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Anonym
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herr-rossi
<b>Kyary Pamyu Pamyu – Nanda Collection</b> 1. Nanda Collection 2. Ninjya Re Bang Bang 3. Kimi ni 100 Percent 4. Super Scooter Happy 5. Invader Invader 6. Mi 7. Fashion Monster 8. Saigo no Ice Cream 9. Noriko to Norio 10. Furisodeshon 11. Kura Kura 12. Otona na Kodomo Als <i>„the most exciting person making music and the new artist I care more than anyone about</i>“ bezeichnet Duncan Cooper von The Fader Kyary Pamyu Pamyu und ich pflichte ihm gerne bei, tue mich allerdings schwer, die Japanerin und ihr fantastisches zweites Album „Nanda Collection“ hier zu würdigen und schiebe diesen Thread schon seit Wochen vor mir her. Die Gründe sind mannigfaltig und die sprachliche Barriere – trotz einiger englischer Titel sind alle Songs in japanischer Sprache – ist wohl noch das geringste Problem. Flüchtige Blicke auf Kyarys Clips und Fotos lassen Kinderprogramm assoziieren und ihre Heliumstimme trennt Freund und Feind ebenso zielsicher wie das zum Teil atemberaubende Tempo der Tracks. Wer gerne 30 Sekunden in Musik reinhört, um dann ein vernichtendes Urteil zu fällen, für den ist Kyary leichte Beute. Aber wer sich darauf einlässt, wer genauer hinschaut und -hört, mag erkennen, dass Kyary die japanische Version eines durchdachten Art Pop im Sinne der Pet Shop Boys und Lady Gagas ist (vorausgesetzt natürlich, er verbindet mit dieser Vorstellung etwas Erfreuliches). Nichts hieran ist Trash und auch mit Novelty Hits wie „Gangnam Style“ hat Kyary wirklich nichts gemein. Ihre Musik und Clips sind vielmehr das verschwenderischste und detailverliebteste Vergnügen, das man im Pop derzeit finden kann. In Japan hatte sie sechs Top 5-Hits binnen eines Jahres, doch anders als andere J-Pop-Stars hat sie auch schon zumindest in den USA und Frankreich eine eingeschworene Anhängerschaft. Und angesichts des wachsenden Erfolges gibt es bereits erste Fan-Aussagen, dass sie „früher besser war“ … Ein Schlüsselbegriff zum besseren Verständnis Kyarys ist <i>kawaii</i> – das japanische Wort für „niedlich“. Niedlichkeit ist in der westlichen Welt keine besonders hoch angesehene Qualität, in Japan ist sie aber inzwischen der Schlüsselbegriff der Popkultur. Dazu einige erläuternde Worte von Kyary selbst in der Japan Times: „<i>As someone living and breathing kawaii culture and music, and whose style grew out of walking the streets of Harajuku</i> [Anm.: Stadtteil von Tokio]<i>, I just want to reveal that culture to the world. (…) I like the mix between the conventionally cute and the dark (…) Kawaii can have a dark side.</i>“ Kyarys Kunst erschöpft sich aber nicht in Niedlichkeit, sondern hat immer auch etwas Irritierendes – sie ist nicht <i>Bibi Blocksberg</i>, sondern <i>Alice in Wonderland</i>. Der visuelle Aspekt ist in Kyarys Werk wesentlich und analog zum „House Of Gaga“ ihres großen Vorbildes arbeitet die 20-jährige Ex-Modebloggerin mit einem „Team Kyary“, das ihre wunderlichen Welten erschafft. Doch sprechen wir zunächst von der Musik – <i>written, played, arranged, produced, recorded, mixed, mastered</i> von Yasutaka Nakata, der zunächst mit Capsule und Perfume „westlichen“ Electro-Pop produzierte, der auch aus Schweden stammen könnte (mal von der Sprache abgesehen). Mit Kyary hat er nun seine France Gall gefunden, ein bezauberndes und gewitztes Wesen, das auch seltsame Klänge spielerisch und unschuldig klingen lässt. Ein Teil der Tracks auf „Nanda Collection“ sind beschwingter Lounge Pop, der an Pizzicato 5 und Swing Out Sister erinnert, allerdings nicht auf 60s-Retro-Ästhetik setzt. Tracks wie „Super Scooter Happy“, „Furisodeshon“ und „Otona Na Kodomo“ sind gleichwohl Genre-Klassiker, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Doch „Nanda Collection“ ist noch mehr, wie bereits das gleichnamige Intro andeutet, und fordert den Hörer auf Tracks wie „Kura Kura“ und der Beaker-Hommage „Me“ mit einer selten gehörten Kesselpaukerei und Tröterei heraus, einer Art globalisierter Zirkusmusik – <i>uneasy listening</i>, aber ein großer Spaß. Das unglaubliche „Invader Invader“ beschleunigt frühe B 52s auf 200 bpm, um sie auf Dubstep-Interludes prallen zu lassen. Der Song verlässt den Gehörgang auf Wochen nicht mehr, ähnlich wie die trommelwirbelnde Hymne „Fashion Monster“, zu der man wunderbar Gitarren zerstören kann. Nach dem ersten Hören des gesamten Albums ist man erschlagen, ab dem zweiten Hören glücklich. Ehrlich! Leider – und damit ist ein weiteres Hindernis zu nennen – ist das Album hierzulande zwar bei den Download- und Streamingdiensten verfügbar, die CD aber nur als teurer Import erhältlich. Und mit einer LP ist nicht zu rechnen – dabei wäre eine Vinyl-Ausgabe doch wirklich <i>kawaii</i> … Außergewöhnlich sind Kyarys Clips. Sie sind stets deutlich als Studio-Inszenierungen erkennbar und mit unglaublicher Detailverliebtheit ausgestattet. Als Einstiegsdroge mag „Furisodeshon“ wirken mit seiner ebenso strengen wie zugleich spielerischen Komposition aus weiß, rot, schwarz und graphischen Elementen, in der sich Kyary mit ihren wie stets maskierten Tänzerinnen in einen Rausch trinkt und tanzt. Das irritierende Element ist hier das adult monster, in dem Kyary sich selbst erkennt. Überraschend ist die spielerische Verwendung von eigentlich bedeutungsschwerer westlicher Symbolik – die Abendmahlszene und der Apfel der Versuchung werden hier wie Elemente aus Grimms Märchen und Disneyfilme rezipiert. http://www.youtube.com/watch?v=9Y6H-YjsE9Q Furisodeshon Und hier der Clip zu Invader Invader Dies nur als Beispiele, wer mag, wird die übrigen Kyara-Clips selbst finden … Schließlich noch eine ausführliche Besprechung: The Needle Drop
Hiermit beende ich mein Plädoyer …
Viel zu schön um in irgendeinem Thread von 2013 zu schmoren. Neulich in der Arbeit während der Mittagspause entdeckt – wollte ich unbedingt hier verewigt haben. Danke @herr-rossi für diesen schönen, fast epischen Post, der ziemlich genau ein Monat älter ist als mein Account. Und um gleich anzuknüpfen: Wie ist es seither weitergegangen mit dir und Kyary/Kyarii?
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