Antwort auf: blindfoldtest #27 Mr Badlands

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gypsy-tail-wind Ein Cover-Album … solche Kategorien machen im Jazz irgendwie wenig Sinn, denn viele der grössten Jazzer haben kaum eigenes Material komponiert (und die Kategorie „Live-Album“ finde ich oft ähnlich unsinnig, zumindest bei als Live-Album konzipierten Scheiben, die auf jeden Fall in die offiziellen Album-Diskographien gehören – bei später herausgebrachten Live-Mitschnitten verhält es sich oft anders, das sind dann Dokumente eines Auftrittes, aber sowas wie die ganzen Blue Note Live-Alben von Art Blakey oder Jimmy Smith, Sonny Rollins oder Bill Evans oder Coltrane im Village Vanguard … da wurde über mehrere Sets/Tage mitgeschnitten mit dem Ziel, ein Album zu produzieren, und selbst wenn die Alben nur Material enthalten, das schon in Studio-Versionen greifbar ist, gibt es keine Gründe, die Alben als minderwertig oder als Zweitverwertung anzuschauen, wie das in Rock-Kreisen anscheinend oft geschieht). Aber klar, das „Where’s Africa“ Projekt ist eine Art Tribute-Ding, eine grossangelegte Hommage. Mit Ntshoko war da aber einer der alten Kämpen mit an Bord und Schweizer ist durch ihre langjährige Zusammenarbeit mit Moholo und Ntshoko (und den noch weiter zurückgehenden Einfluss durch Dollar Brand, wie er damals noch hiess, als er regelmässig in Zürich zu hören war) schon recht nah dran.

Stimmt, das ist auch eher meiner musikalischen Prägung bisher durch Rockmusik geschuldet. Und, der Tatsache, dass ich mit vielen „klassischen Jazz Alben der 50er/60er Jahre“ bisher nicht recht warm geworden bin, die zum Großteil aus Standards bestehen. Und liegt auch daran, dass ich aktuell viele Alben höre, die eher dem neueren, moderneren Jazz (auch Free Jazz) zugeordnet werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass mir der Zugang zur Jazz Musik bisher auch viel durch den Rhythmus gelang und weniger durch klassische Strukturen wie z.B. „Bebop“, „Hard Bop“. Mein bisher liebstes Miles Davis Album (wenn man davon überhaupt reden kann, bei meinen bescheidenen Kenntnissen des so umfangreichen Werks) ist „Sketches of Spain“ (auch hier spielt der Rhythmus eine große Rolle, in Form, das er kaum vorhanden ist ;-), hier ist das Besondere, die Reduktion, das Weglassen, die Auflösung in Stille, also das Gegenteil z.B. vom Eröffnungstrack meines zweitliebsten Albums) „Files de Kilimanjaro“ und seit kurzem ist dazu gekommen, „Kulu Se Mama“ von Coltrane.

Die Brotherhood of Breath mag ich unheimlich gerne … auf Cuneiform gibt es weitere Live-Veröffentlichungen (auch eine sehr tolle von Harry Miller), dort ist „The Bride“ auch wieder dabei … das Konzert aus Berlin 1971 („Eclipse at Dawn“) ist von den dreien wohl das tollste. Aber zum Einstieg wären wohl schon „Brotherhood“ und „Brotherhood of Breath“ am besten geeignet, die ersten zwei Alben. Und sonst vielleicht die Blue Notes, die kleine Combo von Chris McGregor, der hinter der Brotherhood stand. Von den Blue Notes gibt es allerdings zumindest physisch in erster Linie die recht teure Box auf Ogun, aber vielleicht kann man da ja auch was streamen oder kriegt irgendwo MP3. Das alles – McGregor, die BoB, die Blue Notes, Harry Miller – ist allerdings auch nicht Musik, die ich in meinen Anfangsjahren als Jazzhörer interessant fand. Bis ich da einen Zugang finden konnte, hat es gedauert. Da Du allerdings schon späten Coltrane hörst, scheint mir das kein generelles Problem zu sein (ich wurde in den ersten Jahren mit Free Jazz nicht warm, aber ich war auch noch ein halbes Kind, als ich mit Jazzhören anfing, damals ging auch alter Jazz nicht, Bebop war mir oft zu nervös, alles davor fand ich ungeniessbar, und das meiste nach 1965 oder so ebenfalls).

Mir gefällt der Stil von Irene Schweizer sehr gut, zumindest auf dem Album mit Moholo vom bft. Und in Deine Tips höre ich gerne mal rein.

 

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