Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Ich höre gerade … Jazz! › Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!
gypsy-tail-wind„Rabo de nube“ und „Passin‘ thru“ sind wohl meine liebesten Lloyd-Alben der letzten 25 Jahre! Auch empfehlen möchte ich „Jumping the Creek“, da ist noch Rob Hurst am Bass zu hören (ab dem folenden Album war es dann wohl Rogers) und Geri Allen sitzt am Klavier. Lloyd spielt dort, wenn mir mein Gedächtnis nicht gerade einen Streich spielt, vor allem Altsaxophon – und der Brel-Opener hätte die rührigen Belgier wohl zu Begeisterungsstürmen angestachelt, wenn er in Middelheim aufgetaucht wäre …
Kurz schon mal ein paar Worte zum Schlussabend: Das Set von Akinmusire mit dem Hochschul-Quintett (wie ich’s verstand sind die auch sonst in der Formation tätig) war nett, etwas ECMig, die Gitarre (Besetzung: t, ts, p, g, b, d) manchmal etwas unpassend/rockig (Terje Rypdal liess wohl grüssen?), aber alles in allem sehr solide mit guten Soli. Akinmusire hat sich dabei überhaupt nicht in den Vordergrund gespielt.
Danach das Trio von Lovano – den Einstieg fand ich etwas schwierig, 75 Minuten waren auch da insgesamt wieder zu lang (eine grundsätzliche Kritik am Festival, denke ich), andererseits war es für mein Empfinden auch so, dass die zweite Hälfte dann aber recht gut wurde (und wenn Werner/Liebman nicht 75 Minuten gespielt hätten, wäre die gute Viertelstunde am Ende ja gar nicht mehr gekommen … aber die Frage ist da schon auch: gehen sie anders ran, wenn sie wissen, dass sie nur 55 Minuten haben? Ich denke die weissen Greise nicht, denen ist das doch eh alles ziemlich egal, aber ich weiss es nicht). Marilyn Crispell war super, ihre Duo-Passagen mit dem Drummer Carmen Castaldi (der einzige, der sein eigenes – oder ein anderes? – Drum-Kit mithatte, das auch wunderbar klang) waren super, mit der Zeit schien schon alles recht gut zu passen, aber eine gewisse Detachiertheit ist bei Lovano ja immer da.
Dann kamen die Belgier (bzw. ein Ami und ein Schweizer, Kenny Werner und Grégoire Maret an Klavier und Mundharmonika). Werner bediente so schamlos seinen Synthesizer, als wären die Achtziger nie vorbeigegangen (Resultat: dünnste Streicher-Wölkchen), Maret war zwar virtuos (vermutlich, aber das soll man in Belgien eher nicht sagen, besser als es der Widmungsträger des Sets, Toots Thielemans es je war), aber halt schon auch recht eindimensional. Nach „Days of Wine and Roses“ und „Autumn Leaves“ gab es ein Stüdk von Luis Eça im Quartett mit Nicholas Thys (b) und Dré Pallemaerts (d), dann schlurfte auch Philip Catherine noch auf die Bühne und das Quintett spielte „Dance for Victor“ (von Catherine), „The Shadow of Your Smile“ und „Waltz for Sonny“ (Thielemans‘ Hommage an Sonny Rollins), wobei das Zusammenspiel nur so halbweg klappte, aber alles furchtbar nett war und das (ja überwiegend lokale) Publikum von den Bänken gerissen wurde. Im Duo gab es dann noch Sinatra („All the Way“), Jobim („Wave“), Brel („Ne me quitte pas“) und als Closer Toots/Satchmo („What a Wonberful World“), dann – wir waren da schon draussen als Zugabe noch das obligate „Bluesette“ (wieder im Quintett). Masslose Begeisterung, aber eben, eher mittelprächtig.
Das Akinmusire Quartett drüben im kleinen Zelt rettete den Abend aber wie erhofft. Da wurde auch der Gegensatz nochmal überdeutlich: die vier waren von der ersten Sekunde an voll präsent, es ging mit einem lauten Knall los, wie ja auch das Akinmusire-Set vom ersten Abend oder das Murray- oder das Lloyd-Set (wobei das bei letzterem eher der Band zu verdanken ist, vermute ich). Ganz anders halt als etwa Werner oder Lovano, wo es eher tastend begann. Jedenfalls gehört dieses letzte Set zusammen mit den Sets von Murray und Akinmusire vom ersten und Lloyd vom zweiten Abend zu den vier Highlights, gefolgt von Rava und Legnini.
Jedenfalls insgesamt ein sehr lohnenswerter Festival-Besuch … ich will die nächsten Tage (am Wochenende wohl) mal noch einen längeren Bericht schreiben![]()
Danke für deine Eindrücke vom letzten Tag aus Middelheim, Flurin.
Ich hatte „befürchtet“, dass das Akinmusire Quartett toll sein würde. :| Für mich von Anfang an ein Kandidat für den würdigen Abschluss, weil ich „A Rift In Decorum – Live At The Village Vanguard“ kenne, obwohl nur die halbe Besetzung im Vanguard vertreten war.
Mit den dort üblichen 75 Minuten hatte ich grundsätzlich keine Probleme, bin eher Konzerte nicht im Festivalmodus gewöhnt, da sind dann auch mal zwei Stunden drin, so empfand ich die 1 1/4 Stunde als passend, auch wenn es nicht bei jedem Beitrag passte. Eigentlich war es mir nur bei Idris Ackamoor/Pyramids ein wenig zu lang. Ja, ich sehe das auch so Werner/Liebman… brauchte etwas Anlauf, aber die letzte Viertelstunde (?) möchte ich nicht missen.
An den Toots-Tribute hatte ich nicht so ganz große Erwartungen. Das mag am „Haupt“instrument liegen oder dass ich bei Thielemans noch auf das „Aha“ warte. Ich bin auch kein Belgier, also fällt er für mich als Identikationsfigur auch aus. Ein bisschen hätte ich mich auf Philip Catherine gefreut, aber dein Bericht sagt für mich, dass es auch kein allzu großer Verlust war ihn nicht gesehen zu haben .. vielleicht auch, weil er nur kurz beteiligt war.
Unsere Favoriten sind wohl die Gleichen, Murray und Lloyd, Akinmusire, von dem ich leider nur 2 Sets mitbekommen konnte, ja, Rava … und Pharoah Sanders, nach dem ich mich vom ersten Schock wegen seiner Gebrechlichkeit erholt hatte, spielte halt trotzdem toll, mit etwas weniger Dampf als man ihn vielleicht kennt und Dave Liebman hat wie erwartet geroßartig seine Saxophone gespielt.
--