Antwort auf: Die Orgel im Jazz

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friedrich

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Richard „Groove“ Holmes – Groove (1961)

Ich habe diese Platte vor langer Zeit mal als Vinyl 2nd hand erworben. Weiß nicht mehr wo und warum, vielleicht war es eine spontane Begeisterung für Orgeljazz, vielleicht meine Entdeckung von Ben Webster, vielleicht was anderes. Die Platte hat ordentlich Patina, sowohl Cover als auch Vinyl, was ihr sehr gut steht. Das ist gut für den Charakter.

Für – glaube ich – 58 Cent habe jetzt auch ein CD-Exemplar erworben. Billige Re-Issue auf dem trashigen Pickwick-Label. Unscharfes Coverfoto, unvollständige liner notes. Aber auch das passt.

Zur Musik: Letztes Wochenende war ich mit Freunden in meiner Lieblingsgaststätte und verspeiste ein Bauernfrühstück. Rührei mit Bratkartoffeln, dazu eine saure Gurke, etwas Salat. Salz und Pfeffer dazu, fertig! Eine herzhafte Angelegenheit. Nichts besonderes eigentlich, aber die Zutaten stimmten, die Portion auch und es war liebevoll angerichtet, die Gesellschaft und der Ort passten. Wir wurden alle richtig satt und waren rundum zufrieden. Nach diesem Frühstück tranken wir sogar noch einen Verdauungsschnaps.

Diese Platte ist genau so. Wenn Richard Groove Holmes an der Orgel das Rührei ist, ist Les McCann am Piano die Bratkartoffeln. Der herzhafte Ben Webster am Tenor Sax ist der gebratene Speck, Lawrence Tricky Lofton an der Posaune vielleicht die Gewürzgurke. Wenn ich George Freeman an der Gitarre und Ron Jefferson an den drums mit der Salatbeilage vergleiche, tue ich ihnen aber Unrecht, den sie sind es, die hier die tragende Unterkonstruktion liefern.

Das ist R&B, Soul, Jazz, funktioniert mehr über das Bauchgefühl als über sophisticatete Raffinesse. Wenn gleich noch Ray Charles, Maceo Parker oder Gene Ammons vorbeischauen, würde mich das nicht wundern.

Eigenartiger Weise ist dieses Album das Nebenprodukt einer Les McCann Aufnahme mit Gesang und – ich glaube – sogar Orchester. Man stellte wohl im Studio spontan fest, das man gut miteinander kann und nutzte die Gelegenheit für eine Session, die man dann als Debut von Richard Groove Holmes veröffentlichte, während McCann hier sideman ist.

Darauf einen Schnaps!

Das Les McCann-Gesangsalbum kenne ich nicht.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)