Antwort auf: blindfoldtest #31 – vorgarten

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vorgarten

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thelonica#1 das spricht mich auch an. Das Thema, das Ensemble und die Performance. „The Dealer“ von Chico Hamilton (mit Larry Coryell) ist übrigens für mich das Album mit dem alles begann. Also das Interesse für Guitar Jazz allgemein, auch wenn ich es dann irgendwann nicht mehr besonders vertieft habe mit anderen, beeindruckt mich dieses Album immer noch. Die Gitarre bietet ja auch die Möglichkeiten für innovatives und altmodisches Spiel zugleich (und auch Experimente), das macht es wahrscheinlich so faszinierend. Und es funktioniert genauso gut beim Straight Ahead oder Fusion Jazz. #1 ist auf jeden Fall toll, mich erinnert das etwas an die „The Chicago Project“ mit Jeff Parker.

ja, coryell auf THE DEALER ist natürlich ein monster – und da liegt auch nochmal eine zweite „emanzipation“ der jazzgitarre drin, obwohl das da (und bei martino und szabó in der zeit) eher nach fließenden (!) übergängen klingt. die rock-extase, die da drin liegt, flirtet nur noch mit den jazzgerüsten, schmiegt sich noch ein bisschen an, aber das ist trotzdem ernst gemeint.

bei #1 bist du noch auf dem falschen dampfer, die leute sind älter, nicht retro. oder vielleicht eher beides, das ist der reiz.

thelonica#2 das könnte aus einer Muse-Session sein, 70er oder vielleicht sogar 80er. Das Tempo ist ja ziemlich rasant. Oder die Musiker haben ziemlich viel die alten Sachen gehört. Wes Montgomery war auf jeden Fall Vorbild. Das ist so ein Track, wo viel zusammen kommt. Schneller Bop, Wes Montgomery, George Benson und schon ziemlich viel Funk. Der Drummer ist toll, weil das alles so ungehemmt klingt. Der Pianist setzt ein paar schöne Akzente. Ich glaube, dass George Benson selten solche Sachen mit Pianisten gemacht hat.

stimmt, könnte eine muse-session sein, ist es aber nicht. zeitlich liegst du richtig. ich mag die wechsel von funk zu swing und zurück hier auch sehr gerne, selbst das zusammenkleben von gitarre und klavier finde ich hier ok, weil das klavier eher auf dem swing sitzt und die gitarre eher auf dem funk. der rest ist verbeugung vor vorbildern, ganz klar. und den drummer mag ich auch sehr – der ist lässig, aber nicht aus dem handgelenk.

thelonica#4 das Intro erinnert mich an „Know the Ledge“ von Eric B. & Rakim.

interessante idee. kam ja irgendwann in verruf, akustische bass-samples im hip hop zu verwenden. aber ich könnte mir vorstellen, dass eric b. diesen bassisten hier auch in seiner plattensammlung hat(te).

thelonica#5 finde ich ein bißchen überproduziert. Die Musik hätte man auch ganz anders arrangieren können, die Slide Gitarre oder Pedal steel guitar geht da ziemlich unter im Mix. Ry Cooder und Manuel Galbán haben ein paar schöne Sachen gemacht, die in diese Richtung gehen. Aber das Thema ist natürlich nicht so schlecht.

ja, da stehen viele leute in & aus verschiedenen ecken im studio herum. keine steel guitar und kein dominanzverhalten der gitarre. aber die person, die sie spielt, hat das stück geschrieben.

thelonica#6 das ist schon gewagter, aber die Möglichkeiten werden nicht so ganz ausgereizt. Das ist vielleicht kurz vor oder nach dem ersten Portishead Album entstanden. Fast schon Dub an bestimmten Stellen. Adrian Sherwood hat doch nicht mit Trompetern gearbeitet, oder? Etwas mehr Reduzierung hätte vielleicht noch mehr gebracht.

zu #6 noch

thelonica

vorgartenund nochmal @alle: #6 bitte sehr, sehr laut hören!

das ist schon ein guter Track. Klingt ja auch stellenweise so, als hätte jemand 2 oder 3 Tracks gemixt.
Irgendwas von Funkadelic über einen anderen Track, oder so. Ist schon heftig. Vielleicht irgendwas aus dem Czukay/Wobble Umfeld
mit Lee Perry an Bord

es sind zwei dreharteller-artisten dabei. und die dub-ideen sind natürlich sehr naheliegend – ist aber weder sherwood (doug wimbish als bassist hätte hier allerdings sehr gut gepasst) noch czukay/wobble. nicht aus der laswell-ecke. ist mein einziges wall-of-sound-stück hier, aus einem fantastischen album (nach portishead).

thelonicaes geht weiter…
#7 tolle Musiker*innen. Und ich glaube, dass da „Train Kept A-Rollin’“ zitiert wird gegen Ende (2:10). Das Tempo ist so schnell, dass es fast nicht erkannt werden kann. Der kurze Part ab 2:25 klingt sehr nach Wes Montgomery, nur ist er das nicht. Ein Zitat wäre auch möglich, aber ich komme nicht drauf.

viel okatvspiel, aber montgomery ist das nicht. ich glaube auch nicht, dass es ein thema gibt, eher ein riff. der e-gitarrist ist hier im bft vielleicht der einzige, den ich ansonsten nicht sonderlich mag – aber hier ist er super. vielleicht auch, weil mal kein klavier dabei ist.

thelonica#8 der Part am Ende geht ja in Richtung Samba, was eine merkwürdige Verschiebung bringt, weil der Ton des Solisten teilweise nach Django Reinhardt klingt. Vibrato höre ich, Twang nennt man das auch, oder? Das sind bestimmt 2 Gitarristen, oder eine Art Medley.

du beschreibst die charmante widersprüchlichkeit des stücks sehr gut. tatsächlich ist das nur ein gitarrist. und einen tremolohebel hatte er nicht, glaube ich. die komposition ist ziemlich bekannt, aber nicht unbedingt ein jazzstandard.

thelonica#9 ziemlich tolle Umsetzung, weil es für mich auch nicht zu doll in Pop-Kitsch abdriftet. Das Piano hätte man vielleicht etwas besser aufnehmen sollen, aber die Instrumentierung ist gut und die Einsätze der Begleiter fein abgestimmt. Das Piano ist ja auch nicht die ganze Zeit zu hören, es setzt hier und da aus. Bei diesen alten Aufnahmen (#8 u. #9) wäre auch die technische Seite interessant. Welche Verstärker, welche Instrumente wurden benutzt, wie waren die Einstellungen am Verstärker usw. Das ist „Good Morning Heartache“. Ziemlich schwer zu erkennen und da gibt es auch nicht so viele frühe Versionen.

@gypsy-tail-wind hat den standard identifiziert. im digitalen remaster klingt die aufnahme ausgewogener, aber eigentlich falsch – der aggressive, aber gefühlvolle ton der gitarre ist nicht mehr wiederzuerkennen. deshalb hier der etwas zu scharfe vinylrip. das ist hier natürlich die direkte christian-schule, tatsächlich hat er selbst die person hier persönlich auf den weg gebracht. hier wird ein schickes weißes modell aus der gibson-ecke gespielt, solid body, elfenbeineinlagen und ein eingravierter falke. minimale manipulationsmöglichkeiten, die ohnehin nicht genutzt wurden. der ton soll dem des saxofons möglichst nahekommen (und ist doch was ganz anderes).

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