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Besser spät als nie … die grosse Räumaktion ist beendet, statt überall im Zimmer stapeln sich CDs und Bücher derzeit nur noch vor den Regalen (dafür finde ich die nächste Zeit wohl gar nichts mehr – wie immer nach dem Aufräumen) – sorry @mr-badlands für die unerwartete Verzögerung! Wie gesagt, noch nichts gelesen hier im Thread, daran mache ich mich später. Erste Eindrücke also, wobei #1-3 schon am Vormittag mal liefen (ohne dass ich #3 schon erkannt hätte, s.u.).
#1 – Das hier kommt wohl vom östlichen Mittelmeerraum, irgendwo zwischen Istanbul und der Levante? Klarinette, Ney, Darbuka, eine Fiedel, ein Kontrabass … gefällt mir zunächst sehr gut, wird dann aber etwas hektisch gegen das Ende hin. Munteres Namenraten mag ich grad nicht betreiben.
#2 – Sofort erkannt … die ersten Töne der Bassklarinette und es ist klar, welches Trio hier am Werk ist. Reisenotizen und erfundene Folklore, in der der halbe Mittelmeerraum Platz hat, aber auch Grooves von weiter südlich (Maputo und so). Passt so gesehen auch perfekt zwischen #1 und #3. Hier bleiben sie allerdings in der Heimat, an der westlichsten Spitze am Atlantik.
#3 – Da brauchte ich drei Anläufe bis zum „Aha“ – erste Gedanken: mehr Ellington hier als Monk und mehr Monk als Cecil Taylor … aber die sind alle da. Und klar: wer nicht Ellington hört ist blöd, das ist so sicher wie Horst Seehofers Ende (obwohl, das ist ja schon da, so gesehen hinkt der Vergleich stark). Etwas hüftsteif ist das schon, was am Klavier hier abgeliefert wird, es ist europäisch (das dann die Erklärung), obwohl ich es zunächst nicht einordnen konnte und z.B. mal einen kurzen Moment an Don Pullen dachte, was ich aber umgehend verwarf (weil eben: der Groove, der Swing, das ist hier völlig anders). Den Trommler habe ich dann allerdings zuerst erkannt und dann war auch gleich klar, woher das kommt (selbst seine Stimme erkennt man doch gleich, wenn man sie schon mal gehört hat). Ich sah die beiden ja letztes Jahr live – und das klappte irgendwie gar nicht mehr, was schade war, aber angesichts des Altersstarrsinns von beiden Seiten auch nicht weiter verwunderlich … und ich mag beide weiterhin sehr.
#4 – Circus und Jahrmarkt (Fortsetzung), Macht Spass, beginnt dann zu nerven, doch kriegt die Kurve noch rechtzeitig … Niederlande und zwar eher Breuker als ICP, vermute ich? Irgendwie hält das dann aber doch nicht, was der Auftakt versprach, das Posaunensolo finde ich langweilig, recht holprig obendrein … habe aber durchaus das Gefühl, hier möglicherweise geschätzte Leute zu dissen. Es gibt dann allerdings auch noch Anklänge an die Grooves von der südlichen Spitze Afrikas (vgl. #3, #7) – Sean Bergin wäre da eine Möglichkeit, der mit den Niederländern gearbeitet hat, da kenne ich noch nicht viel und hab v.a. ewig nichts mehr davon angehört. Hm. Ohne das Posaunensolo wäre das jedenfalls besser, oder sogar richtig gut. Aber wer ist das denn am Barisax? Darüber müsste man wohl drauf kommen können, aber ich habe gerade keine Idee.
#5 – Der Bass hier ist so stark wie in #3 (also Bärenstark, mindestens, Mingus-Schule) … die Posaune tanzt hier dann auch bärenartig über den mitreissenden Groove, verkantet sich in diesem, hat einen schönen, wenngleich etwas matten Ton. Dann ein Altsax, auch ein schöner Ton, etwas zu leise im Mix (der Tonmeister mochte wohl den Bass auch sehr gerne …). Sind das auch wieder Niederländer? Michael Moore, Wolter Wierbos? Han Bennink ist das hier aber nicht. Gefällt mir, und fügt sich wiederum sehr gut an den Track davor an. Nein, das ist wohl nicht Holland und viel neuer – und ich vermute, selbiges gilt für #4 auch gleich … egal, ich lasse mich überraschen!
#6 – Das interplanetarische Orchester darf in dieser Schau natürlich auch nicht fehlen … was für ein geiler Groove. Und wie fein der Sektenführer höchstselbst das Ding am Klavier öffnet. Diese Facette seines Schaffens gerät ja, wie bei vielen Bandleadern (ich nannte oben Ellington, der ein grossartiger und enorm prägender Pianist war, Count Basie war beides auch, wenngleich die Prägung wohl auf einer abstrakteren Ebene verlief – geht Paul Bley ohne Basie?) … danach Trommel-Fiesta.
#7 – Auch das klingt sofort sehr vertraut. Gleiche Weltgegend natürlich wie der Trommler in #3, diese Harmonien, der Groove – aber ich komme nicht drauf, allein schon von der Besetzung her passt das zu nichts, was ich grad abrufbar hätte … wessen Braut das hier ist, weiss ich nicht, aber der Komponist selbst ist das nicht? Ärgert mich gerade, dass ich das nicht herausfinde, aber immerhin habe ich das Stück noch identifizieren können (auch nur mit Suchen, nicht mit erkennen … wie so oft kenne ich die Melodie, aber nicht den Titel).
#8 – Verschnaufpause, und zurück zum Klavier, das etwas verdrängt wurde in den letzten paar Tracks. Huch, alles klar … die CD kaufte ich beim Tribute-Konzert an den grossen Bassisten, das letztes Jahr in Basel abgehalten wurde (als Satellit eines nach ihm benannten, sonst in Deutschland domizilierten Festivals?) – in Ruhe angehört habe ich sie noch nicht, aber gerade, beim Aufräumen, oben auf einen Stapel gelegt, um das bald endlich einmal zu tun! Ich erkannte zuerst aber den Herrn am Klavier, der auf Fotos unschlagbar aussieht, vor allem ergraut und mit Fluppe … und spätestens bei 1:54, wenn er in diesen kleinen Groove fällt, ist völlig klar, wer das ist. Unverwechselbar, ein leider oft verkannter Gigant.
#9 – Yeah! Hier kommt der Bass-Strang wieder (#3, #5, #8 bisher) – der Vater von allen (nicht ganz, es gab ja auch Pops Foster, Wellman Braud, Walter Page … aber die hat man ja heute leider meist vergessen) … dann der unverkennbare Herr mit dem fliehenden Kinn (mit Bart geschickt kaschiert) am Tenor. Unverkennbar auch der Herr am Klavier (der beste, den Mingus je hatte? Warum nenne ich die Namen nicht einfach, ihr habt ja wohl eh fast alles längst aufgelöst). Und nicht Dannie Richmond am Schlagzeug, aber einer der ganz wenigen, der vielleicht den Job bei Mingus auch hätte machen können (es hier ja ganz gut tut). Im Chor ist auch eine Frauenstimme, oder? Ich glaube jedenfalls am Schluss eine herauszuhören, beim letzten „for me“ ist es eindeutig. Wer das wohl war?
#10 – Huch, fast 19 Minuten? Hoffentlich ohne so langweiliges Posaunensolo wie der bisher längste Track (#4) … ach so, nach ein paar Sekunden ist alles klar, und wenn die Stimme einsetzt dann sowieso. Eine englische Übersetzung des Textes findet man hier:
http://rkjarvik.blogspot.com/2011/10/juno-se-mama.html
I JUNO
a drummer born. American.
My father
a tuxedo drummer,
„once a tuxedo drummer, always a
tuxedo drummer.“
My mother’s father was a captain’s
drummer,
F Company, 84th Regiment, Union Army
during the Civil war, 1863-6.
For the past 12 years I have been a
maker, designer,
a Son…..of drums.
A professional drummer at the age of 16, Juno credited his inherited talent to his grandfather, Jules Narcisse, a member of the Musicians Company F, 4th Regiment, U.S. Colored Infantry during the Civil War. While still young, Juno worked with a dance act in New Orleans and a few jazz acts in the French quarter. “But they outlawed me, he said, because I was playing a conga drum…. This was a strange type of drum to those musicians at the time.” Long before it was in vogue in the ’60s, Juno turned to Africa for cultural inspiration, drawing from the African art and musical traditions surrounding him in New Orleans. His group, Juno’s Calypso Quartet, played in nightclubs throughout the city.
…
In 1965, Juno met John Coltrane through a mutual friend and only four days later recorded “Kulu Sé Mama,” (“Juno Sé Mama”) with him. It a song based on a poem, which he sang in reverence to his mother and also his father. It consisted of seven of Juno’s drums, two tenor saxophones, two bass violins, two conventional sets of drums, a pianist and a conch shell.
aus dem Nachruf auf Juno Lewis hier:
https://jazztimes.com/news/juno-lewis-dies-at-70/
und hier der betreffende Post im Chrono-Coltrane-Thread inkl. Auszug aus den Liner Notes (14. Oktober):
http://forum.rollingstone.de/foren/topic/chronological-coltrane/page/19/#post-7658749
Dass es draussen noch etwas dunkler und kühler wird, der Wind stärker, das Gewitter näherkommt, passt bestens zum Ende dieses Stückes, das ich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr angehört habe. Danke dafür!
#11 – Zurück zum Piano, zum Ellington-Monk-Kontinuum … wenigstens im Intro, denn danach ist das Vibraphon hier der Star, zumindest vordergründig. Das ist toll, klingt auch sehr vertraut … starker Bass wieder, das kurze Schlagzeugsolo ist super, unterbricht das Ding, aber danach geht es weiter, fast als wäre nichts gewesen, aber da war eben doch was. Immer wieder leichte Dissonanzen, Cluster, da sind vier grosse Individualisten am Werk – toll! Ich dachte spontan an Walt Dickerson, werde aber gerade nicht fündig und die Zeit eilt mir bei all den Wiederholungen und dem Vor- und Zurückspringen in der Playlist langsam davon.
#12 – Minimalistisch, da denke ich an Carla Bley (und Basie lässt auch gleich grüssen) – aber das ist sie nicht, klingt nicht nach ihr … gefällt nicht schlecht, aber irgendwie ist das gerade etwas antiklimaktisch für mich.
#13 – Akustische Gitarre … das ist nun gar nicht meine Spezialität – aber ein stimmiger Abschluss für diesen feinen Mix! Vielen herzlichen Dank, mr-badlands!
Bilanz:
– sofort erkannt: #2, #6, #9, #10
– fast sofort erkannt: #3, #8
– auf der Spur (Stück identifziert/erkannt): #7
– keine echte Spur: #1, #4, #5, #11, #12, #13
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba