Antwort auf: 2019: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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Jazzfestival Middelheim – Donnerstag, 15.8. (Tag 1)

Dietmar hat ja schon etwas von der Stimmung am Middelheim Jazzfestival in Antwerpen wiedergegeben, ich fand es alles in allem ganz gut, wenn das Programm halbwegs ansprechend ist auf jeden Fall einen Besuch wert! Für mich war Akinmusire als artist in residence wohl der Hauptanziehungspunkt, aber auch Enrico Rava, Joe Lovano, Charles Lloyd und ein paar der Sidemen (Marilyn Crispell mit Lovano vor allem) schätze ich sehr. Dass bei Kenny Werner auch Dave Liebman mitspielen würde, den ich noch nie live hörte (Werner auch nicht), war ein Pluspunkt, und auf Eric Legnini war ich ebenfalls sehr gespannt.

Bei weiteren Mitwirkenden – Idris Ackamoor, Pharoah Sanders, Philip Catherine – war mir nicht klar, wie das werden würde (bei Lovano auch nicht, zumal ich mir das Trio – es gibt eine ECM-CD, die ich nie kaufen mochte – schon auf dem Papier nicht einleuchten wollte, und leider nach dem Konzert auch nicht).

David Murray wiederzuhören war natürlich ebenfalls eine schöne Aussicht, aber das war dann halt auch schon das dritte Mal, dass ich ihn mit Saul Williams hören würde – dass das Line-Up des Quartetts allerdings völlig umgebaut worden ist, war mir nicht klar, und dass dann Hamid Drake am Schlagzeug sitzt war super, obendrein wurde das von den drei Sets mit Abstand das beste, aber das wusste ich natürlich im Voraus nicht. Murray und Williams eröffneten letztes Jahr das Météo Music Festival in Mulhouse, das bei redbeans und mir auch wieder als Destination zur Debatte stand, aber insgesamt weniger verlockend schien (auch etwas umgebaut wurde, was die Programmstruktur betrifft, und soweit ich es aufgrund von drei besuchten Festivals sagen kann, für meinen Geschmack nicht zum Besseren).

Obendrein gab mir die Fahrt nach Antwerpen auch die Möglichkeit, davor die Gastfreundschaft von redbeans zu geniessen und mit ihm ein paar Tage zu verbringen, inklusive Fahrten nach Rotterdam, Delft/Den Haag und Utrecht. Wir haben verdammt viel angeschaut (in Rotterdam an einem sehr langen Tag die Van Nelle Fabrik, die im Kombi mit dem Chabot-Museum und dem Haus Sonneveld (Bauhaus/De Stijl Nr. 1) sicher zu den Highlights gehörten, in Haag fuhren wir noch raus bis nach Scheveningen und guckten und danach die sehr eindrückliche Gemäldesammlung im Mauritshuis an, in Utrecht besuchten wir das Rietveld-Schröder-Haus (Bauhaus/De Stijl Nr. 2), und in Tilburg gab es im Textilmuseum auch noch eine kleine Schau über einige v.a. niederländische Vertreterinnen der Textilabteilung des Bauhaus (Nr. 3).

Auch Antwerpen hat einiges zu bieten. Neben dem sehr sehenswerten Rubenshaus besuchten wir das Plantin Moretus-Museum, eine der wichtigsten Druckereien der frühen Neuzeit, und im Gegensatz zu den mehr oder weniger leergefegten Räumen der tollen Van Nelle Fabrik, wo man von den Produktionsabläufen usw. keine Vorstellung mehr bekommt, sind da die Druckerpressen, die Lettern usw. noch zu sehen – und im grossen Aufenthaltsraum/Wohnzimmer hängen nochmal ein knappes rasch ein knappes Dutzend Portraits, die Rubens von der Familie der Drucker gemacht hat (und nebenan auch noch ein grossartiges Portrait des sterbenden Seneca). Der grosse Gang durch die Innenstadt und daraus hinaus in das sich im raschen Wandel befindliche einstige Hafenviertel. An dessen nördlichsten Ende steht man dann recht unvermittelt vor dem tollen Gebäude, das Zaha Hadid dort gebaut hat (bzw. genauer: ein bestehendes ergänzt/erweitert hat).

15:30 – IDRIS ACKAMOOR & THE PYRAMIDS
Idris Ackamoor (ts, as, g-synth, bamboophone, perc, voc), Sandra Poindexter (v, perc, voc), Bobby Cobb (g, voc), Gary Brown (b, elb, voc), George Hearst (d, perc, voc), Ernesto Marichales (cga, perc, voc)
* * *1/2

Los ging es mit einem der Wackel-Sets, das sich aber für mein Empfinden als der perfekte Festival-Opener entpuppen sollte. Idris Ackamoor hat in den frühen Siebzigern drei grossartige Alben aufgenommen, die Band damals nannte er auch schon The Pyramids, und die erlebten so einiges zusammen. Sie beantragten 1972 ein Stipendium beim Antioch Abroad Program, und mit der einzigen Bedingung, einen Intensivkurs in Französisch zu belegen, ging es bald los, mit einem Ticket, das ihnen erlaubte, um die Welt zu fliegen. Den Französisch-Kurs besuchten sie in Besançon, in Frankreich entstanden The Pyramids. Den ersten Drummer trafen sie in Paris, wo sie auf dem Weg nach Amsterdam Halt machten (Donald Robinson, damals wohl erst 17), VPRO machte dann auch schon Aufnahmen der Gruppe, und im Hebst ging es dann weiter via Malaga nach Tangier und dann nach Accra, wo sie ihre Zelte aufschlugen, aber auch zu weiteren Reisen aufbrachen. Nach ein paar Monaten in Ostafrika ging es nach Kenya in den Westen, man spielte mit lokalen Musikern, machte Field Recordings usw. Nein Monate dauerte der Trip, und dann trafen die Pyramids wieder daheim in Ohio ein und begannen, die ganzen Erlebnisse und Erfahrungen zu verarbeiten. Die Band wurde erweitert und nahm 1973 das erste Studio-Album „Lalibela“ auf. Es folgten „King of Kings“ und schliesslich nach dem Umzug in die Bay Area bei San Francisco „Birth/Speed/Merging“. Diese drei LPs habe ich dank Musikblogs vor Jahren entdeckte, kaufte damals die tolle Compilation „Music of Idris Ackamoor 1971-2004“ (em records, 2 CD, 2006), und später als die LPs bei Ikef neu aufgelegt wurden, auch diese … grossartiger Stoff, alles! Von den Alben aus der jüngeren Zeit habe ich „We Be All Africans“ gekauft, das ist aber für mich keine Musik für zuhause – doch live funktionierte das alles prächtig, und gerade der Titeltrack dieses vorletzten Albums war eins der Highlights. Ackamoor und die Band kamen singend und trommelnd auf die Bühne, das Ding, das Ackamoor (Foto ganz oben) blies, war wohl das „Bamboophone“ (wenn man das googelt, kriegt man Bambus- oder Bambus-Look-Hüllen für Smartphones präsentiert, idiotische Zeit, die unsrige), das er gemäss der erwähnten Compilation auch schon in den frühen Siebzigern spielte (die Compilation lohnt wegen der Liner Notes, auf die ich mich oben stütze, aber auch wegen diverser rarer Tracks, die nicht auf den drei grossen Alben der Pyramids zu finden sind). Also: ein rundum glücklichmachender Start, fand ich! Und es sollte noch besser werden …

17:30 – DAVID MURRAY QUARTET FT. SAUL WILIAMS
David Murray (ts), David Bryant (p), Rashaan Carter (b), Hamid Drake (d), Saul Williams (voc)
* * * * *

Das zweite Set gehörte dann David Murray – der tauchte gegen Ende des Ackamoor-Sets in der ersten Reihe auf und filmte den Schluss mit seinem Smartphone. Betriebsspionage wohl – ich vermute er und seine Mannen hielten dann hinter der Bühne noch eine Art Haka-Ritual ab: denen zeigen wir es! Let’s separate the men from the boys – und das taten sie denn auch – holy shit! Die Band war vom ersten Beat an total fokussiert, beim jungen, mir bisher nicht bekannten Bassisten Rahsaan Carter nahm das fast schon beängstigende Züge an, er blickte starr ins Leere, ganz in die Musik abgetaucht. Hamid Drake am Schlagzeug sorgte für den passenden Groove, natürlich mit den Reggae-Untertönen, die sein Spiel so besonders machen, David Bryant am Klavier (auch er ist mir sonst nicht wirklich bekannt, spielt aber auf Pi-Alben von Henry Threadgill oder Steve Coleman, von denen ich ersteres auch tatsächlich schon angehört habe; im Tapscott-Umfeld gibt es übrigens einen Namensvetter, der aber Bass spielte, der deutsche Wiki-Eintrag zum Bassist ist kaputt und verlinkt die Pi-Portrait-Seite des Pianisten) war ebenfalls phantastisch, ich dachte manchmal kurz an Don Pullen, den ich leider nie live hören konnte – überhaupt wäre das Pullen/Adams-Quartett hier eine Referenz, wenigstens wenn Murray so verdammt gut drauf ist und so beherzt spielt. Seine Wurzeln bei Ben Webster waren auch immer wieder da, aber er spielte von Beginn an wie befreit auf, liess sein Saxophon schreien und heulen und kreischen, die Linien tanzten, die Riffs kletterten hoch und stürzten wie ein Wasserfall über das Publikum. Daneben Saul Williams, die gleiche coole Socke wie immer, mit einer Mischung aus Lässigkeit und Engagement, die ziemlich eigen ist und auf der Bühne gut rüberkommt (vielleicht etwas arrogant scheint, aber was soll’s, der Typ ist ja auch echt gut).

19:30 – AMBROSE AKINMUSIRE ‚ORIGAMI HARVEST‘
Ambrose Akinmusire (t), Kokayi [Carl Walker] (voc), Sam Harris (p, elp), Kendrick Scott (d) + Mivos String Quartet: Maya Bennardo (v), Olivia de Prato (v), Victor Lowrie (vla), Tyler Borden (vc)
* * * * *

Wie auf ein derart „geladenes“ Set folgen? Die Antwort liess nicht lange auf sich warten und begann gleich wieder mit einem Knall. Akinmusire und seine Band – am Klavier Sam Harris, der kürzlich auch eine feine Trio-EP („Harmony“, nur DL via Bandcamp – sehr zu empfehlen!) vorgelegt hat, und der auch Teil des Akinmusire Quartet ist, der regulären Live-Band des jungen Trompeters – legten gleich wieder mit höchster Intensität los. Und: bei beiden Bands stimmte das auch vollkommen, keinen Augenblick wirkte die Intensität aufgesetzt oder unorganisch, wie das bei Jazz in etwas freieren Spielarten vorkommt (da bin ich wohl recht empfindlich – wenn jemand z.B. ein Saxophonsolo mit hübscher Begleitung spielt und immer wilder wird, ohne dass irgendwas „passiert“, weder im Solo noch in der Band noch im Publikum … tja, dann denke ich manchmal so böse Dinge wie – so sagt man wohl heute – Fake-Jazz). Ob sich Akinmusires Blue Note-Album „Origami Harvest“ (mit anderer Besetzung am Schlagzeug und vor allem einem anderen Rapper) im Live-Kontext umsetzen lassen würde, daran hatte ich grosse Zweifel, doch die waren nach wenigen Minuten zerstreut. Die Texturen (Harris sorgte in der Regel für Bass-Riffs), die Vielschichtigkeit dieser Musik, die explosive Performance des Leaders, der Drummer, der seinen Hip Hop-Breaks draus hat, das Streichquartett, dessen Klang immer wieder ins Gewebe eindrang und dieses verdichtete – grossartig! Von Kokayi verstand man leider – im Gegensatz zu Williams, wo es zwischendurch recht gut ging – wenig, dass es sich hier um eine zornige Suite zum Thema rassistische Polizeigewalt in den USA handelt, wurde denn auch nicht deutlich – und ich glaube irgendwie nicht, dass im Publikum allzu viele Leute sassen, die das Album kannten.

Zum Publikum noch ein Wort: im Gegensatz zum Météo, das zum jährlichen Zirkus der alteingesessenen Festival-Gänger mit Hang zum Free Jazz gehört (Moers und so, die sind dann auch alle ergraut oder verglatzt und seit wenigstens den späten 70ern unterwegs), schienen die allermeisten Leute in Antwerpen aus der Region zu stammen, die Grösse (da hätten wohl 2500 oder 3000 Leute Platz, voll war das Zelt nie, vor allem der stets fast völlig leere, abgesperrte „V.I.P.“-Bereich (ca. Reihen 8-15 in der Mitte der Halle) war diesbezüglich ein echtes Ärger- oder Verwundernis. Rund um das grosse Zelt gab es Buden, bei denen verschiedene Snacks und Bier angeboten wurde (das Duvel trank man natürlich aus Plastic-Kelchen in der originalen Form der Gläser, die sich wenn voll und kalt auch fast wie das echte Ding anfühlten), viele Leute stellten auch Stühle auf die Wiese und hörten von dort zu (wenn es zwischendurch regnete, war das eher nicht so gemütlich), aber auch im hintersten Viertel der Halle gab es Stehtische und viel Raum, man brauchte sich also nicht in die überaus eng bestuhlten Reihen zu setzen, wenn man nicht wollte (meinen Fotos ist aber anzusehen, dass wir fast immer so in der vierten bis sechsten Reihe etwas mehr oder weniger links der Mitte sassen).

PS: Dass ich Saul Williams und das Mivos Quartet beim Lucerne Festival, das direkt nach Middelheim begann, verpasst habe, bedauere ich bereits sehr, es wurden u.a. Werke des Composer in Residence Thomas Kessler aufgeführt, die ordentlich radikal klangen, wenn den Beschreibungen der NZZ, die über das Festival regelmässig berichtet, zu glauben ist!

Neben dem grossen Zelt steht eine kleinere Bühne, auf der quasi Pausenkonzerte laufen, 35/40 Minuten lang (die Hauptsets dauerten in der Regel ca. 75 Minuten, das letzte jeweils 90, am Samstag dauerten die Hauptsets auch nur 60 Minuten, aber Akinmusire überzog ziemlich, doch dazu unten).

Die meisten Abende kuratierte ein Musiker – und einmal der rare Fall einer Musikerin – das Programm der Nebenbühne. Am ersten Abend war dies der Bassist Reggie Washington, wir hörten uns den grösseren Teil des dritten Sets an, für das Akinmusire und Kokayi direkt nach ihrem Set nochmal auftreten sollten, doch bis es so weit war, waren wir schon wieder auf unseren Plätzen im grossen Zelt (im Gegensatz zu Dietmar).

Vom ersten Set – Reggie Washington & Fabrice Alleman “Music of John Coltrane & Wayne Shorter” (Reggie Washington-b, Fabrice Alleman-ss/ts) hörten wir aus der Ferne ein wenig was, vom zweiten (Reggie Washington Trio: Reggie Washington-b, Fabrice Alleman-ss/ts, E.J. Strickland-d) dann gar nichts, das dritte hiess „Vintage New Acoustic“ (Reggie Washington-b, Fabrice Alleman-ss/ts), E.J. Strickland-d, Bobby Sparks-keys) und war ganz nett, aber auch nicht viel mehr … Alleman (ein Belgier aus Mons und also ein Local Hero) schien mir recht belanglos, hübsch sicher, aber das waren ziemlich blutleere Shorter-Interpretationen, die da über die Wiese wehten. Schade eigentlich, denn Washington hätte ich durchaus gerne mal in einem etwas konzentrierteren Rahmen gehört (bei diesen Konzerten im kleinen Zelt war ein Kommen und Gehen, zu dem wir auch beitrugen). Es gab im kleinen Zelt auch noch ein Late-Set, nach dem letzten grossen Konzert, doch wir hatten da jeweils schon so viel Musik gehört und gingen lieber auf den Bus, um „daheim“ in Ruhe noch ein Bier zu trinken und über die gehörten Konzerte zu reden. Das Late-Set von Washington war „Rainbow Shadow“+ Special Guest Bobby Sparks“ (Reggie Washington-b, Bobby Sparks-keys, Jozef Dumoulin-keys, Patrick Dorcéan-d, DJ Grazzhoppa).

21:30 – PHAROAH SANDERS QUARTET
Pharoah Sanders (ts, voc), Benito Gonzalez (p), Oli Hayhurst (b), Gene Calderazzo (d)
* * *

Doch das war noch nicht alles, nach dem Abstecher ins kleine Zelt ging es für Pharoah Sanders zurück ins grosse. Da hatte ich nun tatsächlich die schlimmsten Befürchtungen, doch die wurden zum Glück überhaupt nicht bestätigt. Klar, Sanders mag nicht mehr richtig, sein Ton ist viel dünner als früher und das Mikro wohl ordentlich aufgedreht … und ohne die Band wäre das nichts geworden. Das Trio hatte es jedoch in sich. Hayhurst guckt ein wenig nach dem gebrechlichen Herrn vorn und war auch sowas wie das Epizentrum der Gruppe. Calderazzo (der Bruder des aus dem Marsalis-Umfeld usw. bekannteren Pianisten Joey Calderazzo) war super, Benito Gonzalez am Klavier war vollkommen bekloppt. Der Mann schien phasenweise den Flügel zerlegen zu wollen (der wurde auch bestimmt jeweils vor dem ersten Konzert wieder neu gestimmt, sonst wäre er nach diesem Set wohl kam noch anhörbar gewesen). Mit einer unglaublichen Virtuosität griff der Mann in die Tasten und so wurde aus diesem völlig unspirituellen Set („The Creator Has a Masterplan“ hin oder her) eine Art Post-Spiritual-Jazz-Set, das einem zeitweise fast den Atem raubte. Nach einer knappen Dreiviertelstunde wäre der perfekte Moment dagewesen, um das Set gut zu schliessen, doch das ging nicht, denn 90 Minuten waren angekündigt … Sanders, der zwischenzeitlich aufgestanden war, setzte sich wieder, griff sich mühsam das Mikrophon, sagte die Band an, sang ein wenig (das tut er ja schon seit den 70ern, aber inzwischen ist es wohl wirklich das Alte-Männer-Engergiespaar-Ding), fummelte dann mühsam mit dem Mikrophon herum und machte quasi eine kleine sitzende Stand-Up-Performance daraus, das Ding wieder in den Ständen eingefädelt zu kriegen – was denn auch fast interessanter war, als dem Trio zu lauschen, das ungebremst weiterdonnerte, Bass-Ostinati, Tyner-Block-Akkorde, brechende Schlagzeugwellen … aber gut, irgendwann spielte Sanders dann wieder, und nach einer Stunde oder so intonierte er plötzlich das Thema von „Giant Steps“ – ich hielt die Luft an, in der Hoffnung, dass der alte Herr das hinkriegt – und siehe da, das tat er zwar mit dünnem Ton, aber sein Solo schien den Changes durchaus folgen zu können und geriet überaus respektabel (stellte damit z.B. auch alles in den Schatten, was ich davor von Alleman mitgekriegt hatte. Am Ende war das Set zwar viel zu lang, aber dadurch, dass Sanders nach der Pause, die etwa bei Halbzeit begann und sicher 10 oder 15 Minuten dauerte, nochmal spielte und auch nochmal spielen mochte, war das dann doch recht gut und ein sehr versöhnlicher Ausklang zu einem grossartigen ersten Tag.

Die Frage war also: wie ging es weiter, konnten die Höhen, die Murray und Akinmusire erklommen hatten, noch einmal geschafft werden? Die kurze Antwort lautet: ausser von Akinmusire selbst nicht mehr ganz, aber ein paar Male beinahe. Die längere Antwort folgt …

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