Antwort auf: 2018: Jazzgigs, -konzerte & -festivals

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gypsy-tail-wind
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Ich meine mehr oder weniger, was vorgarten oben schon schrieb – und will wohl so viel sagen wie, dass wir sehr, sehr, verdammt vorsichtig sein müssen, wenn es darum geht, die Sichtweise von Minderheiten auf ihre eigene Geschichte zu kritisieren. Ich war z.B. ziemlich empört, als die NZZ sich vor ein paar Wochen erfrechte, einen US-Autoren schreiben zu lassen, dass die Afro-Amerikaner aufhören sollten, Reparationen zu fordern – sei doch längst alles abgegolten und vor dem Gesetz seien ja alle gleich. Thema erledigt. Doch so einfach ist es nicht. Die katastrophal falschen Annahmen, die eine Welt – zu deren satten und immer noch abzockenden Erben wir nunmal gehörten – sehr lange und sehr brutal in vielen Gegenden der Welt durchgesetzt hat, mögen heute als falsch erkannt sein, ihr Wirken und Wüten ist teilweise und in den unmittelbar brutalsten Formen vielerorts zum Glück vorbei, anderswo hat es neue Formen angenommen (im Deckmäntelchen dessen, was eben das Gesetz usw. – aber wer macht nochmal die Gesetze?) und wirkt in anderer Form fort. Da bloss mit wahr und falsch operieren zu wollen ist nicht zielführend – oder aber unfassbar zynisch.

Der Wert einer Gesellschaft lässt sich immer an ihrem Umgang mit Minderheiten ablesen – und ich fürchte, wir stecken in keinen guten Zeiten. Dass die Kunst da etwas leisten kann, selbstverständlich jenseits der plakativen Worte und Gesten, die ja meist eh oberflächlich und oft leer bleiben, scheint mir wiederum sehr wichtig. Aber man muss die Kunst halt auch lassen – und muss ihr auch mal Fehler und Irrwege gestatten.

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