Re: Bob Dylan

#1063549  | PERMALINK

tolomoquinkolom

Registriert seit: 07.08.2008

Beiträge: 8,651

Allseits einen guten Morgen.

Sokrates

Bob Dylan **1/2
The Freewheelin‘ Bob Dylan ***1/2
The Times They Are A-Changin‘ ***1/2
Another Side Of Bob Dylan ***1/2
Blonde On Blonde ***
Blood on the Tracks ****
Desire ***
Oh Mercy ****
Time out of Mind ***1/2
Greatest Hits ****
More Greatest Hits ***1/2

Hier vermisse ich eindeutig eine klare und konsequente Haltung. Weshalb diese genannten Alben überhaupt einzeln aufführen. Es würde genügen:

Dylan***½

Das spart Platz und erspart gleichzeitig die Verwicklung in langjährige Diskussionen darüber, weshalb ein bestimmtes Album mit **** bewertet wird, obwohl es neben zwei, drei meisterlichen Songs auch vierfachen Schrott beherbergt. Den Gedankengang fortführend, könnte man sich auf diese Weise auch seiner eigenen Biographie nähern. Beispiel:

Kind***
Teenager**
Richter*****
Leben***½

[Selbstredend wird nach oben aufgerundet]

SokratesIch verstehe weder den Einheitsbeurteilungsdrang noch die pessimistische Prognose. Ganz im Gegenteil: Es ist nur natürlich und richtig, dass Hörer unterschiedlich urteilen, und es wäre schön, wenn sich diese schlichte Erkenntnis bei kanon-orientierten Usern durchsetzen könnte.

Die Wortwahl ‘urteilen’ halte ich in diesem Zusammenhang für bedenklich. Ein Musikzimmer ist kein Gerichtssaal.

Bauer Ewaldmindestens noch „Ring Them Bells“ und „What was it You Wanted“ (welches sich auch gut in die Tracks von „Time out of Mind“ eingefügt hätte)..

Mit dieser Aussage hat der mir immer sympathischer werdende Bauer einen ganz außerordentlichen Beitrag zu diesem voluminösen Thread geliefert. Das mag an der gesunden Landluft liegen oder einfach auch nur stinknormale Weisheit sein, jedenfalls möchte ich diese fünf entscheidenden Worte von ihm, die zusammen eine Frage bilden, hiermit weitergereicht wissen:

What was it you wanted?

SokratesSinngemäß sagte ich, dass unvoreingenommenes Hören möglich ist.

In diesem Teil des Universums ist tatsächlich alles möglich. Wenn man allerdings dem ollen Einstein* Glauben schenken darf, ist dann plötzlich wieder alles relativ. Zum Glück ist das nur eine Theorie. Geschickt von dir, hier den Zusatz ‘sinngemäß’ einzubauen. Respekt, denn es handelt sich hierbei um einen der raffiniertesten und wirksamsten Notausgänge, die man sich überhaupt einbauen kann. Hier hat sich jemand, neben dem Hören von Musik, auch über die Handhabung bei der Problematik von Unschärferelationen Gedanken gemacht. Eine solche Herangehensweise sollte man keinesfalls geringschätzen. Bin also beeindruckt.

*) Nur am Rande: Der junge Albert war in der Schule eine ziemliche Niete. In diesem Sternchen-Thread hätte er wohl allenfalls ein *** einfahren können. Und dies auch nur auf Grund seines Gesamtwerks. Zu seinem Glück kannte er, obwohl er sich ja auch intensiv mit der Zeit als Dimension befasste, diesen Thread nicht. Die Welt sähe anders aus. Vielleicht sogar total ohne lebenslange Schulnoten. Mann, der hatte ein Schweineglück. Davon können wir nur träumen.

SokratesVorteile: 1. Der Fokus liegt auf der Musik.

Hier liegt ganz offensichtlich ein Tippfehler vor. In jedem Fall sollte aber die hier nicht näher beschriebene Ausgabe des Focus nicht auf der Musik liegen. Halte das für keine besonders gute Idee. Das Hochglanzerzeugnis könnte Farbrückstände an seine Umgebung absondern. Dies als Vorteil zu betrachten, halte ich für eine extrem gewagte These. Es könnte sich bei der gewählten Formulierung allerdings auch lediglich um eine genaue geographische Ortsangabe eines bereits genannten Magazin handeln. Hier wäre u.U. noch einmal beim Besitzer nachzuhaken.

Sokrates2. Ich komme zu einem eigenen Urteil.

Recht so! [würde John Cleese sagen]. Wenn man in die knifflige Situation gerät ein Album selbst anhören zu müssen, weil man partout keinen anderen Ausweg findet, ist es beinahe unmöglich durch diese unglückliche Verkettung von Ereignissen an ein fremdes Urteil zu gelangen. Das kennt jeder aus eigener Erfahrung: Wenn man etwas dringend braucht, ist es gerade ganz woanders. Immer muss man alles selbst machen. Oder darüber richten. Es sei denn, man ist Dr. Who. Der hat für solche Fälle einen unwahrscheinlichen Vorrat an Tricks in seiner Telefonzelle. Gut, das ist jetzt nicht ganz fair, denn der Doktor kommt ja von Außerhalb.

Sokrates3. Ich kann formatungebunden jeweils das beurteilen, was ich höre (und muss nicht etwa warten, bis ich das Gesamtwerk abgearbeitet habe, was für ein bildungsbürgerlicher 70er Jahre-Unsinn.).

Das ist sehr geistreich. Ein wirklich an allen Seiten herausragendes und keinesfalls zu unterschätzendes Beispiel für die praktische Anwendung der normativen Kraft des Faktischen. Einer so brillant und fundiert herausgearbeiteten Anwendung eines doch oft eher verwirrend, nicht selten gar recht konstruiert wirkenden Lehrsatzes begegnet man heutzutage leider nurmehr sehr selten. Hier schon. Bin echt verblüfft. Ein malvenblauer Hauch von Philosophie schwebt durch den Thread. So etwas müsste gerahmt werden. Ab damit in den Verkaufsshop und richtig reich werden. Hier schreibt jemand der erst denkt und dann an seine zuvor liebkoste Tastatur abgibt. Ich gebe allerdings zu Bedenken, dass, wenn Musikhören zu Arbeit wird, das Musikzimmer möglichst rasch mit einer automatischen Pausensirene ausgestattet werden sollte. Dies gilt besonders für die Arbeit an Gesamtwerken. Wenn man gesundheitlichen Beeinträchtigungen Vorschub leisten kann, sollte man dies rechtzeitig und auch auf konsequente Weise tun.

SokratesEs hat aber auch den Nachteil, in gewissen Kreisen umstritten zu sein.

Dieser Nachteil ist in Wirklichkeit ein Vorteil, denn er stellt ein einwandfrei funktionierendes Lockmittel für gewisse Kreise dar. Darüber würde ich mir keinen Kopf machen. First things first. Obendrein füllt es einen Thread auf fast magische Weise. Sofern man dann noch ein klein wenig Glück hat, läuft das Ganze fast von allein. Beinahe ein Perpetuum mobile. Selbst muss man nur noch wenig eingreifen. Höchstens wenn das allgemeine Interesse am gegenseitigen Schiffeversenken abzusaufen droht muss man ein wenig anschieben.

Sokrates.
Reziproke Schulnoten. ***** = sehr gut, **** = gut, *** = befriedigend (Mitte der Skala), **= schwach * = setzen, sechs.

Geil! Das ist wie Lehrerzimmer ohne Lehrer. Wer eigentlich ist dieser Reziproke? Egal. Jedenfalls lustiger Name. Im Übrigen verstehe ich jetzt, erstmals überhaupt, den Satz: Nicht für die Schule lernt man, sondern für das Leben. Mir war bisher vollkommen entgangen wie wichtig Schulnoten auch lange nach dem Hinauswurf aus einer derartigen pädagogischen Kaderschmiede sein können. Ich überlege gerade ob ich dieses durchdachte Notensystem ab sofort auch bei zwischenmenschlichen Handhabungstechniken einführen sollte. Mein Freund wird staunen. Toll! In diesem Thread lernt man fürs Leben. Gut das ich vorbeigeschaut habe.

SokratesWir müssen uns kurz klären, was unter „unvoreingenommen” zu versehen ist – ich glaube nicht, dass das Abendland untergeht und wir schon Mitleidsbekundungen brauchen. Selbstverständlich fange ich auch schon nach drei Takten an, zu werten, wenn auch nicht endgültig. Unvoreingenommen heißt also nicht, dass ich wertungsfrei bleibe, solange eine Platte läuft – das ginge doch auch gar nicht. Es heißt aber auch nicht, dass ich vor dem Hören einer neuen Platte notwendigerweise Information gesucht oder aufgenommen habe oder gar haben muss. Die zentrale Information liegt in der Musik selbst.

Bitte erkläre! Wie soll das in der Praxis aussehen? Ist man, um es richtig zu machen, bereits mit Notizblock und Bleistift am wedeln, um ab dem dritten Takt Noten zu verstreuen? Du scheinst obendrein außergewöhnlich interessante Platten zu hören. Leider habe ich selbst keine einzige auf der sich Informationen befinden. Vermutlich kaufe ich immer wieder den gleichen Dreck. Geschieht mir dann natürlich ganz Recht, dass mich dieser Schrott nur mit wertlosen Emotionen versorgt.

Tut mir jetzt echt Leid. Muss eine Pause machen. Mir ist schwindlig. Zur Ursache besteht Klärungsbedarf. Werde aber zurückkehren. Bis bald.

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