Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

#10949277  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 67,431

Vorhin aus dem Briefkasten geholt … die Aufführung von „Die tote Stadt“ in Mailand zählt zu den bleibenden Eindrücken des endenden Jahres und eine neue CD mit Orchesterwerken, die zudem noch gute Kritiken kriegt, musste also her. Los geht es mit der dreiviertelstündigen Symphonie in Fis (bewusst ohne Angabe ob Dur oder Moll), die Korngold 1952 vollendet hatte und die bei seiner geplanten Rückkehr nach Europa – aus dem Exil in den USA, wo er während elf Jahren zu einem der bedeutenden Komponisten in Hollywood geworden war – helfen sollte, wieder Fuss zu fassen. Der Plan ging nicht auf, denn die Uraufführung 1954 in Wien war wohl so miserabel geprobt, dass das Werk durchfiel – vom damaligen Zeitgeist zu schweigen, der Serielles und Atonalität wollte. Kempe fand 1972 einen Stimmensatz in den Archiven der Münchner Philharmoniker und nahm sich des Werks erneut an – aber Korngold war da längst tot, im November 1957 an einer Herzattacke in Los Angeles gestorben. Die Rückkehr nach Europa und zum Erfolg mit ernster Musik war ihm leider erst posthum vergönnt. Das Violinkonzert (Heifetz hat es schon 1953 aufgenommen, der kriegte ja durchaus mit, was in Hollywood – in seiner Nachbarschaft also – lief, die berühmteste Aufnahme dürfte die von Itzhak Perlman aus dem Jahr 1980 sein) und ein mir noch unbekanntes Cellokonzert stammen ebenfalls aus diesen Jahren, die sich als Korngolds letzte herausstellen sollten. Auch die beiden kurzen Orchesterwerke, die auf der CD noch zu finden sind, Thema und Variatonen Op. 42 sowie die mit keiner Opusnummer versehene „Straussiana“, sein letztes vollendetes Werk, stammen aus der Zeit. Beide wurden für Schulorchester geschrieben, haben aber inzwischen Eingang ins Repertoire einiger Orchester gefunden (es ist ja nicht so, dass man Korngolds Musik regelmässig zu hören kriegte, „Die tote Stadt“ mit ihrem Erfolgszug der letzten Jahre ist da nach wie vor eine Ausnahme – immerhin).

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #153: Enja Records - Entdeckungen – 11.06., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba