenes verhältnis. aber ich hatte kurz überlegt, das standards-album von gary thomas auf jmt zu berücksichtigen, auf dem metheny durchaus sinn macht. bei abbey lincoln später auch (obwohl das ultrasentimental ist). und klar, je näher er mal ornette oder noisigen umfeldern auf den leib gerückt ist, um so mehr facetten haben sich gezeigt. kein langweiler, so viel kann man sagen. der erste jazzgitarrist, den ich in den frühen 90ern ernst genommen habe, war eubanks. da kannte ich aber auch viele noch nicht, die damals schon da waren. jedenfalls konnte ich danach die ganzen weißen jungs nicht mehr ertragen, frisell vielleicht ausgenommen.
Metheny ist absolut nicht langweilig, das merkte ich dann eben auch, so 15 Jahre später, als ich z.B. mit „80/81“ (die gab’s in der Schulbibliothek, ich kaufte damals noch „Question and Answer“, die mir nach wie vor – vom einen üblen Gitarren-Sythesizer-Track abgesene – gut gefällt) wieder einen Anlauf nahm und dann eben das oben in grob geschilderte Programm absolvierte (ein paar frühe PMG-LPs und „New Chautauqua“ sind auch noch da, und natürlich „Bright Size Life“).
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Grundlegend geändert hat sich das auch durch die geschätzte Mary Halvorson – ich bin nicht sicher, welches das erste Konzert war, das ich hörte, 2009 mit ihrem Trio vielleicht? Juni davor Taylor Ho Bynum Sextetts, sehe ich gerade – ev. war das die erste Begegnung, danach u.a. auch noch mit dem Oktett von Ingrid Laubrock, mit Living By Lanterns (eins meiner allzeitigen Konzert-Highlights), mit dem Tom Rainey Trio (mit Laubrock), im Duo mit Stephan Crump, mit Anthony Braxton …ja, da erkenne ich auch so langsam, wie stark ihr input gerade ist. so richtig klickte es bei mir erst mit thumbscrew, aber sie in verschiedeene kontexten live zu sehen, hat auf jeden fall sehr geholfen.
Ich denke sie ist in den letzten 10-15 Jahren eine der prägendsten Jazz-Stimmen oder? Taucht an so vielen Orten auf … aber da ist auch wieder recht klar die Hautfarbentrennlinie (die bei Mike Reed/Jason Adasiewicz immerhin durchbrochen wird – und bei Braxton natürlich … aber weder bei Rainey, Laubrock, Crump, dem eigenen Trio, Taylor Ho Bynums Gruppe – das ist ja irgendwie schon immer wieder krass, wenn man mal wieder realisiert, wie abgesondert die Lebensrealitäten sein müssen, damit sich das in der Musikszene dann so abbildet.)
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#1 – Wunderbarer Opener, natürlich mit einem Gitarren-Intro, klar … sehr schöne Atmosphäre, warm, verspielt, ein Zwiegespräch mit Bassklarinette und Tenorsaxophon. Klingt europäisch, so nach der Texier/Sclavis-Ecke, aber die sind das eher nicht, denke ich. Vermutlich sind es sogar Amerikaner, die den Europäern der 80er und 90er zugehört haben? Gefällt mir sehr gut, gerade auch, weil die Gitarre weich klingt, trotzdem voll, und das ohne Weichzeichnereffekte oder fuzzy Ränder. Vielleicht, um die einleitenden Überlegungen fortzuspinnen, bin ich bei Gitarren einfach vom Ton her extrem heikel (der schönste Ton? Derek Bailey! Gefolgt von Grant Green – wobei gerade in Sachen Ton höre ich Wes Montgomery auch ganz weit vorn, zähle ihn aber nicht zu meinen grössten Gitarren-Favoriten). Den Track höre ich jetzt schon eine halbe Stunde in Schleife, so komme ich nicht weit …die intrumentiereung ist hier, glaube ich, nochmal besonderer – bassklarinette und baritonsax. tief und warm und sehr entspannt. der gitarrenton ist etwas für fetischisten, aber ich mag, dass er sich zwischendurch auch mit dem bass verbindet, eigentlich die ganze zeit verknüpfungen eingeht und doch ganz klar den ton angibt. ein musician’s musician, sehr offen für experimente, aber aus einer völlig konservativen ernsthaftigkeit heraus.
in der wertschätzung von derek baileys ton bin ich klar bei dir (ich hatte ihn schonmal im bft, dachte an einen bonustrack hier mit ihm, aber der mix ist ja lang genug). bei green kann ich überhaupt nur den ton wertschätzen. und über montgomery gibt es keine diskussionen. sehr toll (und ein bisschen unterschätzt) finde ich noch den auf #18. und unter den aktuellen favorisiere ich liberty ellman. aber über bailey geht eigentlich nichts hinaus.
Barisax, klar! Stimmt die geographische Einordnung denn (FR) oder liege ich da komplett daneben? Das hier hat für mich eine Verwandtschaft mit Bands, wie Henri Texier sie organisiert – Ducret passt aber definitiv nicht, und Manu Codjia wohl auch nicht, aber den kenne ich viel zu schlecht, sind wohl doch Amerikaner am Werk. Da, also bei Texier, gibt es übrigens auch eine Album mit Abercrombie, auf den ich irgendwo in Sachen Gesichtsbehaarung angespielt hatte, hab gerade selbst nicht den Überblick, 19/90 ist schon viel, was das anbelangt – aber das ist keine Klage, bloss eine Bitte um Nachsicht, wenn Spuren und ausgelegte Fäden verloren gehen … das hier ist dann wohl auch der letzte Gesamt-Anlauf, danach gehe ich auf einzelne Tracks los (aber ich tue ihnen nichts, keine Angst )
(Warum scheibt man eigentlich Haar und nicht Hahr? Doppelvokale gibt’s noch nur bei den Niederländern?)
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#2 – Das klingt super vertraut, aber ich kenne es wohl nicht – den Gitarristen aber ganz gewiss, ich nannte ihn oben schon, denke ich? Neunziger oder Nuller, sehr cleane Produktion, wieder ein schöner Ton, aber in der glatten Produktion und mit dem zu Beginn geradezu albernen Beat (sollte heavy sein, klingt aber eher wie ein paar Drum-Pads?) will mir das vom Gesamtbild her nicht gefallen (und da sind wir beim Problem, weshalb ich mich damals nicht mit aktuellen Gitarrenalben abgeben mochte – ich musste auch sehr viel genauer aussuchen, meine Mittel waren sehr beschränkt … und der Sound, das klingt alles so sauber, so dünn, es fehlt der Körper, nur der Gitarre wird er vom Studio zugestanden, aber das reicht mir nicht).
Dann das Klavier … ist ja genau einer dieser Besetzungen, die ich bis heute nicht ganz begreife, auch wenn es ein paar Ausnahme gibt (das Spiritual-Album von Grant Green, seine Alben mit Sonny Clark, „The Incredible Jazz Guitar of Wes Montgomery“). Ich stehe hier aber gerade vollkommen auf dem Schlauch, woher das sein könnte, kann auch sein, dass ich in der völlig falschen Ecke suche?
Aber gut, das Gitarrensolo ist richtig schön (mit Beinah-Zitat von „Straight No Chaser“ bei 3:33 und „As Time Goes By“ bei 3:56), auch wenn sich der Tastenmann meiner Meinung nach gerne zurückhalten dürfte und die pseudo-rockigen Tom-Tom-Fills des Drummers etwas deplaziert klingen (besonders der abwärts-„Lauf“ bei 4:21) – das hat halt diese ganze 90er-abgebrühte-Coolness, die ich wohl auch nie mochte (da war ich wohl zu schüchtern für). Auch hier drei Durchläufe und dann noch etwas herumgeskippt … ich erhöhe beim Gitarrensolo auf: grossartig. Das ganze Stück ist gut, aber eben: der dürftige, körperlose Gesamtklang … und der Gitarrist ist wohl ein alter Fuchs, der damals schon ein paar Jahrzehnte im Geschäft war? Ich stehe aber völlig auf dem Schlauch, merke ich, obwohl ich sicher bin, ihn zu kennen.zeitlich ordnest du das falsch ein, aber der sound ist tatsächlich zu clean, keine frage. ist aber gut gemeint und nicht kommerziell gedacht – und hier ist auch keine sonderausschüttung testosteron am werk. ich weiß nicht, ob du die alle hier kennst – wenn ja, dann hat es bisher nicht gezündet. was die kombination gitarre-klavier hier erträglich macht, ist der funk/swing-wechsel, mit dem sie sich hier die bälle zuspielen. und das einander-begleiten funktioniert auch recht sensibel, finde ich. der drummer kommt nicht aus der rock-ecke. er ist im mix zweimal zu hören.
Falsch heisst, es ist früher, also eher aus den mittleren/späten 80ern? Dann überrascht auch der flache Sound weniger … Das bei 2:50 ist auch schon ein Zitat, nehme ich an? Dass der Drummer nicht aus der Rock-Ecke kommt, finde ich vollkommen klar heute … und das Zusammenspiel klappt hier tatsächlich über alle Fronten hinweg super – ich mag sogar die Fills des Drummers, sehr locker aus dem Handgelenk, das vermag auch der dünne Sound nicht zu verdecken (aber die Becken sind echt nervig). Ich trotz allem das Gefühl, dieses Stück und auch diese Gitarre zu kennen – vielleicht nicht in der vorliegenden Kombination, könnte das sein? Oder ist das ein Original, das sonst niemand gespielt hat? Dann hat es eine Ähnlichkeit mit etwas was ich kenne … ist jedenfalls schon ganz gut, müsste man mal einen Dub-Remix von machen
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#3 – Die Gitarre klingt erstmal recht ähnlich, aber sie ist irgendwie dann doch weniger voluminös, ohne deshalb spitzer zu werden. Der zerklüftete Groove gefällt mir, und der Bass ist klanglich genau das, was ich jetzt als Antidot benötige. Der Beat ist wieder eher funky als swingend – recht abgekartet, mit den verschiedenen Teilen und den harten Übergängen, gefällt mir aber gut (aber weil das sonst in jüngerer Musik etwas ist, was mich eher mal nervt, siehe oben die Bemerkung zu Rosenwinkel), hintenraus ist dann kein harter Übergang nötig, der Groove entwächst dem improvisierten Teil ganz natürlich. Hier tippe ich auf nochmal jüngeren Datums – eher 10er als 00er?das ist älter. das zusammenspiel mit dem bass (der ja oft einfach das thema wiederholt), das zerklüftete, das funkige gefällt mir alles auch sehr gut. das ist aber eine ganz andere ecke als #2, obwohl die gleiche generation. auf jeden fall ist das eine gitarre, die gelernt hat, ohne zusätzliche begleitungen auszukommen.
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#4 – Ein effektives Bass-Lick … und dann die versetzt einsteigende Gitarre, die Drums – tolle, wie schnell die hier verdichten! Die Gitarre jetzt mit Effekten … klingt auch recht vertraut, könnte der Mann mit dem markant getrimmten Haarwuchs ums Kinn herum sein? Hier wird dann erst am Schluss (ab 5:10) das Thema gespielt, wie es angesteuert wird, quasi mit einem langen heraus- und Heranzögern, ist super! Und Thema das kommt von dem alten Blueser, der in seinen letzten Jahren kaum mehr Konzerte spielte, weil er anscheinend 100’000 Gage verlangte (was vollkommen angemessen ist – bzw. wäre, in einer besseren Welt, aber in der wären solche Dinge dann auch nicht mehr relevant), ja? Auch das jüngeren Datums, denke ichich bin mir nicht ganz sicher bei den anspielungen, aber ich glaube, du bist auf dem richtigen weg. ist ungefähr zur gleichen zeit wie #3 entstanden, zwischen den beiden stücken gibt es auch verbindungen (deswegen stehen sie hier so nah beieinander, weil es schon eine eigene sparte bzw. ein eigener zugang ist). das thema wird übrigens am anfang (0:50) auch schon mal gespielt. falls du doch in der falschen richtung unterwegs bist, empfiehlt es sich, mal auf den drummer zu achten, der war sehr individuell unterwegs und leicht zu identifizieren.
Das Thema geht bei 0:30 schon los – rätselhaft, dass ich das gestern nicht hörte! Die Anspielung galt dem Herrn hier, den ich für den Komponisten halte:
Das mit der Gage mag nur ein Gerücht sein – vielleicht wollte er in Wahrheit auch nur halb so viel
Da läge Ulmer nahe, aber vom wenigen, was ich kenne, zu schliessen, ist das hier etwas aufgeräumt – ausschliessen würde ich es aber noch nicht.
Auf den Drummer komme ich leider auch nicht, aber der ist wirklich super – kommt er ev. aus NOLA und ist einer Deiner Topfavoriten?
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#5 – Und jetzt wird’s sphärisch … doch sobald die Bläser mit der klagenden Linie einsteigen, kommt alles zusammen – doch das war es noch nicht, erst nach fast zwei Minuten fällt die Band in einen gemeinsam Groove, das Tenorsax spielt ein paar „false fingerings“ (gleiche Tonhöhe mit anderen Griffen = Mikrotöne, bei 2:18), singender Ton, darunter die Gitarre (sind das zwei?) und das Klavier … das ist hymnisch, ohne pathetisch zu werden. Schön! Die Wärme kommt aber vom Sax, die liegenden Gitarrenklänge dahinter finde ich nicht so zwingend, aber sie gehören zur Stimmung halt dazu – wenn sie hinter dem Klavier anfangs entfallen und erst allmählich wieder auftauchen, ist das dann auch einer schöner Effekt. Das Klavier klingt mal wieder ziemlich hart, aber das hier passt schon alles sehr gut zusammen, auch im Sound. Das sind zwei Tenorsaxophone, ja? Aber nur eine Gitarre? Denke, das ist wieder etwas älter, 80er oder 90er? Kenne ich wohl eher nicht, aber ich mag irren – wäre vom Sound her insgesamt etwas, was ich typischerweise nur alle paar Jahre mal anhöre, auch wenn mir der Track so für ich hier sehr gefällt!
[Was ist das bei 4:30 – ein Defekt der Überspielung?]zeitlich perfekt eingeordnet. das solo ist allerdings von einem altsax, ein tenor gibt es aber auch (hält sich sehr untypisch zurück). ansonsten gibt es neben gitarre und klavier auch noch ein keyboard (bin aber nicht sicher, ob es auf diesem stück dabei ist). ich dachte, dass man das hier sofort erkennt, weil der gitarrensound sehr speziell ist. der eigenartige 4:30-moment, wo es kurz leiert, ist wohl ein zusammentreffen von gitarreneffekt und davon abperlendem klavierton.
Altsax, klar … bei 3:28-30 nochmal die false fingerings. Was den Gitarrenklang angeht, das ist nicht der Norweger von den Münchnern oder? Aber sind es die? Würde wohl auch zum Aufnahme-Sound passen (der mir hier ziemlich gut gefällt).
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#6 – Hm … das find ich jetzt so aus dem Kontext gerissen zunächst eher schwierig. Der Gesamtklang spricht mich nicht sehr an – wieder so ein Drummer, der v.a. hart einen öden Beat hämmert, die „Auflockerungen“ so nach zweieinhalb Minuten sind auch eher nicht nach meinem Geschmack … aber dann ist da diese verlorene Trompete, im Mix etwas zu leise, so dass sie dauernd fast verschluckt zu werden droht … gib mir das live und ich bin voll dabei!dachte mir schon, dass das eher nichts für dich ist aber eine klangwand brauchte ich hier im mix. wobei der gitarrist auch sehr sanft spielen kann und auf der akustischen gitarre überzeugt. das projekt hier (eine kleine supergroup, eine politisch aufgeladene suite) mag aus einem größeren kontext entrissen scheinen, aber ich mochte, dass es wie #5 auch nur um einen ton herum wabert. ich finde das wahnsinnig fein, weil alles hier zusammenfließt und spannend bleibt, obwohl die geste hart und brutal nach vorne geht.
Fällt mir beim Wiederhören auch zu gefallen an … und rausgekriegt habe ich es dann auch (siehe Post oben, der Post hier ist wieder stundenlang in Arbeit, mit Unterbrüchen, Wiederholungen, Lektüre der Kommentare von und Antworten auf brandstand, wahr auf Suche nach zusätzlichen Spuren usw.)
Die Spur wäre hier wohl, wenn es nicht quasi ohne Umweg geklappt hätte, die Trompete gewesen, neben dem Sohn des smart dressing Bebop-Drummers mit den sieben Leben wäre der Mann hier der andere naheliegende Kandidat für sowas gewesen (bei Haynes ist es dann halt das Laswell-Umfeld, in dem er öfter unterwegs war – auch das war meine erste Begegnung eine Radio-Übertragung aus Willisau, wo es im Archiv ebenfalls einen Auszug gibt – sind ja leider nur Schnipsel).
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#7 – Und jetzt geht’s nach Brasilien? Ich höre hier erstmal v.a. auf die akustische Gitarre – und dann darauf, wie der Bass aus dem Hintergrund mitredet. Der Übergang auf halbem Weg, wenn die akustische den Solo-Stab an die elektrische weiterreicht, ist wunderbar! Und die beiden Soli sind es auch – sehr schön! Der locker-flockige aber doch total tighte Groove macht mich an die Sachen von Getz/Byrd denken, da passte auch die Rhythmusgruppe, aber das ist deutlich jüngeren Datums, nehme ich an? Das Riff kommt mir vage vertraut vor, aber das täuscht wohl?du bist auf dem richtigen weg, obwohl die reise hier eigentlich nicht nach brasilien, sondern – mit den verschobenen oktaven – nach fernost geht. zwei sehr etablierte leute, die sich hier herausfordern und umschmeicheln, der e-gitarrist hat mich hier sehr überrascht, es scheint mir fast so, als würde er durch die riff-struktur richtig aufleben. er fällt auch erst gegen ende seines solos in abgesichterte licks zurück. die rhythm section ist natürlich fantastisch.
Die Linie der E-Gitarre ab 1:35 klingt aber schon auch fast wie was aus „Ofreu Negro“ oder nicht? Jedenfalls #2 von hier … ich mag den Elektriker oft sehr gerne, auch im OP-Trio, wo aber der Vorgänger (Barney Kessel, den hatten wir noch nicht, auch einer der eher unterschätzten ganz grossen auf dem Instrument, meines Erachtens!) noch besser war … als Gitarrist zumindest, vielleicht war der Nachfolger als Sidekick und Trio-Katalysator aber doch besser/geeigneter? Er, also der Elektriker hier, kommt ja auch sehr direkt von Charlie Christian, was man hier aber höchstens noch erahnen kann. Schöne Überraschung jedenfalls! Und ich bin überrascht, dass ich Byrd quasi erkannt – aber wie so oft bei BFTs meinen Ohren halt doch nicht vollkommen getraut – habe … der erste Impuls ist halt doch oft richtig, wie man später merkt
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#8 – Und dieses Riff ist nun tatsächlich bestens bekannt … das ist für den Jazz wohl etwa das, was singende Cowboys in hartgesottenen Western sind: an der Grenze zum Kitsch, aber eben doch sehr gut gemacht, mit singendem Ton, den man eigentlich auch umgehend erkennen müsste? Die kühle Ecke wohl, Tal Farlow, Johnny Smith? Da kommt die ganze Gitarre von Jim Hall bis Metheny und Frisell her … ist ja interessant, dass es auf dem Instrument eigentlich keine stilbildenden Hardbopper gab bzw. dass diese sich letztlich ins grössere Kontinuum einfügen (ich denke da aber eigentlich auch nur an Wes Montgomery … oder hatten Burrell oder Green „Schüler“ jenseits den chitlin circuit? – von dem sie ja wohl gleichermassen Schüler waren, einfach kennt niemand die betreffenden Leute).ja, den müsste man umgehend erkennen aber eher nicht bei den cowboys, höchstens bei denen weiter südlich, die anders heißen. eigentlich kommt das aber ganz woanders her (nicht montgomery, burrell, green, metheney). und durch diese verschiebung erkennt man es wohl nicht sofort. aber das stück würde vom protagonisten ganze drei mal aufgenommen, scheint ihm gefallen zu haben.
Das ist so ein Kenton-Brazil-Ding, oder? Das mit den Cowboys bezog sich auf den Twangy-Sound, der fast etwas in Richtung Steel geht, ganz zu Beginn. Ich komme hier jedenfalls nicht weiter, aber das ist auch nicht so ganz mein Gebiet …
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#9 – Und nun kommen wir zu den alten Meistern … „These Foolish Things (Remind Me of You)“, im Thema mit einem Xylophon oder sowas ähnlichem, daher liegt der Gedanke an das Red Norvo Trio mit Tal Farlow nahe, aber da werde ich nicht fündig (und nach Mingus – auch dem frühen – am Bass klingt das hier nicht … und ein Schlagzeug ist ja auch dabei – und eine Rhythmusgitarre? Und ist das am Xylophon der Pianist oder sind das auch wieder zwei Leute? Beim ersten Hören hatte ich den Eindruck, das sei nur ein Trio (g/p/b), weil ich so auf die Gitarre fokussiert war … aber auch das Stück lief gleich mehrfach. Sehr, sehr schön!
Hier die spätere Farlow-Version für Verve (es gibt eine mit Norvo, aber das ist sie ja auch nicht hier) – weicher im Ton, mit mehr Ausschmückungen .. der perfekte Jazzgitarrist!genau, alte meisterschaft. und der pianist spielt hier auch noch eine celesta (und ist ziemlich bekannt, wie eigentlich alle hier, der rhythmusgitarrist vielleicht ausgenommen). thema natürlich richtig erkannt.
die farlow-version mag ich sehr viel weniger, sie fließt nicht, er ist immer vor dem beat und verweigert das legato, auch sehr steif und eintönig. ich kenne tolle sachen von farlow und mag seinen ton sehr, aber das hier gehört nicht zu meinen favoriten. in #9 liegt sehr viel mehr gefühl, finde ich.
Du hast in diesem Fall mit Farlow sicherlich recht, ich hatte das verlinkte Stück gar nicht mal zu Ende gehört …
Und klar, Celesta ist das – DOH! Und es ist das hier – noch jemand, den ich durchaus erwartet hatte – phantastisch! Da müsste ich auch endlich mal tiefer schürfen, gib doch dann bitte ein paar Empfehlungen ab!
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#10 – Und weiter geht’s … das Intro erinnert mich schwer an „Memories of You“, doch dann folgt das Thema, „Angel Eyes“, solo. Zärtlich, zerbrechlich, wunderschön! Ach, und statt dass es endet, steigt dann doch noch eine Rhythmusgruppe ein, die Gitarre legt klanglich einen Tacken zu, bleibt aber lyrisch – und am Ende, wieder solo, folgt wieder dieses aufsteigende „Memories of You“-Motiv vom Intro (gehört das zu „Angel Eyes“, hat das eine Strophe, oder wie nennt man „verse“ denn auf deutsch?). Auch hier höre ich mich gerade fest … ein Name, der mir hier in den Sinn kommt (er ist es aber nicht) ist Mundell Lowe. Ich tippe jedenfalls auf mittlere Fünfziger?mundell lowe kenne ich gar nicht gut, er ist das hier nicht. zeitlich liegt das ein bisschen später, aber bei der person hier ist sowieso alles eher später losgegangen. ich find’s auch traumhaft schön und habe mich sehr über die entdeckung dieser aufnahme gefreut, weil ich vorher immer den eindruck hatte, ich finde nichts, was seine qualitäten wirklich strahlen lässt. in diesem reduzierten setting passt wirklich alles.
Mundell Lowe kenne ich auch nicht so gut, aber nach dem Wenigen zu schliessen könnte er was für Dich sein!
Aber — verrückt! Das ist wohl wirklich unter dem Allerbesten, was ich da kenne bzw. was Du mir wieder ins Gedächtnis rufst … schliesse mich Deiner Aussage vollkommen an! Hier zum mitlesen, und hier die Quelle.
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Ich schicke jetzt mal ab und mache nachher mit dem Rest weiter …
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba