Antwort auf: Blindfoldtest #29 von dietmar_

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dietmar_

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gypsy-tail-wind
#1 – Oboe, Trompete, Posaune und Tenorsax, dazu Rasseln … da ich gerade eine zweistündige StoneFM-Sendung über Yusef Lateef vorbereitet habe, kommt mir der hier natürlich sofort in den Sinn: der statische Aufbau, der den Solisten maximale Offenheit gibt, wobei sie aber jeden „Drive“ selbst generieren müssen, denn die Begleitung liefert nur einen Teppich (eher eine karge Steppe). Die Trompete hat machmal einen etwas gepressten Ton, da denke ich ganz kurz an Stanko, dann aber spielt sie wieder mit kleinen Schlenkern, eingestreuten Mikrotönen am Ende von Phrasen, wie man sie aus dem Hard Bop kennt … dass hier Europäer am Werk sind, wäre wohl eh meine Vermutung gewesen, das ist alles sehr schön, wirkt aber auch etwas „geschult“, ein wenig als spiele man mit Versatzstücken und gelernten Dialekten statt dass man die eigene Sprache spricht? Ich nehme an, die Rasseln (Kastagnetten?) übernimmt der Bassist, der in der Mitte auch mal am Kontrabass zu hören ist? Ein stimmungsvoller Einstieg, da würde ich gerne mehr hören, auch um meine Vermutung zu bestätigen oder – lieber! – zu widerlegen, was das Erlernte bzw. das Zitat angeht.

Ich glaube nicht, dass das Kastagnetten sind? „Wind-chimes“ wird das im Booklet benannt. Hört sich eher hölzern an. Auch kann ich nicht sagen, ob der Bassist da rasselt? Europäer sind es jedenfalls, der Trompeter hatte eine andere Herkunft.

#2 – Eine Vibes-Fanfare zum Einstieg, dumpfe Trommeln (Kesselpauken-Imitat mit dem Stehtom?) – seltsam, dass die Vibes so klar, der Rest aber so dumpf, wie durch einen dicken Plüschvorhang klingt. Der Bass knüpft an die erste Nummer an, dieselbe offene „Orgelpunkt“-mässige Begleitung. Das Schlagzeugsolo ist sehr einfach, gefällt mir aber sehr gut … ich muss dabei sofort an Sun Ra denken, kurz vor oder nach dem Umzug nach New York etwa. Das war gestern beim ersten Anlauf der erste Track, mit dem ich nicht klar kam (und es folgten gleich weitere), weshalb ich das konzentrierte hören auf heute vertagte – und heute finde ich den Track ziemlich super! Der einzige Name, der mir hier in den Sinn kommt, ist Karl Berger.

Stehtoms, ja, fünf Stück, sagte ich im obigen Beitrag. Mit Berger hat das hier nichts zu tun.
Ich habe den Track vor allem wegen des Drummers reingenommen.

#3 – Boogie Woogie-Klavier mit Schlagzeug, die linke Hand erinnert ein wenig an die rollenden Grooves, wie Abdullah Ibrahim sie auf seinen „African Recordings“ aus den Siebzigern gerne spielte, es fehlt aber der lockere Rhythmus, der tiefe Groove … man spürt es: das Stück hier nervt mich auch heute noch. Es gibt Zitat zuhauf, einen W.C. Handy-Anklang hier, ein wohlbekanntes Blues-Klischee dort – und rhythmisch ist das enorm unentspannt, der Drummer und der Pianist sind nicht immer zusammen und der Drummer scheppert mir auch etwas zuviel (der Pianist eigentlich auch). Nach der halbwegs gelungenen Stride-Passage bei 2:30 fällt der Beat dann bei 3:00 fast in sich zusammen, weil der Pianist plötzlich nicht mehr sauber phrasiert … sie retten sich aber durch, als ob nichts wäre. Und ja, es ist ja auch nichts, pardon – definitiv nicht für mich, beide Mitspieler hier. Ist da doch noch ein Bass dabei, da schnarrt ja was, so ab 4:25? Der wurde davor auf meinem Rechner vollkommen durch die linke Hand des Klaviers zugedeckt, am Schluss ist er dann aber wirklich da.

Die Klangqualität ist nicht die allerbeste. Der Bassist ist da, geht aber ein wenig unter. Der Pianist zitiert Vergangenes, hat aber auch sehr viel Eigenes. Die Musiker sind schon eingespielt, so fern meine begrenzten Kenntnisse das richtig einschätzen können, aber eher in anderen Konstellationen.

#5 – Und hier ist Ellington dann definitiv Pate gestanden, mich dünkt wenigstens in den ersten Takten bis in die Voicings hinein? Das dürfte der erste Track mit richtigen Veteranen sein? (Ich glaub hier gehört der Name dazu, den ich leider beim Testen der ersten Version in den damals noch vorhandenen Tags lesen und nicht gleich wieder vergessen konnte … drum sage ich nichts weiter, ausser: das passt auch total, aber ich wäre wohl nie drauf gekommen!)

Du weisst mittlerweile, dass es nicht die ersten Veteranen sind. ;)

#7 – Elegant-sprödes Altsax, verschwurbeltes Cool-Arrangement mit enger Linienführung … kein „natural match“ für mich, aber gefällt – als mich der Track gestern auch nervte, begann ich, nur noch durchzuskippen, um zu schauen, ob ich ausser #6, wo ich ja nicht draufkam, noch was erkennen würde … denn das ist nun wirklich nichts, was mich jemals nerven sollte! Tenorsax klingt westküstenblutarm (so Phil Urso mässig, aber der wäre wohl etwas behender?), Klavier dann irgendwie zwischen sediertem Pittsburgh-Irrsinn und Kalifornien (bzw. das passierte dort ja mit denen, die sonst auch mal ein Drittel falscher Töne in Kauf nahmen halt, wenn sie dann mit dem bunten Drink mit Schirmchen drin rumsassen und immer wieder Sand in die Schuhe kam … ich habe hier keinen Tipp, aber die Auflösung wird gewiss keine Überraschung sein!

Du fragst jetzt aber nicht nach der Herkunft? Deine Vermutung fliegt in einem ganz anderen Teil der Welt herum. ;)
„Drinks mit Schirmchen“ waren bestimmt schon bekannt.

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