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Roma – Alfonso Cuarón
Diejenigen die dieses Jahr schon mit Bestenlisten 2018 vorzeitig abgeschlossen haben, dürften sich wg. des späten Release auf Netflix nun ärgern. Bei dem einen oder anderen könnte „Roma“ ganz oben landen, zumindest bei mir ist er Film des Jahres. Hab allerdings dieses Jahr deutlich weniger Filme als Serien gesehen.
Roma beginnt ganz trivial wie ein filmisches Tagebuch, das der Haushälterin Cleo in einem großen Haushalt (Familie mit 4 Kindern und Oma) bei der täglichen Arbeit folgt. Man fragt sich anfangs noch, wohin die S/W-Bilder führen und während der ersten 20 minütigen Einführung ist man schon des Regisseur’s Empathiefalle getreten: man kann von Cleo gar nicht mehr loskommen, egal was kommt, egal wie schlimm es wird.
Zur Einführung ist das Haus der Familie der Mittelpunkt der Begebenheiten, aber im Lauf der Geschichte dreht sich der Zirkel immer weiter aus dem Zentrum der Handlung und man wird regelrecht in den mexikanischen Vorort „Roma“ gezogen. Der völlige Verzicht auf einen Soundtrack verstärkt den Sog, weil die Authentizität durch das unglaublich tolle Sounddesign und der extrem cleveren und unauffälligen Kameraführung an nichts zweifeln läßt. Die Musik kommt immer aus der jeweiligen Begebenheit, dem Autoradio, dem Küchenradio, dem Fest etc. Das alles hat „Roma“ auch mit „Gravity“ gemein.
Umso weiter die Handlung den Zuschauer aus dem Zentrum trägt, umso öfter beeinflußt das Leben und Sterben auf der Straße das Schicksal der Familie. Das spitzt sich im letzen Drittel so zu, dass man sich nicht mehr bewegen will. Trotz der Zäsur im Leben der Familie, findet Cuorón einen friedlichen Abschluß, in dem Cleo wieder
nach oben steigt, die Kamera eine Flugzeugsilhouette einfängt, die sich in der Eröffnungsszene so artistisch in einer Wasserpfütze gespiegelt hat.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko