Antwort auf: Blindfoldtest #29 von dietmar_

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dietmar_

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Dann möchte ich euch, besonders natürlich vorgarten mit seiner schönen Eröffnung, nicht länger warten lassen.
So nach und nach werde ich auf die einzelnen Einwürfe von euch eingehen.

vorgartendamit dietmar nicht so lange warten muss, habe ich mich beeilt war mir ein großes vergnügen, wie man merken wird. irgendein thema hat dieser bft, er scheint mir sehr stimmig in sich, ich komme nur nicht drauf, was es sein könnte. 1 | sonnenaufgang bei leichtem wind. eine oboe. dann kommen andere stimmen hinzu und verteilen sich schön im raum, auf wenigen gemeinsamen noten. schöne getragene stimmung. eine trompete bricht als erste aus, ich habe bei ihr sofort eine starke idee richtung england. von da ausgehend finde ich auch das ensemble und schließlich auch das stück. ich mag das ausgesprochen schöne arrangement, das fließt alles sehr organisch, hat fülle und atem, wirkt nicht akademisch, obwohl sich hier jemand mit klangfarben auskennt (aber eben auch mit den persönlichkeiten der mitspielenden). und der ton der trompete gehört für mich sowieso zu den schönsten und berührendsten, die es im jazz gibt. kannte ich vorher nicht, danke für die auswahl!

Bewusst habe ich kein Thema gewählt. Die europäische Dominanz hatte ich schon Eingangs erwähnt.

Deine Beschreibung zu (1), wie zu allen anderen Anderen habe ich sehr gerne, mit großem Vergnügen gelesen. Ich bewundere es, wenn jemand Musik – auch in Worten – analysieren kann, mir geht das leider vollkommen ab. „Gefällt“ oder „gefällt nicht“, dann argumentiere ich noch ein wenig mit nachlesbaren Fakten, fertig.

Die Musik kommt aus England, so viel sollte ich bestätigen können – und, weil Flurin später fragte, ja, es wird im Sextettformat gespielt. Vielleicht ist der Trompeter der prominteste Musiker, doch die anderen sind auch alle keine Unbekannten.

2 | noch ein dramatischer einstieg. dann stampfrhythmus mit phasenverschobenem vibrafon. da ist einiges los, das ist aber nur ein trio, oder? paukenschlägelsolo, dann kommt das rhythmisch interessierte vibrafon wieder, das ich ziemlich klassik-nah finde. ah, jetzt kommt noch eine andere percussion ins spiel, worauf wird denn da geklatscht? ich finde das interessant, aber auch sehr akademisch, obwohl es sich auf folkoristische trance-bands bezieht. nicht den hauch einer ahnung, wer das sein könnte. ich könnte mir aber vorstellen, dass die sowas höchstens mal als gimmick zwischendurch spielen, vom vibrafonisten vielleicht abgesehen, der ist ernsthaft richtung steve reich unterwegs. es hat ja auf jeden fall drive, da wird schon jemand ins schwitzen gekommen sein.

Ein Trio. Und der Schlagwerker hat fünf Geräte gleicher Bauweise vor sich. Gefunden habe ich das hier auf einer Drummer-Compilation, habe aber das Album unter anderem anderen Namen auch hier. Das ist natürlich schon ein wenig Kuriosität, sehr ähnliches kenne ich von diesem Trio und ähnlichen Kombinationen eher nicht. Steve Reich passt hier als Vorbild eher nicht.

3 | ein oder zwei klavier(e) mit einem modernen take on boogie woogie. wenn das nur ein pianist ist: hut ab. wenn es zwei sind, was ich glaube: hübsch. klingt nach 70er, irgendwie nach deutschland oder niederlande. und entweder sind das freejazzer, die zeigen, dass sie auch im traditionellen modus spaß haben und machen können – oder es sind traditionalisten, die sich ein bisschen locker machen. schlippenbach oder zwingenberger. beide zusammen wäre toll. aber am ende scheint mir, es ist doch nur ein pianist. und ich bin auf dem holzweg. zum drummer mag ich wenig sagen, der macht seinen job und mehr nicht.

Ein Klavier. Die zeitliche Einordnung stimmt, die räumliche gar nicht. Es gibt auch Musiker die in verschiedenen Stilen unterwegs waren.

4 | nochmal klavier, ein trio, relativ aktuell (00er aufwärts, oder?). kurz und darin sehr schlüssig. zunächst frei, mit einer trillerfigur als strukturelement und einem unglaublich aufwendig spielenden bass drum herum. beruhigt sich am ende, wenn das klavier zum thema gelangt ist, dann machen sie auch schnell schluss, damit es in der luft hängen bleibt. gefällt mir, ist jetzt aber auch nicht die frischeste idee zum klaviertrio. könnte überall eingespielt worden sein. nach ecm klingt es nicht, dabei stehen die mikrofone zu nah am geschehen.

Auf jeden Fall nach der Jahrtausendwende entstanden. Das Stück ist das kürzeste des Albums – ich musste ja Raum und Zeit sparen ;) – es ist aber auch Titelstück des Albums dieser Drei.

5 | das klingt schon eher nach ecm. das ist auch wieder älter. piano-bass-duo, das thema kenne ich nicht, klingt nach europäischem volkslied oder kabarett. walzer. bass bleibt cooler als der in #4, obwohl er auch viel kann. man kann nicht meckern, insgesamt. wie der pianist seine gesten wechselt, das kann man musikschüler*innen zum analysieren geben. das thema sollte man kennen, das interessiert mich.

Wie ich gerade las, hast du (vorgarten) es eben erkannt. Also nix mit ECM. Aber die Person ist tatsächlich deutlich moderner als man ihr vielleicht zutrauen würde. Und die hier präsentierten, fremden Kompositionen sind es wert mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Kurz vorher wurde noch ein traditionelles Jazzalbum eingespielt. Ich liebe solche Grenzgänger.

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