Antwort auf: Duffy

#11030389  | PERMALINK

nail75

Registriert seit: 16.10.2006

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irrlichtnail, man kann alles hinterfragen und das ist auch in Ordnung so. Es ist auch richtig, dass der Vorwurf von sexueller Gewalt (und Rassismus, Homophobie usw.) dieser Tage Leben und Karrieren beenden kann und ja, es gibt natürlich auch Menschen, die das im vollen Wissen ausnutzen und den Zeitgeist und ihren Twitter-Mob den Rest erledigen lassen. Es ist aber leider genauso wahr, dass ich kaum, ach was, keine Frau kenne, die nicht in irgendeiner Form Übergrifflichkeit bishin zu schwerem Missbrauch erlebt hat.
Eine gesteigerte Sensibilität würde der Gesellschaft daher ungemein gut tun, was man auch hier wieder sieht, selbst wenn es sicher auch bei den vermeintlichen Opfern ein paar schwarze Schafe gibt, die bei derart drastischen Falschaussagen ebenfalls hinter Gitter gehören.

Ich stimme dir absolut zu, aber gleichzeitig bestehe ich darauf, nicht hinter jedem Instagram-Post mit fliegenden Fahnen hinterherzulaufen, sondern auch den kritisch zu prüfen. Wenn ich dann lesen muss wie „Schäm dich!“ muss ich echt lachen. Es ist ja nicht so, dass diejenigen, die mich kritisieren, auch nur ein Jota besser wüssten, was mit Duffy passiert ist.

Ich habe letztens in einem ganz anderen Fall beklagt, dass Menschen superkritisch sind, wenn Politiker oder Medien etwas berichten, aber kritisches Hinterfragen völlig einstellen, wenn jemand etwas bei Facebook oder Instagram postet.

Ein schönes Beispiel ist der Artikel, den du verlinkt hast. Oben habe ich geschrieben, dass man über Duffys Post nur affirmativ berichten kann und genauso ist der Artikel. Dort steht: „Auch Duffy schloss mit ihrem späteren Ich einen Pakt. Nämlich den, erst dann darüber zu sprechen, erst dann wieder zu singen, wenn ihr gebrochenes Herz wieder zusammengewachsen sei. Wenn sie sich wieder okay und sicher fühle. Sich der Öffentlichkeit nicht in ihrer ganzen Verletztheit auszuliefern.“

Das ist kein Journalismus, das ist Scheiße. Wer das geschrieben hat, verfügt über keine Distanz zu seinem Thema. Es kann nicht sein, dass man sich unbelegte Schilderungen so zu eigen macht, ohne sie inhaltlich wenigstens ein wenig zu qualifizieren. Dass die dort aufgezeigten Kommentare ebenfalls unter aller Sau sind, ist natürlich selbstverständlich.

Du erinnerst dich vielleicht noch an die Ryan Adams-Diskussion vor einigen Monaten. Damals habe ich zum Ärger anderer Foris geschrieben, dass Ryan Adams offensichtlich zumindest einen unappetitlichen Umgang mit Frauen pflegt – und vielleicht auch mehr. Es gab nämlich schlicht zu viele Frauen, die glaubwürdig geschildert haben, wie mies er sie behandelt hat. Und mehrere Kategorien obendrüber: Harvey Weinstein, der Frauen seriell sexuell missbraucht oder vergewaltigt hat. Das ist ein Fall, bei dem sich Empörung lohnt.

Ich bleibe dabei, im Gegensatz zu sehr vielen glaubwürdigen, detaillierten, realitätsnahen Schilderungen von Vergewaltigungen oder sexuellem Missbrauch in den oben genannten Fällen, ist mir der Post von Duffy zu unspezifisch, um nicht zu größter Vorsicht im Umgang mit dieser Geschichte zu raten.

zuletzt geändert von nail75

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.