Antwort auf: Berlinale 2018

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friedrich

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Beiträge: 4,876

@jackofhAuf der diesjährigen Berlinale hat sich wohl kein Fori mehr herumgedrückt? Naja, ich habe ja auch keine Zeit gefunden, mal zu berichten; werfe aber zumindest noch ein wenig mit Sternen.(…)
Meine Bilanz 2019:

(…)
35. Man you **1/2
(…)

Doch, ich war da, aber im Vergleich mit Dir habe ich so gut wie nichts gesehen. Vier Filme hatte ich mir vorgenommen, für nur zwei habe ich Tickets bekommen – und leider erwiesen sich alle beide als Reinfälle. Man You sehe ich auch auf ähnlichem Niveau wie Du, d.h. ganz habe ich ihn gar nicht gesehen, sondern bin eingeschlafen. Ich habe den an anderer Stelle so beschreiben:

Da ich nicht zu Abend gegessen hatte, nahm ich eine Tüte leckere türkische Erdnüsse mit ins Kino. Das Rascheln erregte die Aufmerksamkeit meiner Sitznachbarin im Colosseum. Ich bot ihr etwas an, was sie aber dankend ablehnte, da sie selbst eine Knackwurst in der Hand hielt.
Ich: „Ich würde jetzt aber auch nicht erwarten, dass Sie mir etwas von Ihrer Wurst anbieten.“
Lachen. Das war aber schon der Höhepunkt des Abends.

Im Film kommt eine Schildkröte vor, die davonläuft oder entführt wird (habe ich nicht ganz verstanden), ein Schulaufsatz über ein Raumschiff, eine Höhle mit einer Heilquelle, eine Tante, eine rote Fahne, die ins Wasser fällt, und noch eine andere Schildkröte, die auf dem Rücken liegt. Es gibt einen Kameraschwenk auf einen Zaun an der Bahnlinie. Irgendwann gebe ich auf und schlafe ein. Wahrscheinlich durch hustende Zuschauer werde ich wieder geweckt. Ich sehe eine Szene mit zwei schlafenden Frauen und einem schlafenden Mädchen. Am Ende des Filmes kann ich nicht mehr unterscheiden, was ich gesehen und was ich geträumt habe.
Ich dachte, so etwas lernt man nur an deutschen Filmhochschulen. Aber auch auf diesem Gebiet scheint China aufzuholen und wird zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz.
Entgegen meiner guten Vorsätze kaufe ich mir nach dem Kino am Späti zwei Flaschen Bier.

Der Zweite Film, den ich gesehen habe:

Querência, maximal ***

Vor dem Lichtblick Kino in der Kastanienallee ist roter Teppich ausgerollt, auf dem aber niemand heranschreitet, Banner werben für L’Oreal und Audi, aber nichts wäre an diesem Ort unpassender. Im Kino selbst sind aber alle 32 Sitzplätze restlos ausverkauft.
Das Leben als Cowboy in der nordbrasilianischen Pampa ist eher gemächlich. Nur das Rodeo bringt etwas Aufregung ins Leben. Ein in Rückblenden erzählter Viehdiebstahl scheint irgendwas im Leben des Protagonisten verändert zu haben, man weiß bloß nicht so recht, was. Man sieht Landschaft, Kühe, wortkarge Menschen.
Als wir das Kino verlassen sage ich zu meinem Begleiter R.: „In der Pampa scheint nicht viel zu passieren.“
R.: „Und selbst das habe ich nicht verstanden.“
Pause.
R. blickt sich überrascht um.
R: „Du, da ist gerade Tom Tykwer aus dem Taxi gestiegen.“
Ich: „Was? Will der ins Kino?“
R.: „Nein, ich glaube der wohnt hier.“
Ich „Na, dann hast wenigstens Du heute Abend noch was aufregendes gesehen.“

Das war Pech und diese beiden Filme stehen für die unerfreuliche Seite, die die Berlinale leider auch hat: Filme, bei denen man denkt, da hat sich der Regisseur wohl was bei gedacht. Nur was? Unverständlich, langatmig, eigentlich überflüssig und deprimierend. Warum lädt man sowas ein?

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)