Antwort auf: Jahresrückblick 2019

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largo

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vorgarten
aber ist doch schön, wenn du hier diese leestellen füllst. ich kenne davon tatsächlich nichts, hab gerade ein bisschen quergehört und würde mich zur einschätzung versteigen, dass das alles jazz-grenzfälle sind, was ja überhaupt nicht gegen sie spricht, aber dafür, dass sie einigen leuten hier, die eine bestimmte tradition sehr ernst nehmen, eher nicht begegnen. spiegel online ist da eine schwierige referenz, weil da grundsätzlich nur über jazz für pophörer berichtet wird.

Ich finde es gut, dass Du von „einer bestimmten Tradition“ und nicht DER Tradition gesprochen hast. Ich gehe davon aus, dass hier eine spezielle Ausformung des Jazz gemeint ist, die von Labels wie Blue Note und Impulse von Mitte der 50er bis Ende der 60er etabliert wurde. Das wird (leider) oft als der „wahre“ Jazz gefeiert. Dabei wird aber aus meiner Sicht oft übersehen, dass das bereits sehr weit weg gewesen ist von den Ursprüngen und Anfängen. Wenn irgendein armer Baumwollpflücker um das Jahr 1900 herum eine Aufnahme wie „John Coltrane – Interstellar Space“ gehört hätte, hätte er wohl die Hände über den Kopf zusammengeschlagen und niemals in Betracht gezogen, so etwas als Bestandteil der Tradition anzusehen. Aus damaliger Sicht gab es keinen Entwicklungspfad, der genau auf so einen Endpunkt oder „Idealzustand“ hinführt. Im Rückblick fühlt sich die ganze Entwicklungsgeschichte des Jazz zwar sehr schlüssig an, aber es hätte eben auch alles ganz anders kommen können. Deshalb sind für mich die Veröffentlichungen von Blue Note und Impulse aus den 50er und 60er Jahren auch kein Gradmesser bzw. Richtschnur für irgendwas. Ich schätze dieses Material als historische Leistung, aber meinen Gegenwartskonsum will ich davon nicht determinieren lassen. Das soll jetzt aber kein Plädoyer dafür sein, alles Neue gut finden zu müssen.

Spiegel Online würde ich auch nicht als primäre Informationsquelle für aktuelle Jazz-Veröffentlichungen nutzen, aber die aktuelle Shake Stew wurde dort halt vorgestellt. Ich habe da kein Problem damit, wenn sie auf interessante Releases hinweisen. Könnten gerne häufiger passieren.

gypsy-tail-windAllerdings möchte ich in den Ring werfen, dass der Jazz sich ja nicht nur im Hinblick auf Elektronik, Hipster oder Europa öffnet, dass so etwas, wie Barry Guy es mit seiner Blue Shroud Band pflegt (inklusive Einbezug von Barockmusik) und so manches andere, was oben diskutiert wurde, auch über die Ränder hinausgeht?

War nie meine Absicht, alles aufzuführen, was über die Ränder hinausgeht.

zuletzt geändert von largo

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