Antwort auf: Spex

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Danke für das anregende Gespräch @go1 und @wahr!

Wie gesagt, meine Meinung Erfahrungen mit der SPEX liegen größtenteils weit zurück und meine Bewertung ist ambivalent – aber es war gut, dass es die SPEX gab. „Meta- und Spiegelebenen“, „Narrative“, „Idiosynkrasie“ etc. ff., das sind Kriterien, die ich durch die SPEX-Lektüre seitdem beim Hören von und Sprechen über Musik anlege. Manchmal frage ich mich halt, ob man solche Begriffe demonstrativ vor sich her tragen muss. Dienen sie dann der Verständigung und dem Herstellen von Gemeinschaft, oder dienen sie dann nicht eher der eigenen Eitelkeit und der Abgrenzung?

bullschuetzIch fand den hier sogenannten Soziologenjargon in Spex oft sehr anregend. Ich hab aber auch grundsätzlich nichts gegen Soziologenjargon. Manchmal ist es erkenntnisstiftend, wenn jemand komplexe Gedanken komplex ausdrückt, und bisweilen eröffnet es sogar neue Perspektiven, wenn jemand einfache Dinge komplex ausdrückt. Wenn jemand Komplexes einfach ausdrücken kann, ohne zu vereinfachen, ist das natürlich auch schön. Aber hallo, Philosophie, Soziologie, avancierte ästhetische Theorie, Schwerverstaendliches von Derrida bis Adorno und Marx (um nur mal drei Autoren zu nennen, bei denen ich manche Sätze dreimal lesen muss) – wie arm wäre die geistige Welt ohne sie! Die Spexleute haben intellektuell immer hoch gegriffen, das hat mir gefallen. Und dass sie sich gerne mal dabei verhoben haben: geschenkt. Die intellektuelle Ambition und manchmal Anmaßung von Spex wird mir fehlen. So verschwurbelt, verkopft, theorieverliebt über Pop zu schreiben und damit immer auch gegen den Banalitätsverdacht, der Pop umgibt, anzuschreiben: Das hatte was.

Sehr schön zusammengefasst, @bullschuetz!

Ja, die SPEX hat das Verständnis von Pop verändert und das Sprechen darüber auf eine andere Ebene gehoben. Und ja, manchmal verhob sich die SPEX dabei auch. Und manchmal hatte und habe ich auch den Eindruck, dass es eher darum ging, was ganz besonders Schlaues zu schreiben und dabei die gängigen Zauberwörter in den Text einzustreuen – während das Beschriebene darüber fast in den Hintergrund gerät. Bei dem von mir zitierten Review des Albums der Ausgabe (Farai – Rebirth), in das ich daraufhin sogar mal reinhörte, dachte ich am Ende: Mannomann, da hat es das Album aber ganz schön schwer, mit dem Review mitzuhalten.

Natürlich werde ich das letzte Heft kaufen!

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)