Antwort auf: Ich höre gerade … Blues!

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zoji

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Beiträge: 6,358

 

thesidewinderNein, mich stört das auch nicht im Geringsten, allerdings ist auch hier die Tonqualität sehr wechselhaft, zum Teil übersteuert o.ä. Aber in Anbetracht des Alters so mancher Aufnahmen und den Preis der Box zu verschmerzen. Möchte mich demnächst mal Son House widmen, gibt es da ein paar Empfehlungen eurerseits? Gerne auch Kompilationen, wie gesagt.

 

Von Übersteuerung verstehe ich nix, dass ist mir schon zu viel Physik, aber viele der in diesen beiden Boxen enthaltenen Alben/Titel kenne ich von anderen Editionen. Wenn Du das Verzerrte und das brachiale, metallische Klirren vieler seiner frühen Aufnahmen meinst, würde ich sagen, dass das schon immer da war und ich es so sehr als Charakteristikum, fast schon Stilmittel empfinde, dass es mir auf seinen späten Alben beinahe fehlt. Falls Du Dich nicht auf die Aufnahme selbst, sondern auf die qualitative Reproduktion speziell dieser Box beziehst kann ich das nicht wirklich beurteilen, dafür fehlen mir einfach die High-End-Öhrchen. Für mein Empfinden klingt es auf der Box nicht schlechter, oft sogar besser, als auf früheren Ausgaben, keine Ahnung, wie viel mehr eventuell noch raus zu holen wäre. Kleine Anekdote, aber frag´ mich nicht nach der Quelle: Ich habe ´mal gelesen, dass für ein paar seiner Aufnahmen (kann auch ein spezielles Album gewesen sein) das Aufnahmemikro in einer WC-Schüssel platziert wurde, um einen spooky Hall hinzubekommen. Das dürfte sich kaum als audiophiles Aufnahmeequipment durchgesetzt haben, ich habe aber Spaß an so etwas.

Experte bin ich für gar nichts, versuche mich aber gerne an Son House. Soweit ich weiß hat er 1930 seine ersten Aufnahmen gemacht, von denen sechs Titel in neun Takes überlebt haben. Da die zusammengenommen kein komplettes Album ergeben, werden sie in unterschiedlicher Vollständigkeit immer wieder mit späteren Aufnahmen kompiliert, vorzugsweise mit denen, die er in den 40ern für die Library Of Congress gemacht hat (dazwischen wurde er nicht aufgenommen). Puristen werden genau diese Titel als heiligen Gral empfehlen. Die frühen Titel klingen etwa so, als hätte man einem vierjährigen Vinyl zum spielen in der Sandkiste mitgegeben, die LOC-Aufnahmen schon deutlich besser, aber eben auch historisch. Ich selbst empfinde bei der Audioqualität wenig Hörgenuss, und auch wenn seine Performance großartig und spürbar kraftvoller und intensiver ist, als sein Spätwerk ab Mitte der 60er nach langer Zeit in der Obskurität, bevorzuge ich letzteres, zumal die vergleichsweise brüchige Anmutung des Gesangs der jüngeren Alben für mich einen eigenen berührenden Reiz hat. Echte Bluesfanatics hätten für diese Haltung aber wohl nur Verachtung übrig.

Komplett enthalten sind die frühen und die LOC-Sachen wohl nur auf Clarksdale Moan (1930-1942).

Wenn es weniger sein darf: Ich habe beim Jazz gesehen, dass Du Dir von Charlie Christian die Primo Collection gekauft hat. Son House & The Kings Of Blues von primo wäre ein günstiges Doppelalbum mit einem Teil der, 30er- und LOC-Aufnahmen, Disc 2 enthält aber andere Kings Of Blues.

Raw Delta Blues von Notnow wäre eine günstige Möglichkeit um den Großteil der LOC-Titel und einen Einblick in die 60er zu bekommen.In einem geringeren Grad gilt das auch für Delta Blues aus der Reihe Complete Blues, was aber fern von Complete ist. Die CDs selbst kenne ich aber nicht, nur andere Titel aus der jeweiligen Reihe. Wertig ist anders, aber ich finde sie, auch in der Klangqualität, okay, wenn man sich am Fehlen üppiger Booklets und ausführlicher discographischer Angaben nicht stört.

Meinen favorisierten Son House gibt es auf Father Of The Delta Blues – The Complete 1965 Sessions zu hören. In irgendeiner Rezi habe ich mal gelesen, dies seien die besten Post-War-Country-Blues-Aufnahmen überhaupt. Soweit würde ich nicht gehen, aber brillant finde ich sie auch. Und das obwohl er das Spielen längst aufgegeben hatte und hier erst durch Alan Wilson von Canned Heat wieder angelernt wurde. Günstiger, aber nur als Destillat, gibt es das auch als The Original Delta Blues. Außerdem mag ich noch die Liveaufnahme Delta Blues & Spirituals besonders gerne, die auch in der Ausstattung sehr schön ist.

Wenn das alles zu viel ist und Dir einfach ein kleines bisschen von allem reicht, kämen vielleicht Martin Scorsese Presents The Blues mit einem Schwerpunkt auf die 60er oder The Very Best Of Son House aus der Reihe Heroes Of The Blues mit Schwerpunkt LOC in Frage.

Und Vorsicht, wenn Du planst, mehrere Alben gleichzeitig zu erwerben. Das meiste, auch die originären Alben aus den 60ern, wurde immer wieder neu verpackt aufgelegt. Bei Oberlin College und New York Central etwa handelt es sich um das gleiche Album.

Das meiste davon habe ich mir übrigens hier zusammen gelesen, falls Du Dich weiter informieren möchtest.

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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)