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Ensemble Modern Plays Zappa – Hamburg, Elphi/Großer Saal am 22.02.20 (Dirigent: Jonathan Stockhammer)
Zappas „letzte Band“, das Ensemble Modern, spielte gestern Abend ein furioses Konzert im Großen Saal der Elbphilharmonie. Fast verlor ich zunächst die Fassung, als das Frankfurter Ensemble seinen Auftritt u.a. mit dem Hinweis auf Zappas multikulturelle Wurzeln und sein politisches Engagement den Opfern des Terrors von Hanau widmete; denn es war natürlich klar, dass der Geist gerade eines solchen Abends in einem nur hilflos zur Kenntnis nehmenden eklatanten Widerspruch zur Ungeheuerlichkeit und Perversion menschlicher Handlungsfreiheit stand, die der rechtsradikal verseuchte Massenmörder von Hanau für sich in Anspruch genommen hatte. Schwer zu ertragender Moment im Saal; die Angehörigen der Toten müssen Unerträgliches aushalten. Die Widmung war richtig.
Fast wie der frenetisch bejubelte „G-Spot Tornado“, der uns am Ende der ersten Konzerthälfte in die Pause fegte, eilte Dirigent Jonathan Stockhammer danach im Laufschritt ans Pult, um mit den Musikern ohne für mich ersichtliche Auftaktbewegung in das melodisch einnehmende Doppelstück „Dog/Meat“ hineinzufallen, welches ja auch den Anfang des bekannten „Yellow shark“-Albums markiert. Es fiel mir sofort auf, dass mir die Live-Situation (wie so oft) sowohl die Stärken der Musik als auch des Ensemble Modern spürbar eindrücklicher werden ließ als das Hören des Albums. Das lag in erster Linie an der sicht- und hörbaren Musizierfreude und Qualität der Musiker, andererseits half mir die Sichtbarkeit der Vorgänge auch beim Mitvollzug musikalischer Strukturen, die u.a. im positiven Sinne „anschaulicher“ wurden. Und die Akustik der Elphi tat da hinsichtlich der klanglichen Transparenz noch ihr Übriges. Es war schlicht ein Genuss, wie das Ensemble nun in der ersten Konzerthälfte in mitreißender als auch bestechender Art eine gute halbe Stunde lang Auszüge aus dem „Yellow Shark“ spielte, obwohl sich darin auch ein paar Ideen Zappas befinden, die sich meinem Hörverständnis (noch?) entziehen. Zum großen Teil aber vermittelten sich eine sehr charmante musikalische Freigeistigkeit und lustvolle klangfarbliche Sinnlichkeit. Enthusiasmierter Beifall schon vor der Pause.
Die zweite Konzerthälfte wurde aus Titeln des 2002 posthum eingespielten Albums „Ensemble Modern plays Frank Zappa – Greggery Peccary & other persuasions“ gebildet. Auch hier wurden musikalische Strukturen z.T. durch visuell-inszenatorische Mittel verdeutlicht – etwa beim ersten Stück „What will Rumi do?“, als die Musiker erst nacheinander die Bühne betraten. Sehr opulent das rockige „Night school“, das Zappa auf seinem Grammy-prämierten „Jazz from hell“ (1986) zunächst nur in einer sterilen Synclavier-Einspielung veröffentlichen konnte. Der gestrige Unterschied hinsichtlich der Wirkung war gewaltig. Insofern ist es für mich nur zu nachvollziehbar, als wie befriedigend Zappa die Zusammenarbeit mit dem Ensemble kurz vor seinem Tod noch empfand. Damals arbeitete er schwerkrank bis zur absoluten Erschöpfungsgrenze, konnte die gemeinsamen Konzerte nicht wie geplant durchdirigieren. Es war eine künstlerisch glückliche späte Fügung, nachdem seine Orchesterkooperationen zuvor insgesamt eher durchwachsen verliefen.
Welche Zugabe nach dem abschließenden „Moggio“ gespielt werden würde, war mir bereits im Vorfeld nach Ansicht des Programms klar: Es konnte nur das dort fehlende „Peaches en regalia“ sein, und so kam es auch. Für mich ebenfalls ein besonderer Höhepunkt, das von mir außerordentlich geliebte Stück funktionierte auch oder sogar gerade in diesem Arrangement fantastisch. Stockhammer riss sich dabei theatralisch das Jackett vom Leib – die für mich einzig übertriebene Show-Geste des Abends. Das Publikum reagierte frenetisch, es war ein toller Flow aus vielfältigen Facetten von Zappas eigenartigem Personalstil, auch die Wiederholungen von „G-Spot Tornado“ und „Moggio“ als Zugaben zwei und drei passten.
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