Antwort auf: Spex

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friedrich

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@go1Hast ja recht; sowas braucht kein Mensch. Aber der arme Kerl (also Philipp Rhensius) hat Soziologie studiert – da lernt man es, einfache Dinge verschwurbelt auszudrücken. Das Problem ist eben, dass diese Berufskrankheit nicht anerkannt ist; es gibt die notwendige Reha bisher nicht als Kassenleistung.

Haha!

Ich habe eben mal recherchiert, woher der Begriff „Narrativ“ überhaupt stammt: Aus der Soziologie, eingeführt von Jean-François Lyotard. Französische Philosophen, von denen hatte man mindestens eine Merve-Bändchen im Regal stehen, ohne es aber gelesen oder gar verstände zu haben. Ich erinnere mich: Postmoderne, Strukturalismus, Dekonstruktion, das waren 3 der Haubitzen des Popdiskurses der 80er und 90er. Offenbar ist man seitdem aber auch nicht viel weiter gekommen. Btw. könnte ich kaum einen dieser Begriffe erklären. ;-)

@wahr

friedrichMir kommt es inzwischen aber etwas affektiert vor, wenn bei einem Review einleitend wie in einem Hochschulseminar über die Rezeption und die Bedeutungszusammenhänge von Popmusik philosophiert wird um dann auf das eigentlich Selbstverständliche zurückzufallen – nämlich dass es darum bei einem DJ-Mix eben gerade nicht geht, sondern um das unmittelbare sinnliche Erleben. Genau das macht ja die Ravekultur aus. Party!

Dass ein DJ-Set auch mehr sein kann als nur ‚Party!‘ ist aber durchaus ein Anspruch gewesen, den einige Verantwortliche in der Redaktion schon in der Anfangszeit des Mags ganz praktisch umgesetzt haben. Z.B. Dirk Scheuring. Es gab Soul-Allnighter, die sich einzelne Themen innerhalb der Soulmusik herausgriffen und sie dann in ihrem Kontext präsentiert haben. Also nicht einfach nur Soulmusik beliebig nach Partygesichtspunkten zusammengestellt, sondern generell den Club als politischen, lehrreichen und gleichzeitig berauschten Ort zu gestalten versucht haben. Das hatte schon einen erzieherischen Aspekt. Musik weiter zu fassen als die Töne selbst, ist ein Schwerpunkt der Spex gewesen. Es kommt eben nie nur einfach auf die Musik an, selbst beim Tanzen nicht. Auf Zusammenhänge zu bestehen, sich daran auch zu reiben, Kontexte zu beschreiben – manchmal auch sie zu konstruieren um zu schauen was passiert – hat die Spex ausgezeichnet. Es geht nie nur um Musik. Nie. Das habe ich durch die Spex begriffen.

Ja, stimmt alles. Genau das habe ich selbst durch die SPEX ja auch gelernt, wie ich oben schrieb.

Ich bin unentschieden, wie ich diesen SPEX-Jargon und dieses fast schon zwanghafte Zerren der behandelten Materie auf die Metaebene bewerten soll. Kurioserweise taucht ausgerechnet das Wort „Metaebene“ im (zu langen und zu komplizierten!) Review des Albums der Ausgabe auf. Da hatte ich sowas wie ein Deja Vu: Genau das kenne ich von der SPEX schon aus den 80er/90ern. Einerseits stimme ich dem ja zu und finde es gut, andererseits muss ich seufzen wenn ich dieses rituelle Jonglieren mit solchen Begriffen lese.

Übrigens: Mein Neffe studiert Soziologie. Finde ich gut!

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)