Antwort auf: Gipettos Rezi-Kiste

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gipetto
Funk 'n' Punk

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Saba Lou – Novum Ovum (2019)

Saba Lou Khan wurde im Jahr 2000 als Tochter der lebenden Garage-R&B-Legende King Khan geboren und wuchs in Berlin-Neukölln auf. Bereits ab einem zarten Alter von sechs Jahren nahm sie zusammen mit ihrem Vater regelmäßig dessen Studio in Beschlag, wobei die Ergebnisse sogar teilweise als Singleveröffentlichungen in die Öffentlichkeit gelangten. Heute ist Saba Lou 19 Jahre alt und veröffentlichte vor wenigen Tagen ihre zweite Langspielplatte. Während das jugendlich-verträumte Debüt Planet Enigma von 2017 noch ein nahezu reines Singer-Songwriter-Album mit psychedelischen Einflüssen im LoFi-Gewand darstellte, suchte Saba Lou für Novum Ovum das Studio hingegen mit einer kompletten Band auf. Das war nicht selbstverständlich, denn ursprünglich sollten auch die neuen Songs nur rudimentär auf der Gitarre begleitet ihren Weg auf die Bänder finden. Diese Idee wurde kurzfristig verworfen und den Stücken ein neues Arrangement verpasst.

Und was da nun final aus den Rillen erklingt, weckte erste Assoziationen mit Holly Golightly und Nick Waterhouse, versehen mit einer Prise Detroit Cobras. Genauer hingehört sind diese Vergleiche jedoch nicht zielführend. In erster Linie liegt hier eine wunderbare Pop-Platte vor, die ihre Kraft aus einer psychedelisch abgeschmeckten Melange aus Garage, Soul und R&B zieht, dabei aber auch nicht vor Reggae- oder Jazzeinschlägen zurückschreckt. Hervorzuheben sind dabei die akzentuierte und facettenreiche Gitarrenarbeit von Oska Wald sowie die tragenden Bassläufe, die jedoch nicht von einem Viersaiter stammen, sondern eher untypisch als Synth-Bass via Keyboard erzeugt wurden. Über allem thront Saba Lous Stimme, die vom glasklaren Soul bis hin zu griffigen Ausbrüchen ein erstaunlich breites Spektrum abdeckt. Sie singt von Liebe, Hoffnung und Romantik, von Selbstzweifeln, kontrastiert Glamour und Dreck oder versetzt sich in die Rolle einer trächtigen Walkuh hinein. Der Titeltrack wurde inspiriert durch einen schmerzhaften Eispung, der die Künsterlerin während eines Konzertes auf der Bühne ereilte.

Anspieltipps zu nennen fällt an dieser Stelle schwer, da Novum Ovum einerseits sehr in sich geschlossen und andererseits stilistisch doch so breit gefächert ausfällt. Nahezu alle Tracks wollen gehört werden, sei es der zurückgelehnte Opener Primrose Diner, das dynamisch zwischen Garage und Soul pendelnde Penny Roll, das mit Surfeinflüssen gespickte Violet, das jazzig-bluesige Cherie Sherabou oder das mit Walgesängen ausklingende Humpback In Time. Mein persönliches Highlight wäre jedoch, müsste ich mich festlegen, das psychedelisch-verträumt treibende Silver Pill.

Und so dreht sich gerade eine Platte auf dem Teller, die mir völlig unverhofft per Zufall in die Hände fiel und während der vergangenen Tage daheim auf Dauerrotation gespielt enorm viel Freude bereitete. Ein Album mit tollen Songs und stimmigen Arrangements, eingespielt von guten Musikern und einer jungen passionierten Sängerin. Ziemlich großartiger Stoff, der da so herrlich unprätentiös in Szene gesetzt wurde.

 

bandcamp

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"Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop)