Antwort auf: blindfoldtest #26 – wahr

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wahr

Registriert seit: 18.04.2004

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cloudyHabe jetzt auch endlich Gelegenheit gehabt, in den aktuellen BFT reinzuhören. Nochmals vielen Dank an @wahr für die Zusammenstellung und all die Mühe! Ich habe bislang keine Auflösungen gelesen. Was ich also jetzt hier von mir gebe, ist eine völlig unbeeinflusste Meinung, sozusagen.
Für mich ist der Bft eine zweischneidige Sache. Da gibt es Titel, die ich schon aufs erste Hören hin toll finde, und andere, die ich mir mit Sicherheit noch einige weitere Male anhören muss, damit sie sich mir erschließen; falls sie das überhaupt je tun werden.
Die Lieblinge sind bei mir Nr. 3, Nr. 4, Nr. 6, Nr. 7, Nr. 9 und Nr. 10. Aus diesen ragen für meinen Geschmack dann nochmals die Nummern 6, 7 und 9 mit einigem Abstand heraus.
Jetzt mal genauer:
Nr. 1 ist mir zu klavierlastig. Weiß nicht, warum ich mich mit Piano-Musik seit einigen Jahren ganz allgemein recht schwer tue (obwohl ich das Instrument als solches doch eigentlich mag); aber es ist einfach so. Deshalb reißt mich der Opener des BFT nicht wirklich vom Hocker. Die Live-Atmo hat allerdings was.

lange zeit stand als erster track ein stück von haino/o’rourke/ambarchi fest. eine art drone, vorwiegend gespielt auf weingläsern. Vielleicht wäre das für dich die bessere wahl gewesen, vorausgesetzt, du tust dich nicht auch mit weinglas-musik seit einigen jahren ganz allgemein recht schwer. :)

cloudyNr. 2 beginnt für meine Ohren schon recht schwerfällig und irgendwie zäh. Dissonant, experimentell. Das sage ich als noch immer Jazz-Neuling. Für Jazz-Erfahrende mag sich das anders darstellen.

das stimmt schon, der track rollt langsam an, ich finde ihn aber von anfang an tatsächlich schon rollend, an melodie zunehmend, immer spannend, mit dem einsetzenden sopransaxophon bohrt er als steigerung nochmal feine melodielinien durch den track durch. Ich finde, er gewinnt bei jedem hören, weswegen ich auch @vorgarten nicht verstehen kann, bei dem offenbar der gegenteilige effekt entstanden ist.

cloudyNr. 3 beginnt mit einem Bass, der mich aufhorchen lässt und neugierig macht, schon in den ersten Sekunden. Mit jedem weiteren Instrument, das dann einsetzt, wird es noch interessanter. Irgendwann erklingt sowas wie eine Sitar? Sehr schön.

ja, eine sitar. Ich habe in den letzten wochen dieses stück unzählige male gehört und bin immer wieder fasziniert, wie gut das runter geht, ein bisschen coltrane-light, aber wie ich finde, auf beseelte und sehr respektvolle art. ich höre leichte hipster-gefahr, aber es geht doch alles gut (gilt für das ganze coltrane-tribut-album dieser truppe).

cloudyNr. 4 erinnert an Radio-Gezappe. Einmal quer durch die Sender. Hat was, und der Rhythmus packt mich. Aber: Ob ich das so von mir aus unter „Jazz“ einsortiert hätte?

nein, unter jazz würde ich das nicht einsortieren. sun ra, idris ackamoor oder duke ellington nannten/nennen ihre musik auch nicht jazz, oder wie es cecil taylor ausdrückte: „what is jazz? what is jazz? J-A-Z-Z? what is jazz?“ wenn man das zitat schnell ausspricht, könnte glatt ein piano-cluster von taylor drunterpassen. @vorgarten packt der rhythmus auch, mich ebenfalls. der swingt nämlich total.

cloudyNr. 5 fängt soulig an, fein. Gleichzeitig klingt es bald aber beinah so, als würde die immer selbe Zeile endlos wiederholt, und das macht es dann für mich etwas langweilig.

ich finde, es wird ständig in der wiederholung variert, bildet das gerüst, um das herum es immer verrückter wird. bis veloso mit ein paar shhhhs den track zur ruhe bittet. damit endet auch „caetano veloso“, velosos zweites solo-album. das erste hieß „caetano veloso“, das dritte hieß „caetano veloso“. wer ist peter gabriel?

cloudyNr. 6 packt mich von der Stimmung her sofort. Wenn dann die Bläser einsetzen, erst recht. Hat auch eine catchy Melodie.

eine kleine, schöne beruhigung der eher aufgekratzten beiden vorherigen tracks.

cloudyNr. 7 geht mir sofort in die Beine. Ich mag den Rhythmus sehr und die Leichtigkeit, mit der das alles gespielt wird. Ist ein klarer Favorit hier von mir unter allen Nummern.

ich find’s auch super, selbst wenn es mir manchmal ein bisschen zu durchdacht ist. gefahr liegt in der potenziellen tauglichkeit als high-end-anlagen-referenz-platte, was bei dem plattenlabel auch kein wunder ist (naim).

cloudyNr. 8 ist nicht mein Fall. Diese hingetupften Töne mag ich nicht, und erst recht kann ich mit dem eingestreuten „Geräusch“ nichts anfangen. Das Zuhören fällt mir hier wirklich schwer, es macht mich beinahe nervös.

aber bis einem klar werden kann, dass das zuhören schwer fällt, ist es doch schon vorbei!

cloudyNr. 9 ist vielleicht sogar das Highlight für mich. Irres Tempo, ein bisschen Crossover, eine tolle Melodie. Stillsitzen ist unmöglich. Ich meine sogar, die Melodie von irgendwoher zu kennen; kann das sein? Ist das Thema irgendwo mal übernommen worden, gesamplet?

mir kommt es auch bekannt vor, aber dieses trio sampelt sich nur selbst, soviel ich raushöre.

cloudyNr. 10 ist auch sehr toll. Erinnert mich an eine Mischung aus Jazz und vielleicht Weltmusik. Die Stimme ist für mich sehr ansprechend, aber den Sänger kann ich leider nicht benennen.

für mich hat der track das zeug zur halluzination. und verwischt mein zeitgefühl. einigen hörern hier kann das stück allerdings nicht kurz genug sein.

cloudyNr. 11 klingt zerfahren. Auch hier fällt mir das Zuhören schwer.

ich finde, die trompete, klarinette, sax hören sehr aufmerksam einander zu. Und geben sich auch raum dazwischen, vielleicht deswegen der zerfahrene, unzusammenhängende eindruck. ich würde das vielleicht nochmal hören.

cloudyNr. 12 mag ich wieder, gerade auch wegen der weiblichen Stimme. Bleibt aber auch so ein Fall von einem Titel, den ich mir noch einige Male anhören muss. Vielleicht deshalb, weil er so reduziert ist / klingt. Verbreitet insgesamt eine etwas melancholische Stimmung.

ich hatte große schwierigkeiten, für dieses stück einen platz zu finden, so sehr fällt es aus dem rahmen, was tempo und stimmung angeht. andererseits ist es eben das dritte der jeweil sehr unterschiedlichen piano-stücke in der zusammenstellung (neben #1 und #15). du darfst das stück übrigens gar nicht mögen, denn es ist piano-musik. ;)

cloudyNr. 13 ist bei mir wohl ein Grower. Beim ersten Hören hab ich den Titel unter „interessant“ verbucht. Beim zweiten Hören fand ich ihn dann schon packender. Da wird eine Art Spannung innerhalb des Titels aufgebaut, die faszinierend wirkt. Der „Zug“ nimmt ordentlich Fahrt auf…!

finde auch, das sich ein besonderer sog entwickelt.

cloudyNr. 14 hat dann auch wieder so ein Intro, mit dem ich nicht warm werde. Und es wird für meine Ohren dann letztlich auch nicht besser / angenehmer. Das ist insgesamt eine Tonhöhe, die mir nicht behagt.

ich finde einfach faszinierend, dass so eine alte improvisation aus dem nahen osten fast als synthie-impro-stück von sun ra durchgehen könnte.

cloudyNr. 15 ist mir auch zu experimentell. Vor allem was das Piano da macht, ist mir zu unmelodisch, gleichsam zu hektisch.

das ist schon sehr speziell, finde ich auch. ich mag es, wenn musik mich durch die gegend schießt. ich mag es auch, wenn sie mich wieder auffängt. Beides geschieht hier. manchmal sogar gleichzeitig.

cloudyWie gesagt, alles in allem für mich eine zweischneidige Sache, dieser BFT. Ich werde jetzt gleich mal die Auflösungen lesen, die ja hier schon gepostet wurden.
Danke, wahr, für den BFT und dass ich teilnehmen durfte. :-))

ich danke dir für deine teilnahme!