Antwort auf: blindfoldtest #28 – gypsy tail wind

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dropped-bomb

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Okay, ich versuche mich also auch mal dran, auch wenn ich spät bin. Werde eure Antworten also erst später lesen und erstmal meine Gedanken zum Besten geben. Wobei ich erkenne, dass ich keinerlei Chance habe, hier wirklich jemanden rauszuhören. Zumal Gypsy gesagt hat, er habe die großen Namen rausgelassen. Wahrscheinlich kenne ich überhaupt nur die großen Namen. Aber ich finde es eine spannende Übung im Zuhören! Wie schnell ich alle 19 Stücke schaffe, weiß ich nicht. Ich fange einfach mal mit den ersten dreien an.

#1: Okay, das ist wohl von Platte aufgenommen, deshalb hört es sich rein vom Sound her erstmal älter an, als es wohl ist. Das ist ein sehr kurzes Stück und klingt für mich sehr improvisiert. Bestimmt keine schlechten Musiker, aber es holpert etwas, ist nicht sehr ausgefeilt arrangiert, eher eine Jamsession als eine Komposition einer eingespielten Band. Der Saxofonsound ist eher scharf, finde ich, mehr die Dexter-Gordon/Coltrane-Schule, denn die Hawkins-Tradition. Könnte Hank Mobley so klingen oder klingt der noch leichter? Angesichts der angegebenen Zeitachse würde ich eher gegen 1960 als gegen 1950 tendieren, ich höre hier schon viel Modernität raus. Ich frage mich wirklich, warum das so kurz ist.

#2: Zuerst dachte ich, das wäre eine ganze Bigband, aber es ist wohl „nur“ ein Oktett. Es ist noch sehr im Swing verortet und setzt auf die Blues-Tradition. Im weiteren Verlauf ist es gar nicht so komplex bigband-mäßig arrangiert, wie man erstmal erwarten würde. Sondern folgt einem recht einfachen Ablauf von Soli. Das Altsaxofon darf anfangen und hat, wenn ich mich nicht irre, auch mehr Zeit als die anderen. Daher vermute ich mal, dass das der Bandleader ist. Spielt aber recht altbacken, finde ich, das beeindruckt mich nicht besonders, weder durch Überraschungen, noch durch Feuer oder Spielweise. Das gilt auch für fast alle anderen Solisten. Klingt mir, als würde man auf Nummer sicher gehen, lieber nicht zu schnell spielen, auf naheliegende Harmonien setzen. Ausnahme ist das Tenorsaxofon, das hat Feuer!

#3: Also doch ein Pianotrio. Auch hier noch deutliche Swing-Elemente, finde ich. Ich könnte mir das sehr gut von einer Bigband gespielt vorstellen und bin fasziniert, wie der Pianist diese Dichte mit ein Paar Fingern herstellt. Der Rhythmus hat einen leichten Latin-Touch. Der Pianist spielt sehr bluesig und fokussiert mehr auf Linien mit der rechten Hand, als große Akkordstapeleien zu veranstalten. Die Rhythmusgruppe spielt sehr minimalistisch und trotzdem (oder deswegen?) sehr groovend. Eine Art Jazz, die ich mir wahrscheinlich nicht selber auflegen würde, weil es mir etwas zu altmodisch erschiene, die aber eigentlich viel Spaß macht. Auch ohne spektakuläre Lautstärken oder Geschwindigkeitsrekorde generieren die eine große Dynamik. I like. Aber, hm, das Ende plätschert ein wenig dahin, finde ich.

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