Antwort auf: John Coltrane

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nicht_vom_forum

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vorgarten

nicht_vom_forumUnd was „direkt, schnörkellos, lyrisch“ betrifft: Ich glaube, da haben wir streckenweise andere Vorstellungen als der durchschnittliche Kamasi-Washington-Hörer.

war bei mir z.b. anders. bin mit EXPRESSION bei coltrane eingestiegen und habe mich dann in „india“ aus dem village vanguard verliebt – das hätte mit dem BALLADS-album z.b. nicht geklappt. (analog miles: vor allem ROUND MIDNIGHT war mir am anfang völlig fremd, obwohl es natürlich zugänglicher scheint als ON THE CORNER). der zugang zu modalen, spirituellen, hymnischen sachen fällt, glaube ich, vielen am anfang leichter als zu viel stärker formalisierten und an die jazztradition gebundeneren hard- oder postbop-sachen. ich fand gerade den vergleich kamasi 2018/ coltrane 1964 sehr spannend – das funktioniert musikalisch schon sehr unterschiedlich.

Ich würde das auch nicht verallgemeinern. Jemand mit Hiphop oder Drum’n’Base-Affinität findet bestimmt anders Zugang zu Jazz als jemand der mit Abba oder den Pet-Shop-Boys musikalisch sozialisiert wurde. Und dann gibt es noch die Leute, bei denen gerade ein starker Kontrast zu dem sonst bevorzugten gut funktioniert…

Was mir zum Thema Marketing/Musikkonsum noch auffiel: Es hat natürlich auch (schon bei der Frage, ob überhaupt ein Artikel in einer Zeitung erscheint) Auswirkungen, dass es inzwischen Streaming gibt. So kann man inzwischen mit einer Empfehlung/einem Artikel wesentlich leichter einen musikalischen[1] Mehrwert für den Leser erzeugen, der unkompliziert und quasi kostenfrei reinhören kann als vor 20 Jahren als der Zugang zu neuen Jazz-Platten abseits der Großstädte schwierig und auf jeden Fall mit Kosten verbunden war.

[1] Auch wenn man das nicht scharf trennen kann, geht es mir hier um nicht um den wirtschaftlichen Nutzen für das Label sondern um den Nutzen für den Leser.

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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick