Antwort auf: blindfoldtest #28 – gypsy tail wind

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gypsy-tail-wind
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so, geschafft, aber jetzt hab ich Stress bis zur Mittagspause :-)

friedrich
Track #01
Ein abrupter Einstieg. Die holzschnittartige Aufnahmequalität lässt vermuten, dass das Stück aus den frühen 50ern stammt. Ich mag das ganz gern, das klingt zwar nicht so filigran, dafür umso kompakter und auf den Punkt gebracht. Nervös wirkende drums & bass, abrupte breaks. Schön darüber tanzendes Sax. Noch ganz schön bebop-ig, oder?

sandman hat das Stück bzw. den Solisten erkannt und vorgarten kam inzwischen auch darauf … ein paar Rückmeldungen meinten, hier fehle am Anfang was, ich verstehe das nicht ganz, habe den Track danach nochmal angehört und er geht ja ganz konventionell los, Thema und so, dann Solo … die Drums sind nervös, der Mann kommt aus dem Bebop (wie viele Hard Bopper, auch ganz zentrale wie Art Blakey, der das hier aber nicht ist, der hier ist eher noch beeindruckender :whistle:

friedrich
Track #02
Das hört sich an wie ein Zeitsprung, wenngleich das auch noch eine Mono-Aufnahme ist. Das mehrstimmig arrangierte Bläserthema gefällt mir gut. Mir gefallen solche aneinandereibenden Bläser überhaupt oft gut. Sehr lebhaftes, nach vorne gehendes Sax und dann gibts den Parcour der anderen Solisten. Gegen die ich nichts einzwenden habe. Der Swing hält das ganze zusammen aber was für mich das Stück macht, ist die durcharrangierte gemeinsame Bläserpassage, die am Ende ja noch mal zurückkommt.

Solche mittelgrossen Bands gibt es im Hard Bop nicht oft, bzw. eher mal noch ein Septett (mit t-tb-sax) als ein Septett, Oktett oder Nonett … ich mag solche mittelgrossen Formationen recht gerne (und dabei kommt mir in den Sinn, dass ich das Slide Hampton Oktett bei der Zusammenstellung völlig vergessen habe, verdammt). Hier wollte ich den Altsaxer gerne drin haben, den Trompeter auch, letzteres ging aber fast nicht (und jetzt ist er sogar doppelt da @vorgarten :whistle: – hier hast Du ihn ja erkannt bzw. richtig erraten). Auch der Track ist aufgelöst). Auch der Altsaxer war schon im Bebop zugange, überlebte aber die Hard Bop-Ära nicht mehr … und den Tenorsaxophonisten hatte ich dann ebenfalls sehr gerne mit drin, denn auch von seinen eigenen Alben kam nichts in Frage, weil ich dachte, das erkennt man dann auch gleich …

friedrich
Track #03
Flottes Trio mit Klavier, bass & drums. Der Pianist ist großartig, sehr lebhaft, sehr rhythmisch, tänzerisch, akzentuiert, groovy das lässt mich an einen Boogie denken. Bass & drums grooven sehr schön, der drummer setzt auf den Toms kleine Akzente, was noch etwas mehr Pepp bringt. Sehr tightes Trio. Das ist foot tapping und finger snipping music. Macht richtig Spaß und gefällt mir sehr gut!

Yep … freut mich, dass der Track auch bei Dir gut ankommt – das hier ist quasi das U-Boot oder das Osterei oder was auch immer :-)

friedrich
Track #04
Ein etwas behäbig wirkendes Tenor mit einem etwas schlichten Thema. Toll wird es, wenn die anderen Bläser einsetzen. Da wird das schlichte Thema mehrstimmig und die Klangfarben reiben sich sehr schön aneinander. Klingt etwas altmodisch im positiven Sinne, ich meine Jahrzehnte von Jazztradition mitzuhören. Hat was von einer Brass Band. Klar, dann hat einer nach dem anderen sein Solo, das ist vielleicht etwa vorhersehbar, aber die rhythm section hält die Sache sehr schön am Laufen und die Spannung. Und zum Schluss wieder zurück auf Los.

Behäbig? Eher laid-back phrasiert – aber mit was für einem Ton! Und klar, der Effekt des Arrangements ist toll!
Das Ding ist erkannt von vorgarten … und übrigens für mich noch mehr als #2 ein schönes Beispiel für die Diskussion, die wir um die individuellen Stimmen (die Soli) hatten. Hör Dir nochmal das kurze Trompetensolo am Ende an – das sind solche Momente, die mir einfach wichtig sind, mich berühren. Es ist hier aber der fast gänzlich unbekannte Saxophonist, den ich drinhaben wollte, auch weil seine Präsentation des Themas einfach so toll ist, vom Auftreten, der Attitüde her.

friedrich
Track #05
Die rasenden Läufe am Anfang beboppen in meinen Ohren ganz schön. Die drums vibrieren mehr als das sie einen beat vorgeben. Definitely keine foot tapping music, da fangen eher meine Finger an, nervös zu zucken. Nicht so wirklich meine Tasse Tee und ich frage mich, wie dieses Stück in den Hard Bop-BFT geraten ist?

Ja, das hier kann man wohl gerade so gut als verspäteten Bebop wie als Hard Bop sehen bzw. hören, aber es kommt halt aus der Mitte der 50er (und der Trompeter ist auch kein richtiger Bebopper, der Pianist und der Drummer auch nicht). Ich wollte den Herrn an den Tasten drin haben, die Auswahl ist da nicht gerade gross (auch er taucht anderswo nochmal auf, und auch er ist erkannt (von sandman) – der Drummer hat ein paar Jahre später an grossartigen Aufnahmen mitgewirkt, die ich hier auch nicht reinpacken konnte, weil man sie umgehend erkannt hätte (und je nachdem, wie eng man Hard Bop fassen will, sind sie auch keiner – ich hielte dagegen, aber egal). Den Trompeter schätze ich sehr, den Saxer viel weniger, aber damals, früh in seiner langen Karriere, und auch vereinzelt später, in den Siebzigern und darüber hinaus, hat er schon sehr toll gespielt.

friedrich
Track #06
Drastisches melodisches Kontrastprogramm. Eine Ballade mit vibrierender Trompete, die den Schmalz kaum umschifft. Das Vibraphon klingt nach Liebespaar unterm Vollmond aber getoppt wird das alles noch vom Sax. Schmelz! Das Zwiegespräch zwischen Trompete und Sax ist ganz wunderbar und dann – hach! – gibt das Piano auch noch seinen süßen Kommentar dazu. Was ist das für ein Tick-Tack am Ende? Eine Uhr? Ganz großes Kino mit wenigen Mitteln!

Ja, schön, nicht? Ich mag die alle drei gerne – sie machten damals gemeinsam eine handvoll Alben, von denen ich auch hier das am wenigsten offensichtliche nahm. Vom Trompeter gibt es sonst nicht viel, der Saxer zog sich später auch zurück, aber es gibt etwas mehr von ihm und der Trompeter ist eben, wie auch der Pianist, regelmässig dabei. Das sind alles Figuren aus der zweiten Reihe, wobei der Saxer schon da und dort auftauchte (und sei es als Komponist). Der Pianist ist seit Sommer in seiner 10. Dekade, aber leider kam er nie auch nur annähernd so raus, wie man es ihm gegönnt hätte (anders als z.B. der Mann in #4, der noch eleganter auftritt aber halt später einen grossen Gig bei einer Sängerin hatte, was dann ein umfangreiches, tolles Spätwerk auch auf Platte einläutete.

friedrich
Track #07
Let‘s get down, baby! Erdig groovender bluesiger Jazz mit B3 und cooler, manchmal etwas bissiger Gitarre. Sicher nicht Smith, auch nicht Burrell, das wäre Dir altem Jazzfuchs ja zu einfach, und der Saxofonist ist auch nicht Turrentine, klingt auch etwas zu herb dafür. Die drums sind super schlicht aber effizient. Auch hier hört man wieder Jahrzehnte Tradition raus, Gospel, Blues, Soul. Und das ist auch mehr chitlin circuit als Jazzclub.

Ganz sooo sicher wär ich mir da mal nicht …

friedrich
Track #08
Das klingt gleich ein ganzes Stück subtiler, fängt verhalten und geheinmisvoll an, die Bläser heben sich heraus. Kein fanfarenartiges Thema, kein durchgehender beat, subtile breaks, sorgfältige, sich langsam auf- und abbauende Dramaturgie, in der selbst das Basssolo einen spannenden Moment erzeugt. Die Soli wirken fast wie verschiedene Szenen einer Handlung, die Instrumentalisten sind die Schauspieler in verschiedenen Rollen. Vielleicht etwas weit her geholt der Vergleich? Aber als Gedankenmodell vielleicht ganz brauchbar.

Eigentlich gibt es hier ja nur ein Klaviersolo … und klar, der Bass darf noch kurz. Ich mag den Pianisten (der auch aus der Bebop-Generation stammt) unheimlich gerne, und ich mag dieses composer’s oder arranger’s piano sehr gerne, wie man es z.B. auch bei Ellington oder in jüngerer Zeit bei Mike Westbrook hören kann (der gerade eine neue Solo-CD bei Hat Hut draussen hat, „Starcross Bridge“, sehr empfehlenswert). Der Mann am Bass und der Mann am Schlagzeug sind ziemlich grosse Namen, den Drummer mag ich auch sehr gerne … die anderen Stücke dieser Session sind eher schneller und die Bläser kommen zum Zug, aber weil im Hard Bop ja kein Mangel an guten Bläsern besteht (ein paar von ihnen sind auch hier „versteckt“) und ich eben den Pianisten total gerne mag, und weil die Stimmung hier so fein ist, musste es dieses Stück sein.

friedrich
Track #09
Da ist es ja, das fanfarenartige Thema! Wow, wie ich diese dissonanten Akkorde der Gitarre darin liebe! Die haben Biss! Die gesamte erste Minute ist toll durcharrangiert und spannend aufgebaut, dann wird alles zurückgefahren, die Bläser sind offnbar für einen Moment nicht orientiert und dann spielt der Gitarrist ein zurückhaltendes Solo, nur vom Bass begleitet, dann wieder alle anderen rein. Auch das ist sehr spannend. Hier gibt es also auch einen deutlich vom Schema Thema-Solo-Solo etc. blabla abweichenden Ablauf, der die Sache für mich interessant macht. Nach hinten wird es leider etwas konventioneller, vorhersehbarer und damit weniger spannend. Davon lasse ich mir den Spaß aber nicht verderben.

Der Gitarrist ist toll … und ich denke mal, nur vorgarten hat ihn so halbwegs im Auge, aber Du wirst ihn vermutlich schon auch kennen. Er hat wenig als Leader gemacht, diese Session kam erst Jahrzehnte später raus und die Momente des Zögerns, gewisse Unsicherheiten, erklären das auch – vermutlich hätte man das ganze eine Woche später nochmal machen sollen, und dann hätte es richtig gut kommen können – dennoch mag ich das Album. Ich wählte es auch wegen des Trompeters, noch so ein verschatteter, der zwar länger dabei war, von dem es aber nicht gerade viele Aufnahmen gibt.

friedrich
Track #10
Scharfer und rasanter Einstieg mit messerscharfen hi hats, markantes Bläserthema. Das Sax ist super präsent, rhythm section sehr tightly knit, der Bassist ist super (auch gut aufgenommen!), die Trompete ist okay, wahrscheinlich sogar gut, aber die hätte es, wenn‘s nach mir ginge, gar nicht gebraucht. Naja, sie ist als Zwischenstück dramaturgisch wertvoll, bevor es wieder zurück zum Sax geht. Die drum & bass Soli sind erfrischend kurz und knackig, eigentlich nur breaks. Ich mag das in seiner kompakten, direkten und „kein Ton-zuviel“ Art sehr!

Ist aber auch kein Hard Bop, oder schon? Oder ist das jetzt Hard Bop und das andere nicht? ;-)
Die Trompete ist schon ziemlich super, aber allzu oft kriegt man sie auch nicht solistisch zu hören … aber der Mann war wohl in mancherlei Hinsicht wichtig.

friedrich
Track #11
Ooh baby, ich hab den Blues, bzw. der Blues hat mich! Aber sehr fein und blumig vom Piano gespielt, auch mit Drama und ein wenig Akrobatik, während bass & drums völlig stoisch und schleppend den beat halten. Wieder ganz viel gute alte Zeit. Da kann man in diesem Fall aber auch nichts mehr dran verbessern. Klassizistisch, und auch sicher nicht juke joint oder blues club in Chicago sondern eher NYC und/oder sogar Konzertsaal.

Eher nicht NYC sondern, genau, Chicago … die Menge an Trio-Alben im Hard Bop ist sehr überschaubar, daher war es relativ schwierig, jenseits von Horace Silver, Sonny Clark, Junior Mance, Elmo Hope, was zu finden … auch das hier ist nicht unbedingt klassischer Hard Bop, aber da der Blues im Hard Bop auch sehr wichtig war, lässt sich das eigentlich gar nicht so klar sagen. Jedenfalls, ich erwähnte es oben schon, ein Musiker, über den ich früher die Nase gerümpft hätte (klischiert, langweilig, eindimensional), aber die Stimmung, die er aufbaut, der Sound des Pianos – das ist schon super gemacht.

friedrich
Track #12
Wenn ich nicht wüsste, dass dieser BFT das Thema Hard Bop hat, würde ich sagen, dass das hier Cool Jazz streift. So leicht und federnd kommt das Sax hier daher, und im Unterschied zu anderen Stücken hier im Test kann ich kaum einen Gospel- oder Blues-Bezug erkennen. Steht damit auch sehr im Kontrast zum vorhergehenden Track #11. Ich könnte jetzt auch nicht mal auf Anhieb das zugrunde liegende Thema benennen, dazu fließt das zu frei daher. Hübsch. Funktioniert für mich mehr als fließende Improvisation als als prägnante Komposition. Der Ton des Saxofonisten ist sehr schön, irgendwo zwischen Desmond und einem eher bluesigen Kollegen.

Cool Jazz ist ja Bebop :whistle:
Der Mann hier kommt aber – grob gesagt – von Sonny Rollins, hat einen riesigen, kantigen Ton und eine sperrige Phrasierung, die zwar irgendwie seltsam elegant ist, aber mir auch so vorkommt, als stosse sie an jeder Kante an, die man nur stossen kann … die prägnante Komposition gibt es hier schon, in Form von Changes und Kürzeln des Themas, die damals jeder auswenig konnte, weil es (wie von „I Got Rhythm“) Dutzende, wenn nicht hunderte, Varianten davon gab – und der Standard auch sehr oft schlicht gecovert wurde. Bei mir ein Lieblingsmusiker, aber auch einer der eher verschütteten, der aber schon sowas wie einen legendären Ruf hat (und der Track hier ist denn auch vom grossen aber legendären – es gäbe ein paar typischere, etwas frühere, mit bekannten Sidemen – Album).

friedrich
Track#13
Das geht noch viel weiter in Richtung Kammerjazz. Einsame Trompete, eigentlich ein Trompetensolo mit sehr zurückhaltender Begleitung, die nur ausnahmsweise mal etwas anzieht und die Spannung etwas erhöht. Klar ist der Trompeter ein Könner! Kann mich auf Anhieb nicht so mitreißen, vielleicht müsste ich das öfter hören. Ist aber auch sehr auf das Spiel des einen Solisten fokußiert.

Kammerjazz? Überhaupt nicht – das ist eigentlich schon eine Band, die fetzen und angeben kann … aber ich wählte halt das grosse Balladenfeature, auf dem der Saxophonist auch aussetzt und der Trompeter wohl Flügelhorn spielt (ich konnte das leider nicht verifizieren @vorgarten)

friedrich
Track#14
Arriba! Hier haben wir was Afro-Kubanisches, aber vermutlich ohne Afro-Cubans. Keine Congas, Bongos, Timbales oder Clavé, insgesamt etwas zurückhaltend, eher warm als heiß. Eine cultural appropriation von Leuten, die niemals Kuba gesehen haben, vermute ich. Aber das sagt nichts über die Qualität der Musik aus. Und natürlich reißt das rhythmisch mit und hat auch einen schönen satten Klangreichtum. Die Posaune, das Bariton-Sax, hier ungewöhnlich und orginell. Das höre ich sowieso gerne und damit bin ich auch gleich positiv voreingenommen. Steht ganz schön im Kontrast zu #13.

Das ist nur der Beat, ja. Und der wechselt ja auch mit 4/4-Swing Passagen ab – immerhin ziehen sie den Wechsel in den Soli mit durch (oftmals wurde ja bloss im Thema ein Latin-Beat gespielt, die Bridge dann in swingendem 4/4, und die Soli dann gleich ganz in normalem 4/4, ohne dass man vom Latin-Beat noch was mitkriegt, das finde ich meist ziemlich schade). Die Besetzung ist – mit Posaune statt Trompete, beigegebenes Barisax – ziemlich Stadnard. Auch da wenig grosse Namen, den Leader kennt man am ehesten noch als Komponist eines Klassikers für einen anderen Tenorsaxer, die zwei anderen Bläser waren allerdings auch mal in einer Mission unterwegs, und den Drummer könnte @vorgarten vielleicht auch noch heraushören, aber der ist jetzt im Urlaub, lassen wir ihn!

friedrich
Track#15
Nochmal chitlin circuit? Aber etwas freier, weniger stark an Blues und Gospel orientiert. Diese Leute haben auch Bebop gehört und verarbeiten das in ihrem Idiom. Ein bisschen Instrumetalakrobatik ist hier auch mit dabei. Das Thema scheint mir nur ein Anlass zu sein, um mal die Sau rauszulassen, was bei ca. 2:00 ja auch ordentlich der Fall ist. Das ist dann ein Rausch.

Das ist aber schon ein Blues :-) – das Ding ist supertight oder? Die Mischung aus sehr eng verwoben und zugleich völlig frei, führt wohl erst zur fast ekstatischen Wirkung.

friedrich
Track#16
Da sind wir wieder down home. Einfaches Thema, call & response, groove, blues, gospel, alles da. Eine solide Sache, nicht herausragend aber gute bewährte Hausmannskost, auf die man immer wieder gern zurückkommt.
Bonus Tracks. Nachspielzeit. Nur kurz.

Yep, ein Amen-Thema … das ist inzwischen auch erkannt, dauerte länger als ich erwartet hatte.

friedrich
Track#17
Ellingtons Solitude. Swing.

Yep, „Solitude“, aber nicht mit Ellington. Dafür mit Quote, wenn man so will (nicht nur Big Band, die kommt in #19 ja nochmal, auch da war es nicht ganz leicht, was passendes zu finden, aber die Band, die hier halt nur im Hintergrund zu hören ist, kann man getrost als Hard Bop Big Band betrachten – und übrigens als eine Art Folgeband der Band in #19).

friedrich
Track#18
Klingt wie Exotica. Querflöte. Selten im Jazz, erst recht im Hard Bop.

Exotica? Ja, der Song halt – Hedwig Eva Maria spielte die Hauptrolle, Komponist Victor Young (von ihm stammen auch „I Can’t Get Started“ und „Stella by Starlight“) eine Oscar-Nominierung (aber keine Auszeichnung) für beste Filmmusik. Hatte auch erwartet, dass das hier zu leicht ist, darum als Bonustrack … aber gut: es gibt zwei „doubler“ hier, der eine ziemlich ungewöhnlich, und er hatte mit der Band in #17 was zu tun (es gibt eh haufenweise Bezüge zwischen den Leuten hier … wenn ich die alle in Anspielungen preisgebe, kann man wohl die Karten gleich aufdecken).

friedrich
Track#19
Hossa, da schmettern die Bläser! Auch Swing. Aber die Band hat auch Bop gehört.
Ein für mich spannend und angenehm zu hörender Mix. Danke dafür! Höhepunkte sind für mich #03, #06, #10 und Nummer #14. Ich glaube, daran reizt mich jeweils die Prägnanz, die knappe Schärfe und der individuelle Charakter, diese Stücke haben alle irgendeine ganz eigene Note, mehr oder weniger stark ausgeprägt.

Yep, Bop … aber das ist eine spätere Auflage und der Drummer ist einer, der im Hard Bop als Musiker gross wurde … und obendrein (die Solisten) nochmal ein paar Leute reingebracht, die ich schätze.

friedrich
Erkannt habe ich außer Ellingtons Solitude kein einziges Stück und auch keinen einzigen Musiker.
Was @gypsy-tail-wind mir erklären muss: Wo liegt bei all diesen Stücken der programmmatische gemeinsame Bezugspunkt „Hard Bop“? Ich höre da eine etwas irritierende Unschärfe, die ich nicht fokußieren kann. Was aber den Genuss keineswegs trübt.

Die Unschärfe liegt in der Natur der Sache. Dennoch kann von Beliebigkeit keine Rede sein. Die Zeit des Hard Bop – weit gefasst, was ich oben ja schon ausführlich erläuterte (erste Seite des Threads) – war die letzte Phase, in der Jazz so etwas wie „Mainstream“-Musik war, in Jukeboxen lief (kann man sich z.B. bei #10 oder #14 auch ganz gut vorstellen oder?), zu der teils auch noch getanzt wurde … Hard Bop war im Gegensatz zum Bebop eine inklusive Musik, in der Platz für sehr, sehr vieles war. Den frühen Cecil Taylor, „Kind of Blue“, Dolphy, Coltrane bis Ende Juni 1965, die Atlantic-Alben von Ornette Coleman, Mingus – kann man da dazu zählen. So gesehen ist meine Auswahl schon mal deutlich enger und fokussierter auf sowas wie den „Kern“, einfach etwas abseits der Hauptpfade (Blakey/Silver und die Messengers, das Silver Quintet, Brown/Roach, Miles Davis, die ganzen Blue Note-Musiker wie Mobley, Morgan, McLean, Hubbard, Turrentine usw.).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba