Antwort auf: West Coast Jazz: Black California – Hard Bop in den 50s / Avantgarde in den 60s

Startseite Foren Über Bands, Solokünstler und Genres Eine Frage des Stils Blue Note – das Jazzforum West Coast Jazz: Black California – Hard Bop in den 50s / Avantgarde in den 60s Antwort auf: West Coast Jazz: Black California – Hard Bop in den 50s / Avantgarde in den 60s

#11089623  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 67,045

Teil 3: Horace Tapscott, Sonny Criss, Lou Blackburn, Jimmy Woods – California Avantgarde (1/3)

Nach diversen dem West Coast Jazz gewidmeten Sendungen im letzten Jahr gibt es in den kommenden Monaten eine Fortsetzung. Vier Teile sind geplant, die sich dem marginalisierten kalifornischen Jazz der Sechzigerjahre widmen werden. Da gibt es vor allem einen bekannten Namen: Ornette Coleman. Er wurde insofern marginalisiert, als er nach New York gehen musste, um diese Bekanntheit überhaupt erst zu erlangen – ein Schlicksal, das er wiederum mit seinen afro-amerikanischen Kollegen teilte, die sich nach dem Niedergang der Szene um die Central Avenue ebenfalls vergeblich um Erfolg (und sei es nur in Form regelmässiger Auftrittsmöglichkeiten) bemühten und gen Osten ziehen mussten, wenn sie ihre Chancen verbessern wollten.

Neben Coleman werden in den Sendungen weniger bekannte Musiker zu hören sein: Sonny Simmons oder Prince Lasha (Simmons stammt aus Louisiana, Lasha wie Ornette aus Fort Worth, Texas), Bobby Bradford und John Carter (Bradford stammt aus Mississippi, Carter ebenfalls aus Fort Worth), aber auch Warne Marsh, der musikalisch im Gravitationsfeld Lennie Tristanos gross wurde, oder Anthony Ortega (ein Angeleno, für den es nicht einmal eine englische Wikipedia-Seite gibt). In dieser ersten Folge steht ein Mann im Mittelpunkt, der so stark in Los Angeles verwurzelt war, dass es nicht in Frage gekommen wäre, die Stadt zu verlassen. An kommerziellem Erfolg lag ihm wenig, wichtiger war ihm die (musikalische) Arbeit in der Community in Watts und South Central LA: Horace Tapscott.

Er begann als Posaunist, tourte 1961/62 mit der Band von Lionel Hampton, gründete dann in LA sein Pan African Peoples Arkestra und die Underground Musicians Association. Eine Krankheit zwang ihn zum Wechsel des Instrumentes. Mit Lou Blackburn und Freddie Hill (die beide auch in die LA Hard Bop-Sendungen gepasst hätten) nahm er Anfang der Sechziger ein erstes Mal als Pianist auf, danach betätigte er sich in erster Line als Komponist und Arrangeur. In dieser Funktion entstand 1968 ein Album mit Sonny Criss, „Sonny’s Dream (Birth of the New Cool)“ (Prestige). Tapscott leitete die zehnköpfige Band, die seine Arrangements spielte. Der erhoffte Durchbruch fand zwar nicht statt, aber im Jahr darauf konnte Tapscott für Bob Thieles neues Label Flying Dutchman sein Debut einspielen, „The Giant Is Awakened“. Diese beiden Alben stehen im Mittelpunkt der Sendung, sie bilden gewissermassen zwei Pole, zwischen denen Tapscotts Schaffen sich damals bewegte: dort die raffinierten Arrangements für den geschmeidigen Saxophonisten Sonny Criss, hier kraftvolle, schnörkellose und direkte Musik im Quintett, die frei ist und doch mächtig groovt.

1. Horace Tapscott Quintet – The Giant Is Awakened (1969)
2. Sonny Criss Orchestra – The Golden Pearl (1968)
3. Lou Blackburn – Perception (1963)
4. Sonny Criss Orchestra – The Black Apostles (1968)
5. Jimmy Woods – Coming Home (1963)
6. Horace Tapscott Quintet – The Dark Tree (1969)
7. Sonny Criss Orchestra – Ballad for Samuel (1968)
8. Sonny Criss – This Is for Benny (1967)

HORACE TAPSCOTT QUINTET
1. The Giant Is Awakened (Horace Tapscott)

Black Arthur Blythe (as), Horace Tapscott (p), David Bryant (b), Walter Savage Jr. (b), Everett Brown Jr. (d)
Los Angeles, California, 1. April 1969
von: The Giant Is Awakened (Flying Dutchman; CD: International Phonograph)

Horace Tapscotts 1969 für Bob Thieles Label Flying Dutchman eingespieltes Debut-Album „The Giant Is Awakened“ fristete lange Zeit ein Dasein als Untergrund-Klassiker, als eins der legendären Alben, von denen man hörte, ohne es jemals hören zu können. 2014 brachte Jonathan Horwich es auf seinem kleinen aber feinen Label International Phonograph zum ersten Mal auf CD heraus, in einer vorbildlichen Edition (das Foldout-Cover im kleinen CD-Format in dicker Pappe, dazu zwei Blätter mit den damaligen Liner Notes von Stanley Crouch – die auch im Foldout bestens lesbar sind, zudem mit einem neuen, langen Essay von Bill Shoemaker).

Wir hören zum Auftakt dieser Sendung das Titelstück – und übergeben das Wort an Stanley Crouch:

This is a new Black Music, but new only because it, as an African writer once said, recognizes “Time is flow.” Horace Tapscott and the men know that all of the time, if it’s carrying the feeling of the people, is new, is free. “We’re story tellers, historians,” Horace says. And the story is a Black Experience newer, older, more profound than this culture, this blood-polished strip of metal the white man calls America. The music is the pregnant belly of the Spirit bursting life into the world, beyond the “world” we live in. Is “straight in shit,” as Black Arthur, a new lover and warrior of the saxophone would say. You can learn from the music because it’s there to teach, to put everybody close to himself or herself and every other self worth being close to. These men are Praise Singers and Warriors.

[…]

The Giant is a battle hymn and a celebration, is an anthem to an awakening, to Horace’s son Niles dancing in the recording studio to the song. Niles is time, will flow, is standing up already, is in the Circle of Natural Intimate Closeness to the music, to the feeling, to the hot, charged infinite minute of the happy dance. And human closeness, Natural Intimacy, the Natural Closeness of Human Beings, the Spiritual Principle beyond the machines and madness is what playing music teaches you, is what listening to learn will let you know. This music flows as naturally as blood, is as close to us as the lines in our hands, is the major alternative to the madness of the white man and to the niggers like those who’ve given Horace, Arthur, Dave, Walter and Everett such a funky time here in Los Angeles, calling them bearded rebels cause they wouldn’t tom, wouldn’t, as Horace says “Stray instead of play,” but who, now that this date is on record’ll run around talking about how good they knew all the cats could play all the time. And you jive, slavery time, Other Day, house nigger, mammy-made, punk-assed muthafuckas reading this know who you are!

(aus den Liner Notes von Stanley Crouch)

SONNY CRISS ORCHESTRA
2. The Golden Pearl (Horace Tapscott)

Sonny Criss (as), David Sherr (as), Teddy Edwards (ts), Pete Christlieb (bari), Conte Candoli (t), Dick Nash (tb), Ray Draper (tuba), Tommy Flanagan (p), Al McKibbon (b), Everett Brown Jr. (d), arranged by Horace Tapscott
Los Angeles, California, 8. Mai 1968
von: Sonny’s Dream (Birth of the New Cool) (Contemporary; CD: Fantasy/OJCCD)

Horace Tapscott (1934–1999) spielte bis 1961 Posaune in der Band von Lionel Hampton. Danach widmete er sich seinem Pan Afrikan Peoples Arkestra (kurz: „the Ark“) und seiner Tätigkeit in der Community als Musiklehrer. Er gründete die Underground Musicians Association, die 1971 in Union of God’s Musicians and Artists Ascension umbenannt wurde (vier Jahre früher als in Chicago die Association fort he Advancement of Creative Musicians, kurz AACM, entstand). Die Proben fanden zunächst in Tapscotts Garage statt, später im Haus der Pianistin Linda Hill. Im Streit mit den Gewerkschaften erfocht UGMA sich das Recht, in den Parks von Watts und South Central Los Angeles auftreten zu dürfen. Man spielte in Altenheimen und in der Psychiatrie, mietete auch mal einen Tiefenlader, um spontane Konzerte in den umliegenden Vierteln zu geben. Aus dieser Community stammten bekannte Jazzmusiker wie Arthur Blythe (den wir ja gerade mit Tapscott gehört haben) oder Butch Morris (1947–2013).

Sonny Criss’ Album „Sonny’s Dream“ hätte der Durchbruch für Tapscott sein sollen – es entstand 1968 für Prestige, das Label, das inzwischen berühmt geworden war mit dutzenden LPs von Miles Davis oder John Coltrane, und das auch Musik vom Angeleno Eric Dolphy im Programm hatte. Criss (1927–1977) stammte aus Watts, war in den Vierzigern Teil der Central Avenue-Szene (mit Dexter Gordon, Wardell Gray, Howard McGhee etc.), spielte mit Charlie Parker, trat in den späten Vierzigern und frühen Fünfzigern mit Jazz at the Philharmonic auf, arbeitete danach öfter in Europa (in Paris entstanden hervorragende Aufnahmen mit George Arvanitas).

Seit 1965 hatte Criss immer wieder mit Tapscotts Arkestra gespielt, wenn er in LA war. Criss war nun keineswegs ein Kommerz-Verweigerer wie Tapscott – er spielte Songs von Bobby Hebb, Jimmy Webb, Sonny Bono, den Beatles oder Henry Mancini – wir hörten einige Kostproben in der Sendung rund um Bobbie Gentrys „Ode to Billie Joe“. Dass er nun ein Album mit Tapscott machte – dieser ging davon aus, dass Musiker seines Arkestra dabei sein würden – bedeute das viel. Als Tapscott ins Studio kam, fand er jedoch eine Band von Cracks vor: Conte Candoli, Pete Christlieb, Tommy Flanagan … vermutlich vom Produzenten Don Schlitten zusammengetrommelt. Es kam zum Streit, die Session drohte zu scheitern, doch Tapscotts Frau überredete ihn, zu bleiben und das Ensemble zu leiten, das seine Kompositionen einspielen sollte (Ira Gitler erzählt in den Liner Notes zum Album eine andere Geschichte – Criss hätte diese Band 1967 gegründet … von David Sherr, dem Lead-Altsaxophonisten, kommt die Aussage, Dick Nash hätte ihm Jahre später mitgeteilt, dass Criss den Pianisten Tommy Flanagan bei der Session zum ersten Mal gesehen habe).

Das wichtigste ist jedoch die Musik – und die erst erstklassig. Mit drei Blechbläsern und drei Saxophonen (neben dem von Leader Criss) schafft Tapscott einen Sound, der ein wenig an Tadd Dameron erinnert, den grossen Arrangeur des Bebop. Der Sound ist völlig anders im Vergleich zum gerade gehörten – nur gerade Drummer Everett Brown Jr. ist auf beiden Alben zu hören. Die Soli stammen von Criss und Flanagan, im Ensemble ist die Tuba von Ray Draper prominent zu hören (er hatte ein Jahrzehnt früher ein paar Alben mit John Coltrane eingespielt).

LOU BLACKBURN
3. Perception (Lou Blackburn)

Freddie Hill (t), Lou Blackburn (tb), Horace Tapscott (p), John Duke (b), Leroy Henderson (d)
United Recorders, Los Angeles, California, 25. Januar 1963
von: Jazz Frontier (Imperial; CD: The Complete Imperial Sessions, Blue Note/Capitol)

Seine ersten Aufnahmen als Pianist – eine Krankheit zwang ihn, die Posaune aufzugeben – machte Tapscott Anfang 1963 mit dem Quintett, das Lou Blackburn (ursprünglich aus Pittsburgh, Pennsylvania) und Freddie Hill (ursprünglich aus Jacksonville, Florida) gemeinsam leiteten. Die Gruppe nahm zwei Alben für das Label Imperial auf, die später von Blue Note (und noch später erneut von Fresh Sound) auf einer CD kombiniert neu aufgelegt wurden. Tapscott hatte zwischen diesen Aufnahmen und seinem Debut keine weiteren gemacht, bei Criss trat er ja nur als Komponist, Arrangeur und Dirigent in Erscheinung. Leider spielten Hill/Blackburn keine seiner Stücke, aber eine Kostprobe möchte ich trotzdem nicht vorenthalten.

„Perception“ stammt wie der grösste Teil des Repertoires aus der Feder von Lou Blackburn, der das Thema nach einem tollen Intro an der Posaune präsentiert, stellenweise gemeinsam mit Hill. Das Line-Up mit Trompete und Posaune ist recht selten anzutreffen, die beiden harmonieren perfekt und der Klang ist erfrischend. Hill spielt ein erstes Solo, mit klarem, glänzendem Ton. Die Rhythmusgruppe agiert sehr aufmerksam und aktiv, auch als Blackburn übernimmt. John Duke hatte schon mit Horace Henderson gespielt, war mit Bobby Bryant oder Louis Jordan aufgetreten, Drummer Leroy Henderson spielte 1961/62 mit dem Trio des Organisten Richard „Groove“ Holmes, mit dem er auch einige Aufnahmen machte, sonst ist über ihn wenig bekannt. Tapscott spielt dann das letzte Solo, sein Spiel ist hier zwar noch glatter als 1969, aber Anklänge an die verschrobeneren unter den Hard Bop-Pianisten sind nicht zu überhören: Sonny Clark, Elmo Hope, dazu wohl auch eine Prise Thelonious Monk.

SONNY CRISS ORCHESTRA
4. The Black Apostles (Horace Tapscott)

Sonny Criss (as), David Sherr (as), Teddy Edwards (ts), Pete Christlieb (bari), Conte Candoli (t), Dick Nash (tb), Ray Draper (tuba), Tommy Flanagan (p), Al McKibbon (b), Everett Brown Jr. (d), arranged by Horace Tapscott
Los Angeles, California, 8. Mai 1968
von: Sonny’s Dream (Birth of the New Cool) (Contemporary; CD: Fantasy/OJCCD)

Die zweite Kostprobe von Criss und Tapscotts Album für Prestige hiess ursprünglich „Black Arthur“ und war Arthur Blythe gewidmet. Gemäss Ira Gitlers Liner Notes ist diese Version „Malcolm, Medgar and Martin“ gewidmet. Über einen trockenen Beat von Brown steigt zunächst das tiefe Blech ein, dann erklingt im Kontrast dazu in der hohen Lage das Thema, von Criss im Wechsel mit dem Ensemble präsentiert. Criss hebt dann ab zu einem Solo-Flug mit seinem schönen Ton, brennend und doch irgendwie kühl. Das Ensemble steigt zum Schluss mit ein und setzt dann wieder aus, um Teddy Edwards einen ruhigen Start zu ermöglichen. Dieser baut langsam ein tolles Solo auf, verändert allmählich seinen Ton, lässt ihn breiter, weiter werden, verzahnt sich in kleine Motive. Als das Ensemble hinter ihm wieder einsteigt, meint man wie Gitler schreibt, förmlich Rauch aus seinem Saxophon aufsteigen zu sehen.

JIMMY WOODS
5. Coming Home (Jimmy Woods)

Carmell Jones (t), Jimmy Woods (as), Harold Land (ts), Andrew Hill (p), George Tucker (b), Elvin Jones (d)
Contemporary Studio, Los Angeles, California, 25. März 1963
von: Conflict (Contemporary; CD: Fantasy/OJCCD)

Das einzige Stück heute, das nichts mit Horace Tapsctott zu tun hat, stammt von Jimmy Woods, einem Altsaxophonisten, der leider nur wenige Aufnahmen gemacht hat. Das Line-Up seines zweiten Albums für Contemporary ist erstklassig, Carmell Jones und Harold Land hatten schon öfter gemeinsam aufgenommen, zu den drei Bläsern stösst eine hervorragende Rhythmusgruppe aus New York.

In seinen Liner Notes schreibt Woods zu „Coming Home“: „A person’s attitude toward the life is a reflection of his attitude toward himself. And so you always come home, you always come home again from every situation in life, from every tension, every anxiety. Even though things are a drag and a person suffers in life, in the ending everything works out okay, if you look to your heart.”

Das Thema – im Dreier oder Sechser-Rhythmus – wird nach einem Intro von Elvin Jones von den Bläsern im Wechsel präsentiert: Carmell Jones spielt die erste Phrase, die Saxophone geben Antwort. Das Stück hat streckenweise einen spanischen Touch. Jones öffnet dann den Solo-Reigen an der Trompete, gefolgt von Woods, hinter dem Elvin Jones mächtig Dampf macht. Harold Land übernimmt, das Energielevel bleibt hoch, Hill hämmert Akkorde und Tucker spielt einen hüpfenden und treibenden Bass, der Jones die Freiheit lässt, die er braucht, um sein vielschichtiges Spiel erst richtig zu entfalten. Andrew Hill spielt das nächste Solo, verzahnt sich mit den Rhythmen von Bass und Schlagzeug. Der grosse Stargast, der auch auf dem Cover genannt wird, spielt dann ein tolles Schlagzeugsolo, bevor das Stück mit dem Thema beschlossen wird.


HORACE TAPSCOTT QUINTET
6. The Dark Tree (Horace Tapscott)

Black Arthur Blythe (as), Horace Tapscott (p), David Bryant (b), Walter Savage Jr. (b), Everett Brown Jr. (d)
Los Angeles, California, 1. April 1969
von: The Giant Is Awakened (Flying Dutchman; CD: International Phonograph)

Wir kehren noch einmal zu Tapscotts Debut zurück – die Kraft dieser Musik fasziniert mich immer wieder, man glaubt ihr anzumerken, das Engagement und die ungekünstelte Kreativität, die aus ihr sprechen, machen sie einzigartig. Jonathan Horwich, der Produzent des Reissues meint: „That this music and that of John Carter and Bobby Bradford was created around the same time (and in Los Angeles no less!) is some kind of minor miracle.“

But the most important thing to understand is that these men are new as this music, their lives and their music are not separate. They don’t, like so many others, stop being warm as soon as the get behind their instruments, don’t rein up all the strength and knowledge they play with some cracker style shuck corny super hip “attitude” off the bandstand. And that’s the message, as Walter Lowe would say, “A way to live.” Or as Horace says it: “The relationship between you and me as men is the first thing, the piano is the something else: I just use it for certain things.” So get to that, to the Dark Tree, which is Horace telling us about “how when we got here and some of us was sent to South American (sic) and some of was brought up here and we didn’t know about ourselves and everything was dark.” But the song tears away the darkness, is a dance to the new knowledge that Walter Lowe once dropped on me: In the old days the music was the Blues, about being fucked over by the white man and everybody else; then it was anger against the Blues – but the music now, this music, the next step gonna put some shit in the game ‘cause these monkeys are gonna be talkin’ about something else: The level where the music is pure and there’s no Blues and no Anger. No Blues and no Anger.

It’s already here.

(aus den Liner Notes von Stanley Crouch)


SONNY CRISS ORCHESTRA
7. Ballad for Samuel (Horace Tapscott)

Sonny Criss (ss), David Sherr (as), Teddy Edwards (ts), Pete Christlieb (bari), Conte Candoli (t), Dick Nash (tb), Ray Draper (tuba), Tommy Flanagan (p), Al McKibbon (b), Everett Brown Jr. (d), arranged by Horace Tapscott
Los Angeles, California, 8. Mai 1968
von: Sonny’s Dream (Birth of the New Cool) (Contemporary; CD: Fantasy/OJCCD)

Die letzte Kostprobe aus dem Album, das Tapscott für Sonny Criss arrangiert hat, präsentiert diesen für einmal am Sopransaxophon. Es handelt sich um einen Walzer, gewidmet einem Musiklehrer an der Jefferson High School, Samuel Browne. Dieser war ein Mentor von Tapscott wie von Criss und gilt neben Lloyd Reese als der wichtigste Förderer schwarzer Jazzmusiker in Kalifornien in den Vierzigern und Fünfzigern. Zu seinen Schützlingen zählten auch Art Farmer, Dexter Gordon, Don Cherry oder Ed Thigpen.

Criss präsentiert das Thema über einer Begleitung der Tuba und mit einer Gegenlinie von Barisax und gedämpfter Trompete. Ein leicht exotischer Touch und das Sopransax wecken Erinnerungen an John Coltrane, ca. 1961. Auch im Solo greift Criss einige Phrasen aus der Werkzeugkiste Coltranes auf und verknüpft sie mit seinem eigenen Vokabular, um ein überzeugendes und konzises Statement zu formen.

SONNY CRISS
8. This Is for Benny (Horace Tapscott)

Sonny Criss (as), Cedar Walton (p), Tal Farlow (g), Bob Cranshaw (b), Lenny McBrowne (d)
Van Gelder Studio, Englewood Cliffs, New Jersey, 18. August 1967
von: Up, Up and Away (Prestige; CD: Fantasy/OJCCD)

Den Abschluss macht ein weiteres Stück von Sonny Criss, ein Jahr früher im Quintett eingespielt – es stammt erneut aus der Feder von Horace Tapscott. Das Stück wurde am Ende der Session aufgenommen und präsentiert Criss in Bestform, mit einem brennend heissen Solo. Es handelt sich erneut um einen Walzer, doch Lenny McBrowne und Bob Cranshaw suggerieren auch einen langsameren Vierer (aus zwei 3/4-Takten wird ein 4/4 im um ein Drittel langsameren Tempo). Tal Farlow – der Wundergitarrist, der in den Fünfzigern auf seinem Instrument unerreicht war, sich zurückzog und zwischen 1960 und 1975 kaum Aufnahmen machte – spielt das nächste Solo, gefolgt von Cedar Walton. Den Abschluss macht dann wieder Criss.

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba