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Ich erlaube mir mal, das hier rüberzukopieren. Im „Ich höre gerade … -Faden“ geht das nur unter.
friedrichGestern im Freien 37°C. Morgens schwimmen gewesen, gegen Mittag wieder zuhause. Tür zum Südbalkon geschlossen. So war es drinnen zu ertragen.
Dazu hintereinander:
Stan Getz / Charlie Byrd – Jazz Samba (1962)
Stan Getz / Luiz Bonfá – Jazz Samba Encore (1963)
So unoriginell das erscheinen mag – aber immer noch origineller als Getz Gilberto von 1964! – so passend und schön ist es. Was für ein frappierend einfaches und gutes Konzept, bei den genannten drei Alben jeweils einen anderen Gitarristen als Gegenpart zu wählen, bei Jazz Samba Encore ergänzt durch die damalige Ehefrau Luiz Bonfás, Maria Toledo, als Sängerin.
gypsy-tail-windIch bin ja bekanntlich ein grosser Fan von „Jazz Samba Encore“ – das Getz-Solo in „Insensatez“ habe ich sogar mal rausgeschrieben, als ich noch ein wenig gespielt habe … und Toledo gefällt mir ebenfalls sehr gut.
(…).
Ich habe in den letzten Tagen die drei Stan Getz-Bossa Nova-Alben, die ich habe, noch mal angehört. Getz/Gilberto, die ich in den frühen 80ern, als es mit z.B. Everything But The Girl ein Bossa-Revival gab, als LP gekauft habe (weiß sogar noch genau, wo …), Jazz Samba, die ich vor einigen Jahren in Mono 2nd-Hand ergattert habe und Jazz Samba Encore, die ich in einer Economy-Version auf einer CD zusammen mit Jazz Samba habe.
Klar, Getz/Gilberto (1964) ist der allseits beliebte Gassenhauer mit Astrud Gilbertos Hits Girl From Ipanema und Corcovado. So schön die sind, so sehr kommen sie einem fast schon wieder aus den Ohren heraus. Aber absolut nachvollziehbar, dass dieses Album ein Riesenerfolg war. Ein Überhit – und der auch noch auf Englisch gesungen! – und auch sonst ausschließlich Songs mit Gesang – wenn auch von Joao Gilberto – und natürlich das wunderbar warm-smoothe Saxophon von Stan Getz.
Jazz Samba (1962) – das erste von Getz‘ Bossa-Alben hingegen ist nicht nur rein instrumental, es spielt auch kein einziger Brasilianer mit. Charlie Byrd ist aber der Gitarrist, der offenbar maßgeblich brasilianische Musik in den USA populär gemacht hat. Und vielleicht ist Jazz Samba auch etwas jazziger als Getz/Gilberto. Unbedingt eine sehr schöne runde Sache mit auch zwei inzwischen klassischen A.C. Jobim Kompositionen (Desafinado und Samba de Uma Nota Só), die sogar als Singles veröffentlicht wurden.
Jazz Samba Encore (1963) – dieser Titel klingt so, als sei dieses Album nur ein Nachschlag auf den Vorgänger Jazz Samba. Aber das stimmt nicht! Zum einem: Mit Luiz Bonfá spielt eins der Urgesteine, wenn nicht das Urgestein der Bossa Nova hier Gitarre. Er ist z.B. einer der Urheber des Soundtracks zum Film Orfeu Negro (1959). Zum anderen ist auch LBs damalige Ehefrau Maria Toledo mit dabei, die zwar nur ein paar wenige Lieder singt und hier und da mit wortlosem Gesang Akzente setzt. Wenn Astrud Gilberto einen unschuldig süßen Lolita-Charme hat, so hat MT ein herberes Timbre, wirkt nachdenklich und reifer.
Und dann gibt es hier aber auch einige sehr jazzige Momente. Vor ein paar Tagen lief ich im Sonnenuntergang auf dem Tempelhofer Feld Rollschuh und hörte dabei Jazz Samba Encore. Das ist an sich schon eine sehr günstige Konstellation. Aber knapp 7:00 Minuten Seeligkeit erlebte ich erst beim Hören des Stücks O Morro Nao Tem Vez (was heißt das?), auch eine Jobim-Komposition. Das ist Jazz! Anscheinend / scheinbar traumwandlerisch improvisieren Stan Getz und Luiz Bonfá über diesem Stück, surfen auf der Melodie, tänzeln und gleiten dahin, drehen elegante Kurven, machen Schlenker, packen mal zu und lassen wieder los. Das macht glücklich! Nicht nur auf Rollschuhen.
Wenn @gypsy-tail-wind Jazz Samba Encore besonders hervorhebt, kann ich da nur zustimmen. Vier Ohren, ein Gedanke.
Die beiden übrigen Bossa Nova-Alben aus dieser Periode – Big Band Bossa Nova (1962) und Stan Getz with Guest Artist Laurindo Almeida (1963) – kenne ich leider noch nicht. Aber auch hier wird das Konzept variiert, durch die Wahl einer anderen Besetzung und dabei auch eines anderen Gitarristen.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)