Antwort auf: 2019: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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dietmar_

Registriert seit: 29.10.2013

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Ein paar Anknüpfungen:

Tag 1:

IDRIS ACKAMOOR & THE PYRAMID **1/2

Meine Frau fing schon auf dem Weg zum Zelt an zu tanzen, auch das ein Grund weswegen wir das Festival von ganz hinten starteten. Ich saß in der letzten Reihe, sie höbbelte hinten mit im Rhythmus der gebotenen Musik. Aber sie hörte auch recht schnell wieder auf, was ich sicher nicht gleich bemerkte. Aber das ist zumindest Indiz für die gebotene Musik.

Als Opener für das Festival hielt ich Ackamoor/Pyramids auch geeignet, aber sehe es nicht so ganz positiv wie du. Tatsächlich ging mir sein Gesang, meist zusammen mit der Violonistin Sandra Poindexter, auf die Nerven. Ackamoor kann nicht singen! Deshalb scheint meine Wertung ungerecht, denn sein Instrumentenspiel war schon schön und die Band hatte auch gute Momente.

Dieses Bamboophone habe ich komplett übersehen. Wahrscheinlich war ich auf der Toilette? Oder holte Bier? ;)

DAVID MURRAY QUARTET ft. SAUL WILIAMS *****

Für mich begann hiermit das Festival. Aber wie! Tolle Band, Murray war tatsächlich in großartiger Form. Dein „holy shit!“ beschreibt es wirklich am treffendsten. Und Williams ein cooler Hund mit arroganter, trotzdem wohltuender Attitüde.
Dieser Auftritt wird mir immer in Erinnerung bleiben.

AMBROSE AKINMUSIRE ‚ORIGAMI HARVEST‘ ****

Tatsächlich komme ich mit dem Studioalbum besser zurecht. Ich weiß noch, dass ich bei den ersten Hördurchgängen des Albums das Gebotene als überraschend homogen einstufte. Diesen Eindruck hatte ich in Middelheim nicht wirklich. Ich kann aber nicht sagen, woran das gelegen haben mag? Auch hier gab es ein anderes Line-up …
Ich tue mich immer schwer (klassisch geschulte) Streicher in einen „Jazz“kontext zu akzeptieren. Bei Origami Harvest haben sie eine ganz eigene dominante Stimme, sind nicht Ausschmückung oder Hintergrund.
Ich bin mir ebenfalls sicher, dass nur wenige Menschen im Publikum diese Musik vorher kannten, trotzdem war dessen Disziplin recht gut – nur wenige wanderten ab.

PHAROAH SANDERS QUARTET ****

Meine Einschätzung ist hier sicher subjektiv gefärbt. Die Freude Pharoah in concert zu sehen, gibt sicher einen halben Stern mehr. ;)
Von dem kraftvollen Saxophonisten vergangener Jahrzehnte ist nicht mehr so viel zu erahnen. Wahrscheinlich blieb mir deswegen anfangs der Mund offen stehen? Ich schrieb schon, dass ich ein wenig geschockt war. Der Schock wandelte sich kurz darauf in Traurigkeit, die wiederum verflog aber während des Gigs und ich konnte mich über das Hier Und Jetzt freuen, freuen, dass Sanders so ergreifend spielte, noch unter uns weilt und mich empfängt.

Am nächsten Tag, während der Auftritte von Charles Lloyd und Enrico Rava, wurde mir bewusst, dass beide, obwohl älter (81 bzw. so gut wie 80 Jahre alt) als Sanders, deutlich fitter wirkten. Zen Meditation und Rotwein vermute ich? ;)

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Tag 2:

KENNY WERNER QUARTET ***1/2

Ich glaube, bei diesem Konzert habe ich recht bald meinen Fokus auf Liebman gelegt. Wenn ich den Auftritt noch einmal verinnerliche, habe ich nie einen richtigen Zugang zum Gebotenen gefunden. Werner war sicherlich nicht der beste Pianist des Festivals (auch wenn ich Cryspel außen vor lasse, weil ich sie am letzten Tag verpasst habe). Liebman spielte toll, er spielt wahrscheinlich immer toll. Aber man hätte ihn wahrscheinlich auch alleine auf Antwerpens Grote Markt stellen können und ich hätte ebenso empfunden. So gesehen der positive „Fremdkörper“ des Auftritts? Deine Einschätzung, dass das kühl rüberkam, stimmt wohl. Der negative Fremdkörper in Person von Vivienne Aerts wurde dem Publikum glücklicherweise nur kurz präsentiert. Dieses Intermezzo stellte für mich das größte musikalische Ärgernis des Festivals dar.

CHARLES LLOYD ‚KINDRED SPIRITS‘ *****

Mir fällt jetzt ein, dass sich bei mir sehr schnell ein Gefühl von Sympathie einstellte. Dabei war ich im Vorfeld sehr pessimistisch eingestellt, was den Auftritt von Charles Lloyd betraf. Wie schon gesagt, der positiv überraschendste Auftritt des Festivals. Von einem „nun ja“ zum Fan – dafür kann es noch nicht reichen, denn ich kenne kaum etwas von Lloyds Musik. Aber ein Anfang ist gemacht und ich werde seine Musik in Zukunft aufmerksamer in Betracht ziehen. Vielleicht liegt meine bisherige Zurückhaltung zu seiner Musik am „kompositorisch Unprägnanten“?

Die Band hätte bestimmt auch ohne Gitarre funktioniert. Aber ich mochte Marvin Sewells Spiel sehr gerne und auch die ein, zwei Blues-Soli waren meins. Dazu passt vielleicht noch die Aussage meiner Frau, Penthe, während des Auftritts, dass sie endlich einmal mit einer Gitarre [im Jazz] keine Probleme habe, dass sie dessen Spiel mag.

Ja, auch ich denke, dass Rogers/Harland die beste Rhythmusgruppe des Festivals waren.

RAVA SPECIAL EDTION 80th BIRTHDAY ****

Enrico Rava live sehen zu können, hat mich schon sehr gefreut, obwohl ich gewisse Bedenken bezüglich seiner „Geburtstagsparty“ hatte, die sich aber sofort zerstoben – es gibt noch nicht einmal ein Album zum Motto! ;) Oder? Ich weiß noch nicht einmal, was das aktuelle Rava-Album ist?

Dir hat der Gitarrist Francesco Diodati gefallen. Ich konnte mit seinem langen Solo nicht wirklich etwas anfangen, es verstörte mich ein wenig. Sehr brutal empfand ich das. Aber wir blieben. ;) So einfach sind wir nicht aus einem Konzertsaal zu vertreiben!

Rava/Asterix: *gacker* Ja, eine gute Idee. Gute Beobachtung! ;)

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