Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert › Antwort auf: Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert
elmo-zilleres gibt aber nun wirklich kein mir bekanntes Tonträgermedium, das „Skip- und Scan-Tools“ bislang nicht unterstützt hat. Tonarme kann man anheben, Bänder kann man spulen und bei digitalen Medien ist es eben genauso. An dieser Stelle ändert sich im Wandel der Zeit einfach nur nix!
Das stimmt nicht, jedenfalls meiner biografischen Erfahrung nach – Opa erzählt vom Krieg:
Als ich jung war, gab es oft überhaupt keine Möglichkeit, gezielt in was reinzuhoeren. Man konnte sich im Radio überraschen lassen oder bei Freunden auflegen, was die eben hatten. Ende. Reinhoeren, das ging allenfalls im Plattenladen, aber erstens hatte er oft nicht das da, wonach man sich sehnte, zweitens hieß reinhoeren: Er legte dir eine Platte auf, du setztest die Kopfhörer auf.
Das Reinhoermass war entweder der ganze Song (zufällig im Radio), eine Plattenseite (im Plattenladen) oder die ganze Platte (beim Kumpel).
Niemals in meinem Leben habe ich auf einer Schallplatte einzelne Tracks jeweils kurz angespielt, und ich kenne bislang auf der ganzen Welt keinen Menschen, der das damals gemacht hat. Rein technisch wäre es auf sehr umständliche Weise natürlich möglich gewesen. Aber wenn das einer getan hätte – Nadel aufsetzen, nach 30 Sekunden abbrechen, Nadel zum Beginn des nächsten Stückes manövrieren, Anfang verpassen, nochmal versuchen 30 Sekunden laufen lassen usw – , dann hätten die anderen sehr zurecht gesagt: Spinnst du?
Heute kann man in dermaßen unfassbar viel mehr derart radikal viel schneller reinhoeren, dass mir der Wandel durchaus fundamental vorkommt. Die Aneignungsstrategien waren früher umständlich und langsam, heute hast du alles sofort, und abbrechen und zum nächsten übergehen wird dir leicht gemacht.
Wenn das Rezeptionshaltungen nicht verändert, fress ich einen Besen.
--