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vorgarten
friedrichIch habe in den 70ern noch die Nachwehen, der „exotischen Spiritualismus-Welle“ mit ansehen und -hören können, ohne persönlich daran beteiligt zu sein. In den Zimmern von Gymnasiasten und Studenten wimmelte es neben Yucca-Palmen, Räucherstäbchen und Batik-Tüchern von Symbolen des Großen Mantras, Romanen von Carlos Castaneda und Platten des britischen Blues-Gitarristen John McLaughlin, der mit indischen Musikern spielte. In den Fußgängerzonen sangen die Hare Krishnas und der Alptraum vieler Eltern war, dass die Tochter des Hauses zu „den Bagwahns“ überlief. Der Lebenstraum einer halben Generation war, mit dem VW-Bus nach Indien zu fahren.
das hat aber alles rein gar nichts mit dem brooklyn raga massive zu tun.
Eigentlich nicht, das stimmt. Das war eine Assoziationskette von mir, die durch „diese Musik“, ihre aktuelle Popularität oder die Bezüge darauf ausgelöst wurde. Ich fragte mich halt, was für Bedeutungswandel oder Wahrnehmungswandel da stattfinden – und btw. auch wie ich selbst dabei voreingenommen bin.
vorgarten
friedrichAch, und die gute alte Geschichte des Kulturklaus von Weiß bei Schwarz! Ich habe White Tears nicht gelesen und die Rezension changiert ein wenig zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit, insofern ist es schwer, darüber was zu sagen. Sollte man sich nicht von dem Glauben an Authentizität verabschieden? Die wird immer wieder im Fremden und vermeintlich Ursprünglichen gesucht, bis sie sich abgenutzt hat und die Spirale sich weiterdreht. Und dann stellt man fest, dass hinter dem Ursprünglichen etwas noch Ursprünglicheres steht, das ist wie mit den Matrjoschka-Puppen oder den Schalen der Zwiebeln. Am Ende bleibt nichts mehr übrig – und dann sucht man sich was ganz besonders Un-Authentisches und ist camp. Der Begriff des Hipsters hat sich inzwischen ja fast schon erledigt. Hip ist das neue square.
ich ziehe den verweis auf cultural appropriation und vor allem das hipster-bashing zurück. dafür sind mir diese themen zu wichtig.
Ach, Hipster-Bashing ist schon okay. Ich bin ja auch so ein alternder Sack, der glaubt sich auf dem Flohmarkt mit alten Vinyl seine jugendliche Frische wieder zurückkaufen zu können. Mehr oder weniger erfolgreich.
Meine Kenntnisse über cultural appropriation sind ziemlich oberflächlich und meine Äußerungen dazu wurden hier nur durch ein paar Bemerkungen getriggert. Das ist nicht fundiert, ist schon klar. An ganz anderer Stelle hatte ich vor kurzem ein Gespräch über die Übernahme von – ich sag mal – Formen mit traditionellem kulturellem Inhalt und deren rein kommerzieller Verwertung – bis die Inhalte nicht mehr wahrgenommen werden und die Kultur dahinter auf den unmittelbaren Marktwert reduziert und trivialisiert ist. Das funktioniert ja sogar innerhalb von Kulturkreisen. Aber ist schon gut, war vorlaut von mir.
vorgarten
friedrichTreffen sich eine Türkin, ein Grieche, eine Italienerin und ein Deutscher morgens im Büro in der Teeküche. Fragt der Deutsche: „Wie wird Kaffee eigentlich richtig zubereitet?“
das hast du wirklich gefragt?
Voll! Zwar nicht so direkt, aber im Kern schon. Die Arbeitsleistung sackte daraufhin wg. angeregter Gespräche für eine Weile in den Keller und am Ende konnten wir nur feststellen, dass Kaffee ja ursprünglich aus Arabien stammt. Eine*n Araber*in haben wir aber nicht im Büro. Der/die hätte uns dann mal so richtig was erzählen können!
Ich arbeite an der Perfektionierung der dummen Frage. Du glaubst nicht, was man damit für Diskussionen auslösen kann! Und meistens bin ich danach ein kleines bisschen klüger.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)