Antwort auf: Mikkos 7" Faves

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mikko
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Der folgende Block widmet sich Singles, die zwischen Anfang 1966 und Ende 1968 in Deutschland veröffentlicht wurden. Das Besondere bei diesen Singles ist, sie sind im Herkunftsland der jeweiligen Band nicht erschienen. D. h. sie wurden von der deutschen Plattenfirma aus irgendeinem Grund für besonders veröffentlichungswürdig gehalten, obwohl die Mutterfirma für das Ursprungsland der Band anderer Ansicht war. Berücksichtigt habe ich nur solche Singles, die mir damals schon untergekommen sind. Seit Anfang 1967 hatte ich begonnen, mein Taschengeld für 17cm Schallplatten auszugeben. Die kosteten damals neu 4,75 DM. Aber es gab da in manchen Kaufhäusern in der Schallplatten Abteilung mitunter Singles auf dem Grabbeltisch für 1,- DM pro Stück. Das waren meist etwas ältere Singles, die nicht gut gelaufen waren, von denen zu viele hergestellt worden waren. So genannte Remittenden waren das. Meist hatte ihr Cover dann einen kleinen „R“ Stempel. Und auf solchen Grabbeltischen habe ich einige der folgenden Singles gefunden. Manche habe ich damals aber auch wirklich neu gekauft, weil ich sie toll fand und unbedingt haben wollte. Dass sie nur in Deutschland erschienen waren, wusste ich damals natürlich noch nicht.

Man kann übrigens alle 17 Singles, die hier folgen, hören in meiner Sendung dazu bei Mixcloud.

The Walker Brothers – Land Of 1000 Dances / My Ship Is Coming In (Philips 320 207 BF, 01/1966)

Wahrscheinlich ist diese Single sogar schon 1965 erschienen. Es ist auf jeden Fall die einzige Single der Walker Brothers in den Sixties, die in Deutschland nicht auf Star-Club Records rauskam. Der Track „Land Of 1000 Dances“ kam im UK auf der LP „Take It Easy With The Walker Brothers“ zuerst raus. Und im UK war “My Ship Is Coming In” eine Single A-Seite Ende November 1965. Im Mai 1966 traten die Walker Brothers im Beat Club auf und sangen u.a. „Land Of 1000 Dances“, nicht aber „My Ship Is Coming In“. Diesen Auftritt hatte ich gesehen, und als ich die Single dann im Frühjahr 1967 bei Woolworth auf dem Grabbeltisch fand, griff ich natürlich zu. Inzwischen war „Land Of 1000 Dances“ ein Hit für Wilson Pickett, mir gefiel jedoch die Walker Brothers Version deutlich besser. Die ist elegant, aber doch druckvoll und treibend. Wilson Pickett war mir zu verschwitzt. Das Original von Chris Kenner aus dem Jahr 1962 habe ich dann erst sehr viel später kennengelernt, und es hat keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und auch die Version von Cannibal & The Headhunters, die 1965 in den USA ein kleinerer Hit war und dem Text das prägnante „Na na na na na“ hinzufügte, habe ich nur mal flüchtig gehört. Die Walker Brothers Aufnahme und damit diese Single gehört aber bis heute zu meinen großen Favoriten gerade für die Party und die Tanzfläche. „My Ship Is Coming In“ ist natürlich eine sehr schöne Pop Ballade der Art, die Scott Walker und seine „Brüder“ berühmt gemacht haben. Damals habe ich sie nur nebenbei gehört. Und eigentlich ist es bis heute dabei geblieben, obwohl ich sicher bin, ich tue dem Track damit Unrecht.

The Beatles – Nowhere Man / What Goes On (Odeon O 23171, 03/1966)

Auch diese Single fand ich bei Woolworth auf dem Grabbeltisch bei gleicher Gelegenheit wie die davor. „Nowhere Man“ stammt natürlich vom Album „Rubber Soul“, das ich seinerzeit allerdings noch nicht kannte. Die Single kam im März 1966 in Deutschland raus und kletterte bis auf Platz 3 der Charts. Insofern ist es sehr wahrscheinlich, dass ich die A-Seite bereits kannte, obwohl ich mich nicht mehr erinnere, wann ich sie zum ersten Mal hörte. Eigentlich erstaunlich, wenn ich bedenke, dass mir diese Aufnahme auch heute noch wohlige Schauer über den Rücken jagt. Vor allem wenn die Byrds Gitarre erklingt, aber auch schon bei dem tollen gedoppelten Gesang Johns gleich zu Beginn. Bis heute eine meiner liebsten Beatles Singles. Großartige Melodie, feines Arrangement! Die B-Seite „What Goes On“ höre ich ebenfalls noch immer sehr gerne. Der Song geht, wie ich jetzt weiß, auf Quarrymen Zeiten zurück. Gesungen wird er von Ringo, was mir damals gar nicht sofort auffiel.

The Kinks – Dandy / Party Line (Pye, HT 300032, 10/1966)

Dieser Single konnte man damals nun wirklich nicht entkommen. Im Oktober 1966 veröffentlicht kletterte sie im Dezember auf Platz 1 der Charts und blieb dort bis ins Jahr 1967 im Januar. Ich konnte mich damals zunächst nicht entscheiden zwischen dem Original der Kinks und der fast zeitgleich erschienenen Version der Herman’s Hermits. Und so blieb die Single zunächst ungekauft. Später dann fand ich sie auch auf besagtem Grabbeltisch bei Woolworth. Man sieht also, dass dort durchaus auch Hits landeten, wenn ihre Halbwertszeit abgelaufen war. Inzwischen liegt natürlich das Original der Kinks weit vorne in meiner Gunst. Eine typische Ray Davies Komposition. Und auch der Text ist natürlich wieder klasse und hintersinnig, auch wenn mich das damals noch nicht so interessiert hat. Auch die B-Seite ist absolut toll und wurde damals immer gerne auf Parties gespielt, obwohl sich der Sänger im Text ja gerade darüber beschwert, in so eine „Party Line“ geraten zu sein.

Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick and Tich – Hard To Love You / No Time (Star-Club 148 573 STF, 11/1966)

Der Band Dave Dee & Co. entkam man damals auch so überhaupt nicht. Sie waren ständig in der Bravo, die ich im Jahr 1967 relativ regelmäßig las. Und im Beat Club waren sie ebenfalls Dauergäste. Mit „Hard To Love You“ sah ich sie dort im November 1966. Da erschien auch die Single in Deutschland, die dann immerhin bis auf Platz 10 kam in den Charts und 15 Wochen darin blieb. Sowohl A wie B-Seite der Single stammten vom Autoren Duo Ken Howard und Alan Blaikley, das die Band bereits 1964 entdeckt hatte und unter seine Fittiche nahm. „No Time“ war übrigens im UK die erste Single A-Seite von DDDBMT Anfang 1965, die allerdings ziemlich erfolglos blieb. Howard/Blaikley schrieben alle Hits der Band, aber sie waren auch als Hitlieferanten für diverse andere britische Bands erfolgreich. Während „No Time“ noch ein bischen ungelenk und naiv, wenn auch mit einem gewissen Charme, daherkommt, ist „Hard To Love You“ dann ganz ähnlich dem ersten Hit der Band „Hold Tight“ eine stampfende Proto Punk Beat Nummer, die gerade pubertierende Jungs und Mädels zu Höchstleistungen auf der Tanzfläche treibt. Dave Dee & Co. waren übrigens eine wirklich gute Live Band, die ähnlich wie die Beatles ihre Sporen in deutschen Beat Schuppen in den frühen Sixties verdiente.

The Hi-Fi’s – I’m A Box (Mum-Mum-Mum) / No Two Ways (Star-Club 148 578 STF, 02/1967)

Eine Single, die ich irgendwann gegen Ende 1967 auf dem Grabbeltisch bei Woolworth entdeckte und mehr wegen des Titels mitnahm. Vielleicht hatte ich die A-Seite aber auch davor mal im Radio gehört. Der Track hat eindeutig Novelty Charakter und ist für eine britische Beat Band eher untypisch. Aber 1967 war halt fast nichts unmöglich. Eine fast orientalische Melodie und ein Uff-Ta Rhythmus, sowie der völlig absurde Text und das ständig wiederholte „Mum-Mum-Mum“ im Refrain machte die Single wohl beim deutschen Publikum beliebt. Die Band stammte aus London, war aber in ihrer Heimat weitgehend unbekannt, trotz einiger Singles zwischen 1962 und 1968. Erfolg hatten The Hi-Fi’s nur in Deutschland, wo sie dann auch regelmäßig tourten. Auch ihre einzige LP „Snakes And HIFIS“ erschien nur hier auf Star-Club Records. Die Single B-Seite ist übrigens eine eher unspektakuläre Pop Nummer, die an frühen Merseybeat erinnert. Erschienen ist die Single in Deutschland im Februar 1967 und etwas später dann kurioserweise auch in den USA.

Donovan – Epistle To Dippy / Preachin‘ Love (Epic 5-10127, 02/1967)

Donovans großer Hit im Frühjahr 1967 in Deutschland war “Mellow Yellow”. Eine Aufnahme, die ich durchaus mochte, aber nicht so dringend als Single haben musste. Bei „Epistle To Dippy“ war das schon anders. Diese Single wurde hier in Deutschland ziemlich schnell nach „Mellow Yellow“ veröffentlicht, obwohl „Mellow Yellow“ gerade erst in den Charts nach oben kletterte und viel im Radio zu hören war. Möglicherweise steckte hinter dieser Veröffentlichungspolitik der Druck der Firmenzentrale in New York. Dort war „Epistle To Dippy“ nämlich die Nachfolgesingle zu „Mellow Yellow“, das in den USA im Februar schon wieder auf dem Abstieg aus den Charts war. Außerdem gab es im UK auch noch immer einen Rechtsstreit mit Donovans alter Plattenfirma Pye, die dort nach wie vor die Veröffentlichungsrechte hatte. „Epistle To Dippy“ erschien im UK jedenfalls nicht. Ich hatte die Single in der Sendung „SF-Beat“ gehört im Frühjahr 1967 und mochte sie sofort viel lieber als „Mellow Yellow“. Allerdings stieß ich auf die Single dann auch wieder erst auf Woolworths Grabbeltisch irgendwann im Herbst oder Winter. Entstanden ist die Aufnahme im Dezember 1966 in den Abbey Road Studios in London. Die elektrische Gitarre spielt ein gewisser Jimmy Page. Beide Tracks der Single sind auf keinem regulären Donovan Album enthalten. Die B-Seite „Preachin‘ Love“ hat ein sehr jazziges Arrangement und ist doch ein typischer Donovan Song. Diese Aufnahme taucht nur selten auf Compilations auf, während „Epistle To Dippy“ eigentlich auf fast allen Donovan „Best ofs“ zu finden ist. Die Mischung aus Folk Rock, Psychedelia und die eher ungewöhnliche Melodieführung, der schnelle 4/4 Rhythmus, das alles macht die Single zu etwas Besonderem.

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