Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

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Er hatte nun auch wahrlich Lust, sich in Stein zu meißeln … Benedetti Michelangeli.

Hier noch ein Nachtrag zu Schubert und Ugorskaja:

Die späte B-Dur-Sonate also. Was ist das überhaupt für ein seltsames „Gebilde“?, frage ich mich, je öfter und je älter ich sie höre. Was oder wen spricht sie an in einem? Meinte das Schnabel damit, als er sagte, es sei Musik, die besser ist, als man sie spielen könne? Vielleicht. Es gibt wohl keine Lösung für dieses Rätsel, außer, man lässt das Rätseldenken sein. Dann klafft anderseits das Offene, das Unvollendete. Warum auch nicht.

Beim Hören stolperte ich geradezu über die Sonatenhauptsatzform, nach dem zweiten Satz könnte mindestens diese Sonate aufhören. Schluss, nichts mehr. Es gibt in der Musik wahrlich genug Umkehrungen ins Schweigen, warum hat Schubert sie nicht gewählt? Pseudofragen, gewiss. Irgendetwas muss ihn am Weitermachen gelockt haben – ich weiß, man kann das alles auch aus anderen musikhistorischen Perspektiven analysieren, darum geht es mir gerade aber nicht -, wie im Streichquintett, da kommt im Trio-Teil des Scherzo ein Rausch, der sonst nirgends unterzubringen war, jedenfalls nicht so barbarisch (im Adagio ist er längst angelegt, aber eher wie ein Garten).

Ugorskaja spielt, was sonst, die sog. himmlischen Längen; geschenkt. Die Sonate habe ich jetzt mit ihr schon viermal gehört und immer sagt sie: Pass auf, dort die kleinen Wege, dies Treppchen, stolpere nicht, Vorsicht, es kommt auf die Kleinigkeiten an. Übersehe nichts. Sonst fällst du. Und dann bin ich auch mit dem Mut zur Fröhlichkeit in den beiden Schlusssätzen versöhnt. Ein bisschen. Vielleicht liegt in der seltsamen Fröhlichkeit auch eine andere Verzweiflung.

Eine große Einspielung, die viel zu denken gibt.

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