Antwort auf: Tenor Giants – Das Tenorsaxophon im Jazz

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friedrich

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Ben Webster – Soulville (1957)

Elektronikdiscounter, Grabbelkiste, zwischen James Last und Kiss, jede CD nur € 5,00. Zugegriffen.

Ich kenne Ben Webster natürlich aus seiner Zeit bei Ellington, außerdem von den beiden sehr schönen Alben, die er als Co-Leader mit Coleman Hawkins und Gerry Mulligan gemacht hat. Aber Soulville ist mein ersten Album mit ihm als alleinigem Leader und Hauptsolisten.

Ben Webster verpatzt seinen Einsatz beim Titelstück, indem er den ersten Takt versehentlich am Mikrofon vorbeispielt. Um so umwerfender ist dann sein zweiter Takt: Ein Ton auf dem Tenorsax, so warm, elastisch, zärtlich und zupackend zugleich, dass er übers Ohr direkt ins Herz trifft. Oscar Peterson am Piano elegant und Herb Ellis bringt mit seiner leicht verzerrten Gitarre Biss in die Musik. Zwei Originale, ein paar zum Glück noch nicht zu Tode gedudelte Standards, dazu Makin‘ Whoopee, aber selbst das klingt bei Ben Webster charmant. Als Zugabe noch drei Stücke mit Webster am Piano (!).

Lange Zeit nach der Swing-Ära, nach Bebop, mitten im Hardbop und kurz vor Free Jazz war Webster fast schon altes Eisen – könnte man meinen. Irrtum: Er klingt auch 1957 quicklebendig.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)