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Mein Ansinnen war es nicht, zu pauschalisieren, sondern einigermaßen klar zu benennen, weshalb mir die Haltung von Roger Waters Schmerzen bereitet – ich habe in dem Moment Schwierigkeiten, wo die berechtigte Kritik an der israelischen Politik in eine Einseitigkeit umschlägt, bei der ich nicht mal mehr ansatzweise ein Verständnis für die seit der Staatsgründung gefährdete und prekäre Lage eines an seiner breitesten Stelle kaum mehr als 130 Kilometer messenden Landes erkennen kann, das umgeben ist von Formationen, die ihm das Existenzrecht absprechen. Weder den Siedlungsbau noch rassische Diskriminierung der arabischen Minderheit im Lande möchte ich damit entschuldigt wissen. Aber ich beharre doch darauf, dass viele Verhärtungen auf beiden Seiten nur historisch zu verstehen, Vergleiche mit dem Apartheidregime heikel und Vergleiche mit dem Nazifaschismus empörender Blödsinn sind. Beide Seiten wirken auf mich manchmal in einem nachgerade tragisch anmutenden Teufelskreis gefangen. Und ich bin einfach dankbar für jeden Künstler, der angesichts dieser Lage mit Empathiefähigkeit und nicht mit Zuspitzungen argumentiert.
Kann gut sein, dass Waters kein Antisemit ist, sondern nur blind für die Verfahrenheit der Situation und die Nöte der anderen Seite. Wer allerdings kein Antisemit zu sein begehrt, dem stünde eine gewisse Sensibilität bei der Verwendung solch historisch aufgeladener und zu Missverständnissen ermunternder Bilder aus dem antisemitischen Schmähpropagandabaukasten wie Schwein, Davidstern und Dollarzeichen gut zu Gesicht. Das Argument, dass auf der Judensau ja auch noch Kreuz und Halbmond prangen, finde ich nicht sehr tröstlich.
Und zu BDS: Uri Avnery bringt in dem von mir weiter oben verlinkten Artikel schön auf den Punkt, wo das Problem liegt:
„Die proklamierten Ziele von BDS sind drei: (1) Beendigung der Besatzung und der Siedlungen, (2) garantierte Gleichheit für die Araber innerhalb Israels, (3) außerdem die Rückkehr der Flüchtlinge.
Dies klingt harmlos, ist es aber nicht. Es erwähnt nicht Frieden mit Israel. Es erwähnt nicht die Zwei-Staaten-Lösung. Der Hauptpunkt ist (3): Der Exodus der Hälfte des palästinensischen Volkes aus ihren Wohnsitzen im 1948er-Krieg – die zum Teil in einem langen, grausamen Krieg flohen, zum Teil absichtlich vom israelischen Militär vertrieben wurde […] Die hervorstechende Tatsache ist, dass ihnen nicht erlaubt wurde, nach dem Ende des Krieges heimzukehren und dass ihre Häuser und ihr Land jüdischen Immigranten gegeben wurden, viele von ihnen waren Flüchtlinge, die den Holocaust überlebten. Diesen Prozess jetzt umzukehren, ist so realistisch, als ob man von den weißen Amerikanern verlangen würde, dorthin zurück zu kehren, wo ihre Vorfahren herkamen, und das Land seinen ursprünglichen Besitzern zurückzugeben. Es würde die Abschaffung des Staates Israel und die Gründung des Staates Palästina vom Mittelmeer bis zum Jordanfluss bedeuten, ein Staat mit einer arabischen Mehrheit und einer jüdischen Minderheit. […] Alle ernsthaften palästinensischen Unterhändler haben bis jetzt stillschweigend in diesem Punkt nachgegeben. […] Das stillschweigende Übereinkommen ist, dass nach einem Friedens-Endabkommen Israel eine symbolische Anzahl von Flüchtlingen zurücknehmen wird und dass alle andern und ihre Nachkommen – jetzt etwa fünf bis sechs Millionen – eine angemessene Entschädigung bekommen werden. All dies ist Teil einer Zwei-Staaten-Lösung. Das ist ein Friedensprogramm. Tatsächlich das einzige Friedensprogramm. Die BDS-Bewegung hat diese Absicht nicht.“
Mehr mag ich zu all dem nicht mehr sagen. Die Standpunkte sind ja ausgetauscht und hinreichend deutlich gemacht. Dass wir uns da wohl nicht einigen können, müssen und können wir alle aushalten.
zuletzt geändert von bullschuetz--